Grundsätzliches
Übersicht nachfolgender Texte
1. Grundsätzliches2. Leinenruck und Halsband
3. Bitte ignorieren Sie nicht die Angst Ihres Hundes
4. Ein Hund aus dem Tierheim
5. Mopsfidel oder Pflegefall?
6. Liebe und Verzweiflung
7. Wie Hunde lernen
8. Der dominante Hund und die Rudelführung
9. Bleiben Sie doch einfach mal stehen
10. Immer wenn mein Hund ein Pferd sieht setzt der sich hin / Verhaltenskatalog
11. Auf den Arm genommen
12. Wissen Sie eigentlich / Hundebegegnungen
13. Unberechenbar
14. Plüschgeier und Hundespielzeug
15. Adoption eines Tierschutz- oder Straßenhundes
16. Erwartungen und wie Hunde so sind
17. Dominanz- Monster Hund
18. Trauriges Schicksal - unverstanden
19. Alleine bleiben
20. Hund abzugeben
21. Wie gewöhnen Sie Ihren Hund an angstauslösende Situationen?
22. Woran erkennen Sie einen guten Hundetrainer?
23. Kalea - eine besondere Geschichte
24. Nehmen Sie Ihren Hund bitte nicht mit
25. Hunde nicht vermenschlichen? Oder doch?!
26. Wie man einen Hund bricht
27. Desensibilisierung Silvester
28. Wut - das hinderliche Gefühl
29. Ein Tag aus Coras Leben
30. Von Hundehaltern, sozialer Kompetenz und Führungsqualitäten…
31. Symbiose
32. Von Sklaven und vom freien Willen
33. Ist das Training das Richtige für meinen Hund?
34. Fahrradanhänger für Hunde35. Die Sprachbarriere36. Der Hundepelz an Ihrem Kragen37. Der Frage nach dem Zweithund...38. Wie verhalte ich mich, wenn mir ein Hund droht?39. Euthansie / Einschläferung40. Angstreduktion durch Flooding?41. Entspannt oder doch gestresst?42. Wenn Hunde älter werden43. Die Bezeichnung Problemhund ist problematisch44. Sein Sie Ihrem Hund ein freundlicher "Chef"45. Wenn Ihr Hund alles frisst was er findet46. Der Bindungstest47. Wenn aus Opfern Täter werden und von projizierter Wut48. Tierkommunikation49, Fehlverhalten50. Ziehen an der Leine51. Schnappen und beißen52. Hundebeschreibungen sind selten zutreffend53. Freilaufende Hunde54. Das schwere Los des Nachfolgers55. Wahnsinn ist56. Deprivation57. Ein Hund zieht ein58. Warum verhält sich der Hund so59. Eifersucht60. Rituale61. Freudlosigkeit62. Phänomen "bei mir macht er das nicht"63. Regeln lernen, Verhaltenskorrektur
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Die aufmerksame Leserin, der aufmerksame Leser wird vielleicht bemerken, dass sich einige Gedanken in meinen Texten wiederholen, dass verschiedene Themen immer wieder von mir aufgegriffen wurden. Das liegt daran, dass mir diese Themen sehr am Herzen liegen und ich immer wieder aufs Neue bemüht bin, ein Umdenken herbei zu führen. Damit wir unser Verhalten verändern, müssen wir jedoch erst die Notwendigkeit erkennen, dass ein anderer Umgang mit unseren Hunden unverzichtbar ist, wenn wir fair mit ihnen umgehen wollen.
Bitte nehmen Sie sich etwas Zeit, um meine Texte zu lesen. Und wagen Sie anschließend eine ganz andere Art des Umgangs mit dem Wesen, dass Sie liebt und Ihnen ausgeliefert ist.
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1. Grundsätzliches
Der häufigste Fehler, der mir bei meiner Arbeit begegnet, ist die viel zu schnelle und oft falsche Interpretation für ein gezeigtes Verhalten. Obwohl wir den Hund in seinem Gefühlserleben durchaus mit uns vergleichen können, ist eine menschliche Interpretation von Hundeverhalten oftmals falsch. Und sie fällt leider auch sehr oft negativ für den Hund aus.
Wir unterteilen Hundeverhalten in wenige Kategorien, als gäbe es unter Hunden keine Individualität! Und wir erklären uns viel zu oft das Hundeverhalten, ohne die Bedeutung der verwendeten Begriffe wirklich zu kennen. Dominanz ist dafür ein Musterbeispiel.
Immer und überall werden dankbar „wertvolle Tipps“ von anderen Hundehaltern oder Hundetrainern angenommen, ohne diese zu hinterfragen. Bei dem Thema Hund scheint uns jegliche gesunde Skepsis abhanden gekommen zu sein. Gefragt oder ungefragt prasseln täglich die immer gleichen und oft völlig falschen Überzeugungen auf uns ein, einer Gehirnwäsche gleich.
Der Beruf Hundetrainer, für den keine Ausbildung vorgeschrieben ist, erfreut sich größter Beliebtheit. Ist ja auch kein schwerer Job, das Wissen dazu hat man spätestens nach 3x Gassi gehen erlangt, sofern man mit anderen Menschen Kontakt gehabt hat.
Dieser Boom an „Hundekennern“ hat nicht nur das Leben der Hunde dramatisch verschlechtert sondern auch die Halter so gravierend verunsichert, dass kaum noch jemand in der Lage ist, seinen Hund zu verstehen oder sich verständlich zu machen.
Hunde sind unseren Launen und unserem Wohlwollen machtlos ausgeliefert. Hunde sind keine Sklaven, denen wir gewaltsam jedes Recht auf Mitbestimmung austreiben müssen, nur weil irgendjemand mit einem Hundelogo auf dem T-shirt das anordnet! Hunde haben ein Recht auf einen liebevollen und verantwortungsvollen Umgang und wir alle hatten nichts anderes im Sinn, als wir uns für einen Hund entschieden haben. Wenn Sie sich dessen bewusst werden, wenn Sie anfangen den Hund in seinem Verhalten zu verstehen, werden sich nicht nur einige Probleme in Luft auflösen, sie werden auch wieder in der Lage sein, Ihren Hund besser zu verstehen und einen Weg finden, mit ihm zu kommunizieren.
Hunde sind weder wie Lassie, noch denken sie wie Menschen. Auch die viel zitierte Rudelhierarchie finden wir nur innerartlich, d.h. nur unter Hunden selbst (ein Rudel setzt sich ausnahmslos aus Elterntieren und Nachwuchs zusammen).
Wir müssen begreifen, dass häufig Angst und Unsicherheit Auslöser für Aggressionen sind, denn Hunde sind nicht immer mutig! Die Evolution hatte noch nicht ausreichend Zeit, sie auf das Leben in unserer modernen Gesellschaft mit all den zahllosen Umweltreizen und der Enge vorzubereiten. Angststörungen oder angstbedingte Verhaltensprobleme sind daher einer der größten Problemkomplexe, mit denen der Hundehalter zu kämpfen hat.
Erst wenn wir bereit sind alte Denkmuster abzulegen und die Andersartigkeit unserer Vierbeiner zu akzeptieren, können wir mit unseren Hunden fair umgehen. Beginnen Sie, Hundeverhalten aus der Sicht eines Hundes zu betrachten und Sie werden verstehen, warum vieles, das wie Ungehorsam aussieht, einfach ein großes Missverständnis ist.
Vertrauen ist eine Grundvoraussetzung für jedes Training. Dieses ist allerdings oft durch zahllose Missverständnisse, Strenge und Gewalt, gestört. Daher ist Bindungsaufbau ein wesentlicher Teil meiner Arbeit.
Voraussetzung für den Erfolg einer Therapie ist Geduld und die konsequente Umsetzung der Lerninhalte.
Geben Sie Ihrem Hund eine faire Chance!
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Wer die Körpersprache der Hunde versteht, erkennt auch ihre beständige Demut und Unterwürfigkeit. Unterordnungstraining ist daher nicht nur völlig überflüssig sondern auch gänzlich unangebracht. Diese sinnlosen Machtdemonstrationen durch uns haben die Beziehung zwischen Mensch und Hund massiv beschädigt. Die Hunde fühlen sich weder verstanden noch fühlen sie sich in unserer Gegenwart noch sicher. Fast jeder Versuch zur Kommunikation scheitert. Diese ständigen Missverständnisse führen dazu, dass sich der Hund in sich zurück zieht, zunehmend misstrauischer und unsicherer wird und am Ende völlig vereinsamt.
Es bedarf einer dringenden und grundlegenden Korrektur des Bildes, das uns über unsere Hunde eingetrichtert wurde. Liebe ist immer mit dem Wunsch verbunden, einander verstehen zu wollen, doch davon scheint nichts mehr übrig zu sein. Den Weg, den wir in den letzten 20 Jahren eingeschlagen haben, hätte fast nicht zerstörerischer sein können. Der uneingeschränkten und ehrlichen Zuneigung unsere Hunde begegnen wir mit beständiger Machtdemonstration, falschen Erwartungen und egoistischer Ignoranz.
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2. Leinenruck
Wer hat ihn noch nicht angewandt- den obligatorischen Leinenruck? Manch ein Hundehalter versucht ein (Hunde)-leben lang vergeblich mittels heftigen reißen an der Leine, den Hund in seine Schranken zu weisen. Die Spaziergänge werden für die Menschen von Mal zu Mal stressiger und manchmal sogar angstbesetzter. Und dennoch ist das ist nichts gegen das Martyrium, dass die Hunde so erleiden müssen.
Vorweg die gesundheitlichen Folgen:
• Im Bereich der Wirbelsäule führt es zu Halswirbelschädigungen, Nervenschädigungen im Halsbereich, Spondylosen, Bandscheibenvorfall, Umformung der seitlichen Wirbelgelenke, auch noch Jahre später. Nacken- und Rückenschmerzen. Auch Kopfschmerzen und Schwindelgefühl sind häufige Folgen.
• Im Bereich der Atemwege führt es zu Verletzungen des Kehlkopfes, was Kehlkopfentzündungen, Kehlkopfblutungen, Nervenschädigungen und den Bruch der Knorpel nach sich ziehen kann. In Verbindung mit Würge- und Stachelhalsbändern kann es zusätzlich zu Verletzungen der Luftröhre kommen. Durch andauernde Atembehinderung können sich darüber hinaus Lungenödeme bilden.
•Der Druck auf den empfindlichen Hals steigert den Augeninnendruck, was die Entstehung von Glaukomen begünstigt. Ein erhöhter Augeninnendruck stellt tatsächlich einen der wichtigsten Risikofaktoren für ein Glaukom dar. Bestehende Glaukome verschlimmern sich.
Machen Sie doch einfach mal den Selbsttest: Legen Sie sich ein Halsband um und lassen Sie jemanden von hinten daran ziehen. Aber bitte vorsichtig sonst verletzen Sie sich wohlmöglich dabei. Danach sollte jedem klar sein, dass es sich beim Rucken an der Leine keinesfalls um eine legitime Bagatelle handelt.
Was bewirkt das Reißen und Rucken an der Leine in bezug auf das Verhalten des Hundes?
Zerren, Reißen oder Rucken an der Leine erhöht immer den Stresspegel Ihres Hundes. Sie erreichen also genau das Gegenteil von dem, was sie ursprünglich wollten. Dieser hohe Stresspegel macht es dem Hund UNMÖGLICH adäquat zu reagieren oder gar zur Ruhe zu kommen. Angst und Aggression (untrennbar miteinander verbunden) nehmen zu. Gegenüber diesem Reiz und möglicherweise auch gegenüber anderen Reizen oder gar gegenüber dem Hundehalter.
Aber nicht nur der Stresspegel steigt mit jedem Leinenreißen kontinuierlich an, sondern auch die Angst vor der nächstens Schmerzeinwirkung durch die Leine. Was zur Folge hat, dass der Hund sich wahrscheinlich immer früher wild gebärden wird. Dazu kommt, dass sich die Heftigkeit auf beiden Seiten immer höher schaukelt, ohne dass es irgendeiner noch in den Griff hätte. Ihr Hund wird immer schneller und immer heftiger reagieren, ohne dass er es noch irgendwie steuern könnte.
In diesem Zusammenhang ist es mir ganz wichtig, dass Sie verstehen, dass sich Ihr Hund NICHT ENTSCHEIDET aus der Haut zu fahren, sondern, dass er die Situation so stressvoll erlebt, dass er gar nicht mehr anders reagieren KANN!
Ein Teufelskreislauf, der seinen Anfang nahm, als wir reagierten, bevor wir überhaupt das Verhalten unseres Hundes verstanden hatten. Ein Teufelskreislauf, der so typisch für uns Menschen ist, weil wir bei der Erziehung unserer Hunde fast immer nur an Strafreize denken. Nach dem Prinzip: Der Hund muss mich nur mehr fürchten, als alles andere, dann zeigt er auch nichts mehr, was ich nicht sehen will.
<<Ohne, dass es jemals jemand wollte, sind auf diese Art und Weise unzähligen Hunde gestresst, verängstigt und verletzt worden.>>
Zusammenfassend kann man sagen, dass sich Leinenrucke o.ä. immer NACHTEILIG
• auf die Gesundheit
• auf die Partnerschaft und das Vertrauensverhältnis
• und auf das eigentliche Lern- oder Trainingsziel
auswirken.
Darum merken Sie sich bitte:
Bevor wir auf einen Hund einwirken, sollten wir immer verstanden haben WARUM er sich so verhält.
Anmerkung:
Wenn Ihr Hund z.B. immer wild wird, wenn Sie anderen Hunden begegnen, ist die Ursache häufig Angst. Angst zum einen, weil die Annäherung viel zu schnell geht und nicht ausreichend Zeit ist, mit dem anderen Hund zu kommunizieren (Beschwichtigungssignale). Und Angst zum anderen, weil Ihr Hund bereits gelernt hat, dass sein Halter gleich aus der Haut fährt (Dominoeffekt).
Hierzu finden Sie weitere Texte unter dieser Rubrik.
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3. Bitte ignorieren Sie NICHT die Angst Ihres Hundes!
Die Aussage „die Angst der Hunde muss man ignorieren sonst bestätigt man diese“ ist, wie viele andere Standardaussagen auch, weder zielführend noch fair. Im Gegenteil, wenn Ihr Hund lernt, dass Sie seine Angst ignorieren, wird seine Angst im allerbesten Fall konstant bleiben, viel wahrscheinlicher aber ist es, dass sich seine Furcht verstärkt. Häufig werden Hunde, die immer wieder mit angstauslösenden Situationen konfrontiert werden, die sie weder beeinflussen können noch zu denen sie einen für sie sicheren Abstand herstellen können, aggressiv oder neurotisch.
Ob etwas als gefährlich empfunden wird, ist für den Hund nicht bewusst kontrollierbar. Wird im Gehirn ein Reiz als gefährlich eingestuft, erfolgt darauf unmittelbar eine körperliche Reaktion. Diese Reaktion kann Flucht oder Angriff sein, mehr Möglichkeiten kennt ein Hund nicht. Angst ist also lebensnotwendig, ohne sie könnte kein Lebewesen existieren; erst die Angst veranlasst die rettenden Reaktionen.
Und noch ein wichtiger Aspekt spricht dafür, dass Sie unbedingt auf die Angst Ihres Hundes angemessen reagieren sollten: Wenn Ihr Hund gelernt hat, dass er in angsteinflößenden Situationen von Ihnen keine Hilfe bzw. keinen Schutz erwarten kann, wird er diese Sicherheit auch nicht im Freilauf bei Ihnen suchen. D.h. wenn sich Ihr Hund unangeleint plötzlich vor etwas fürchtet, wird er wahrscheinlich weglaufen statt zu Ihnen zu kommen.
Hat Ihr Hund aber gelernt, dass Sie die Situation ruhig und kompetent meistern, wird er sich mehr und mehr an Ihnen orientieren, sich entspannen und -wann immer er sich unsicher fühlt –wahrscheinlich Ihre Nähe aufsuchen.
Jeder kennt das überaus unangenehme Gefühl der Angst und jeder weiß, was er selbst in angstauslösenden Situationen braucht, um sich sicherer bzw. wohler zu fühlen. Intuitiv wissen wir auch genau, was Andere brauchen, damit sich diese wieder sicher fühlen. Wie kommen wir also auf die Idee, dass wir die Angst bei Hunden ignorieren müssen?
Weder für Pferde noch für Katzen oder andere Haustiere wurde jemals eine derart unsinnige Aussage getroffen! Wie können wir glauben, der Hund überwindet -als einziges Lebewesen- seine Angst, indem wir so tun, als wenn nichts wäre?
Wie reagieren wir richtig auf die Angst unseres Hundes?
1. Ruhig bleiben:
Ruhe strahlt Überlegenheit aus, die dem Hund ein Gefühl von Sicherheit geben kann. Reden sie leise und ruhig mit Ihrem Hund und stellen Sie sich zwischen ihn und das was er fürchtet.
2. Distanzvergrößerung
Führen Sie Ihren Hund ruhig aber konsequent aus der Situation heraus. Sollte er bereits mit aller Kraft nach vorne ziehen, holen Sie ihn durch Rückwärtsgehen aus der Situation heraus. Solange der Hund deutliches Stressverhalten zeigt und somit die Distanz von dem was er fürchtet als zu gering empfindet, ist er nicht ansprechbar. Schaffen Sie also erst den Sicherheitsabstand, den das Tier braucht, um sich wieder zu entspannen und wenden Sie sich dann ruhig und liebevoll Ihrem Hund zu. Auch streicheln kann Ihren Hund beruhigen.
Finden Sie heraus was für ihn das Beste ist und Ihr Hund lernt, dass er Ihnen vertrauen kann. Wenn Sie stets entsprechend reagieren, hat Ihr Hund die Chance, künftige Konfrontationen besser zu meistern.
Zur Verdeutlichung ein Beispiel aus menschlicher Sicht:
Fall A: Sie gehen mit Ihrem Freund durch die nächtlichen Straßen einer Großstadt. Zwei angetrunkene Randalierer kommen Ihnen entgegen. Ihr Freund sieht, dass Sie Angst haben, aber ignoriert Sie und Ihre Furcht strikt.
Hat Sie das in Ihrem Vertrauen zu Ihrem Freund gestärkt? Werden Sie sich zukünftig bei ähnlichen Begebenheiten an der Seite Ihres Freundes sicherer fühlen?
Das gleiche Beispiel, nur ignoriert Ihr Freund Ihre Angst diesmal nicht, sondern faucht Sie an „jetzt reiß dich bloß zusammen“ und rammt Ihnen gleichzeitig den Ellenbogen in die Seite.
Was meinen Sie, mindert es Ihre Angst?
(Tatsächlich ist das unsere häufigste Reaktion, auf angstaggressives Verhalten unserer Hunde!)
Und bleiben wir noch einmal bei den herannahenden Männern. Ihr Freund bleibt ganz ruhig, legt Ihnen den Arm um die Schulter und flüstert „siehst du da das Taxi, da steigen wir jetzt ein“ und führt Sie sicher aus der Situation heraus…
Wenn Sie lernen, dass Sie sich immer in solchen Situationen auf ihn verlassen können, werden Sie Ihre Ängste vielleicht nach und nach an seiner Seite verlieren.
Fazit: Angst kann nicht durch ein angenehmes Gefühl verstärkt oder bestätigt werden, das ist neurobiologisch unmöglich. Allerdings können unangenehme Gefühle wie Angst verstärkt werden, in dem der Stresspegel erhöht wird (z.B. mit Leinenruck, lautes Reden oder schimpfen, Distanzverringerung). Eine ruhige freundliche Bezugsperson kann Überlegenheit ausstrahlen, was dem Hund ein Gefühl von Sicherheit vermittelt, die Angst wird weniger.
Egal wie oft Sie diese oder ähnliche Weisheiten hören, eine falsche Aussage wird auch nicht durch ständige Wiederholungen wahr. Bleiben Sie immer kritisch, wenn Sie wieder einmal einen „guten“ Rat erhalten.
Vor allem aber bleiben Sie immer liebevoll und fair zu Ihrem Hund.
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4. Ein Hund aus dem Tierheim? Gerne!
Ich habe in den Jahren meiner Hundeverhaltenstherapie keinen Zusammenhang zwischen Tierheimhunden und Aggressionsverhalten oder Verhaltensauffälligkeiten feststellen können. Einen Hund von einem Züchter oder einer Privatperson zu übernehmen ist in keinster Weise ein Garant für einen sozialverträglichen und gut sozialisierten Hund. Auch die Entscheidung für einen Welpen garantiert keinen „unproblematischen Hund“. In den empfindlichen Lebensphasen sind die jungen Hunde häufig noch nicht vermittelt. Darüber hinaus ist den Zuchtbetrieben der Arbeitsaufwand häufig zu hoch, um die jungen Tiere an die belebte und unbelebte Umgebung mit all den damit verbundenen Reizen optisch, akustisch etc. zu gewöhnen. Davon abgesehen, fehlt auch häufig das Gespür für die Tiere. Ohne dieses ist eine Sozialisierung allerdings unmöglich.
Generell kann man sagen: Ob ein Hund aus dem Tierheim, oder ein Hund aus einer Zucht, jeder für sich hat seine Geschichte, ist individuell geprägt, hat seinen Charakter und seine genetische Disposition.
Tatsächlich spricht einiges für die armen Seelen, die in den Heimen auf eine Chance warten. Sie sind in der Regel stubenrein, beherrschen häufig die Grundkommandos und nicht zuletzt kennen die Pfleger ihre Schützlinge oft recht gut. Darüber hinaus sind sie in fast allen Fällen bestens medizinisch versorgt, geimpft und kastriert.
Eine Entscheidung für ein Tier ist eine Entscheidung, die das Leben für viele Jahre einschneidend verändern wird. So eine Überlegung sollten wir in unserem Sinne, aber auch im Sinne des Tieres wohl abwägen. Bitte überlegen Sie sich vorher, was die Haltung eines Hundes bedeutet, wie ein Hund den Tagesablauf verändert und welche Bedürfnisse er hat. Wenn Sie bereit sind, diese wundervolle Beziehung zu einem Hund einzugehen, wird es Ihr Leben sicher eindrucksvoll bereichern.
Gerne beantworte ich Ihnen weitere Fragen zum Thema Tierheimhund und ebenso gerne begleite ich Sie in ein Tierheim.
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5. Mopsfidel oder Pflegefall
Wenn man sich heute unsere Hunde ansieht, ist es fast unvorstellbar, dass sie alle vom Wolf abstammen. Durch gezielte Zuchtauswahl, Inzucht und Experimentierwahn sind zum Teil Kreaturen „entstanden“ die in der Natur kaum eine Überlebenschance hätten; Krüppel von Menschenhand erschaffen, was keine zynische Beschreibung sein soll. Das augenscheinlichste Merkmal ist die Körpergröße, eine Vielzahl unserer Hunde ist deutlich größer oder kleiner als der Wolf, was zu gravierenden gesundheitlichen Einschränkungen führt. Bei kleinen Hunden sind die Organe im Verhältnis zum Körper zu groß, bei großen Rassen sind die Organe gemessen am Körper zu klein, was sich nicht nur immens auf die Lebensqualität sondern auch auf die Lebenserwartung auswirken kann (und in den meisten Fällen auch tut). „Dieses Missverhältnis zwischen Gesamtkörpermasse und Bewegungsapparat bedingt beim Zwerghund ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche, Kniescheibenluxationen, Geburtsprobleme, höhere Welpensterblichkeit, Luftröhrenkollaps sowie die Ausbildung eines Wasserkopfes. Bei Riesenwuchs kommen bösartige Knochentumoren, Gelenkprobleme, Verdauungsstörungen und auch rückenmarksbedingte Schmerzen und Lähmungen deutlich häufiger vor als bei normalwüchsigen Hunden.
Kurzbeinigkeit führt zu erhöhter Anfälligkeit für Bandscheibenleiden („Dackellähme“), die mit Schmerzen und Lähmungen sowie Funktionsausfällen von Organen verbunden sein können.“ (Dr. C. Brause)
Kurzköpfige Hunde werden als brachyzephal bezeichnet, sie leiden unter sogenannter Brachyzephalie. Durch Zuchtauslese ist der Kopf immer mehr verkürzt, insbesondere die Nase. Die ausgeprägte Verformung der Nase hat zur Folge, dass die Nasenhöhle extrem verkleinert und die fehlgestalteten Nasenmuscheln in die Atemwege hineinwachsen und diese verstopfen.
Charakteristisch sind verengte Nasenlöcher und Nasenhöhlen, ein verlängertes Gaumensegel, Veränderungen am Kehlkopf und eine zu lange Zunge. Diese Eigenschaften können in Kombination oder einzeln auftreten. Das hat zur Folge, dass die Tiere unter Atemnot leiden, die so hochgradig sein kann, dass sie zum Kollaps und zu fatalen Erstickungsanfällen führt. Kleinste Anstrengungen und steigende Außentemperaturen verschlimmern die geschilderten Symptome.
Wichtig ist auch, dass diese Form der Atemprobleme ein Leben lang bestehen bleiben. Besonders die Folgen eines zu engen Atmungsganges in der Nase, und der damit verbundene zu hohe Atemwiderstand, führen über Jahre hinweg zu einer Traumatisierung des Gewebes im Rachen- und Kehlkopfbereich. Das Gewebe verdickt sich und engt die Atemwege immer weiter ein – wodurch die Beschwerden zunehmen. Mit der Zeit verändert sich der Kehlkopfknorpel so stark, dass man von einem Kehlkopfkollaps spricht. Diesen Hunden kann dann praktisch nicht mehr geholfen werden.
Weitere Folgen sind: Schluckbeschwerden, Gebissfehlstellungen, andauernder Würgereiz, Probleme bei der Geburt und hervorgetretene Augäpfel, die zu einem erhöhten Verletzungsrisiko der Augen führen. Operationen können diese Leiden vermindern oder gar beheben. Brachyzephale Rassen sind u.a.:
Französische Bulldoggen, Möpse, Englische und Amerikanische Bulldoggen, Boston Terrier, Boxer, Cavalier King Charles Spaniels, Pekinesen, Lhasa Apsos, Pinscher.
Weitere Qualzuchtmerkmale sind:
Einwärts gerollte Augenlider (Entropium) haben das schmerzhafte Reiben der Haare auf den Augen zur Folge, was wiederum zu chronischen Entzündungen führt. Die Augen ziehen sich in die Augenhöhle zurück (z.B. Pudel). Dagegen führen auswärtsgedrehte Augen oder rautenförmige Auge (Ektropium) zu Austrocknung der Augen, mit der Folge von Lidkrämpfen (Schutzreflex), z.B. Cockerspaniel.
Das sogenannte Merle-Gen ist ein weiteres Defekt-Gen. Es erzeugt unregelmäßige weiße Flecken durch Pigmentaufhellung. Neben der Fellfärbung hat es Auswirkungen auf das Gehirn, die Augen, die Fortpflanzung und das Gehör (Taubheit). Welpen mit dem Merle-Gen sind oft in ihrer Entwicklung zurück und sterben nicht selten vor der Geschlechtsreife. Dieses Farbgen ist weit verbreitet u. a. sind Deutschen Doggen, Collies, Shelties Corgies, Border-Collies, Bobtails, Australian Shepherds betroffen.
Ein weiteres Defektgen sorgt für Haarlosigkeit, wie wir sie bei Nackthunden kennen. Opfer dieses Züchterwahns leiden unter Sonnenbränden und Störungen der Temperaturregelung im Allgemeinen. Welpensterblichkeit und Zahnlosigkeit sind weitere Auswüchse dieser Designerhunde.
Dieser schier beispiellose Experimentierwahn hat in den letzten 150 Jahren immer drastischere Formen angenommen und ist auf rein äußere Merkmale ausgerichtet. Die angeführten Beispiele sind auch keineswegs die einzigen fatalen Folgen der Rassezucht. Die Liste der gesundheitlichen Probleme ist leider viel länger.
Durch gezielte Selektion von Defekten und Inzucht sind die Grenzen des biologisch Machbaren schon lange erreicht. Unter den erblich bedingten Beeinträchtigungen müssen unzählige Hunde, die den Tatbestand der Qualzucht erfüllen, ein Leben lang leiden. Derzeit geht man von davon aus, dass von den ca 5 Millionen Hunden in Deutschland ca 3,5 Millionen Opfer dieser Qualzuchten sind, Tendenz steigend. Eine ernüchternde Zahl, wo doch die gesundheitlichen Auswirkungen kaum jemandem entgangen sein dürften, der hingesehen hat. Bleibt nur die Hoffnung, dass die Aufklärung und das Interesse daran sich ebenso entwickeln. Denn so traurig es ist, Hunde gelten als Ware und wie wir alle wissen: die Nachfrage bestimmt das Angebot.
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6. Liebe und Verzweiflung
>>Sie hatte ihren Hund geliebt, mehr als alles andere, aber da war auch ganz viel Verzweiflung, und viele unerfüllte Erwartungen, die sie mit ihrem Hund verbunden hatte. Sie hatte ihren Hund wirklich geliebt, mehr als alles andere, aber da war auch ganz viel Enttäuschung und Unverständnis. Sie war sich ganz sicher, sie hatte ihren Hund geliebt, so sehr sie nur lieben konnte, doch es gab kaum ein Verstehen, so sehr sich das Tier darum auch bemüht hatte.
Sie denkt noch heute so oft an ihren Hund, für den sie noch heute so unendlich viel Liebe spürt, und sie denkt daran, wie oft sie ihm weh getan hatte. Zum Teil aus Verzweiflung und Hilflosigkeit, aber vor allem aus Dummheit. Aber das hat sie erst heute begriffen. Und für Dummheit gibt es keine Entschuldigung, diese Schuld wird immer bleiben, das ist unabänderlich.
Und heute, viel zu spät, fängt sie an darüber nachzudenken, was Liebe wirklich ist…<<
Oft frage ich, „liebst Du Deinen Hund?“ und das, obwohl ich weiß, dass die Antwort mir doch niemals wirklich Aufschluss darüber geben wird, was ich eigentlich wissen möchte. Und obwohl es im Grunde immer nur um Liebe geht, obwohl sich alles, wirklich alles, immer nur um die Liebe dreht, ist sie nichts anderes als ein Wort. Ein Wort, das beliebig ausgelegt wird und selten Bestand hat. Liebe ist das am häufigsten verwendete Wort und gleichzeitig wohl auch das bedeutungsloseste.
Und trotz all dieser philosophisch anmutenden Betrachtungen, glaube ich fest daran, dass Liebe die Grundlage jeder Beziehung sein sollte. Mehr noch, ich bin überzeugt, dass Liebe die VORAUSSETZUNG für ein glückliches Zusammensein ist. Und ich brauche auch nicht viele Worte, um zu sagen, was ich unter Liebe verstehe: Liebe ist das ehrliche Bemühen, dem Anderen so gut zu tun, wie es irgendwie geht.
Es scheint jedoch, dass unter den meisten Liebenden etwas ganz anderes vorherrscht, nämlich das Bestreben, dass der oder die Andere einem selbst so gut tut, wie es irgend geht. Liebe ist Erwartung, Liebe bezieht sich mehr auf uns selbst, als auf den Anderen. Darum ist die Liebe auch viel öfter Enttäuschung als Erfüllung.
In unserer Beziehung zu unseren Hunden ist es ähnlich. Die Liebe zu einem Hund ist trauriger Weise nichts anderes, als eine Erwartungshaltung, die wir gegenüber dem Hund haben. Wir machen uns kaum darüber Gedanken, dass das Tier unserem Wohlwollen in jeder Hinsicht ausgeliefert ist. Uns ist in der Regel nicht einmal bewusst, dass alle Entscheidungen, die wir treffen, lediglich ausgerichtet sind, eigene Vorteile zu verschaffen, eigene Bedürfnisse zu erfüllen. Wir machen uns nicht mal ein Bild von der Andersartigkeit und den Bedürfnissen unseres Tieres. Einen Hund zu lieben heißt statt dessen, alles so einzurichten, dass der Hund UNS so gut tut, wie es irgend geht.
Aber alles wird einmal Vergangenheit sein, Fehler, die wir aus mangelnder Liebe, mangelndem Verständnis oder Fürsorge begangen haben, können nicht mehr ungeschehen gemacht werden, so sehr wir uns auch bemühen. Und wenn der geliebte Hund nicht mehr an unserer Seite ist, wird uns nicht nur der Schmerz des Vermissens begleiten, sondern auch der unerträgliche Schmerz der Schuld.
Wir Menschen neigen dazu, erst zu verstehen, wenn es zu spät ist. Die Einsicht kommt meistens erst, wenn uns jede Möglichkeit genommen ist, die Fehler zu vermeiden oder zu korrigieren. Und die Folgen unseres Versagens im Zusammensein mit unseren Hunden, müssen fast ausschließlich unsere Tiere aushalten.
Nur über das Verstehen ist es überhaupt möglich, weitere Fehlentscheidungen abzuwenden. Und wenn wir dann noch bereit sind, dem Anderen so gut zu tun, wie es irgend geht, werden auch wir erfahren, wie erfüllend eine Beziehung zu einem Hund -oder jedem anderen Lebewesen- sein kann.
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7. Wie Hunde lernen
Bevor wir unseren Hund trainieren, müssen wir verstehen wie Hunde lernen. Hunde lernen durch Assoziation bzw. Verknüpfung. Beispiel: hat der Hund gelernt, dass es sich lohnt auf Kommando heranzukommen, z.B. weil er mit Futter belohnt wird, wird es ihn motivieren, es dauerhaft zu zeigen. Hat er gelernt, dass Herankommen auf Zuruf bedeutet, dass er sofort angeleint wird, wird er es seltener oder gar nicht mehr zeigen. Das Prinzip klingt erst einmal einfach, allerdings müssen noch ein paar andere Aspekte beachtet werden, damit es wirklich funktioniert.
--> Der Hund muss das Kommando verstehen/erlernt haben. Wir gehen häufig davon aus, dass Hunde mit einem gewissen Sprachverständnis geboren werden und Kommandos wie „nein, pfui, aus, komm“ etc verstehen.(Anmerkung: Worte wie Pfui oder Nein werden häufig "geschnauzt", einzig dadurch lernt der Hund, dass er bei diesen Worten, besser innehalten sollte, da er sonst möglicherweise schlimmeres zu befürchten muss.) Da die Hunde die Bedeutung in der Regel aber nicht verstehen, interpretieren wir die fehlende Reaktion als Ungehorsam. Eines der häufigsten Missverständnisse! Denken Sie daran: Unsere Einflussnahme und unsere Kommunikation mit dem Hund muss für den Hund verständlich sein!
-->Wenn wir den Hund auf ein Kommando konditionieren wollen, sind zwei Fakten grundlegend: Eine hohe Wiederholungsrate und die Belohnung. Die Wiederholungsrate sollten ein paar Hundert sein! In den meisten Fällen trainieren wir mit viel zu wenigen Wiederholungen, was dazu führt, dass der Hund –jedes Mal wenn er das Kommando hört- abwägt, ob er es ausführt oder nicht. Beispiel: Ihr Hund buddelt gerade ein Loch und Sie wollen ihn heran rufen. Der Hund wägt nun ab, ob er zu Ihnen läuft oder weiter gräbt. Er wird sich für das entscheiden, was ihm in dem Moment lohnender erscheint. Wenn Sie jedoch die Wiederholungen entsprechend erhöhen, wird die erwünschte Reaktion des Hundes mehr und mehr Gewohnheit oder sogar reflexartig gezeigt. Nutzen Sie das! Überlegen Sie sich darüber hinaus auch gut, welche Belohnung Sie einsetzen wollen. Manche Hunde motiviert man mit gemeinsamen Spiel oder dem Lieblingsspielzeug, die meisten Hunde allerdings lassen sich mit Futter am besten motivieren. Bedenken Sie dabei aber auch, dass etwas, das jederzeit verfügbar ist, wenig reizvoll ist! Wichtig bei der Konditionierung ist auch das Timing. Die Belohnung sollte innerhalb von 1-2 Sekunden erfolgen, danach ist eine Verknüpfung für den Hund schwerer oder gar nicht mehr herstellbar.
--> Maßgeblich für ein effektives Lernen ist die Lernatmosphäre. Der Hund sollte sich in der Umgebung (Haus, Garten…) wohl und sicher fühlen und sich ohne Ablenkungen von außen auf Sie konzentrieren können. Eine gute Lernatmosphäre setzt auch ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Hund und Mensch voraus. Ein Hund, der gelernt hat, dass sein Mensch schnell laut oder grob wird, kann sich nur schlecht konzentrieren, da er seine Aufmerksamkeit mehr der Flucht oder dem Ausweichen und der Abwägung des Gefahrenpotenzials widmet. Wie gut können Sie sich konzentrieren, wenn Sie wissen, dass Ihr Lehrer sich schnell aufregt oder Sie gar körperlich züchtigt, wenn Sie versagen? Wenn Sie Ihrem Hund als ein freundlicher und geduldiger Lehrer gegenübertreten und das Training entsprechend freudvoll und belohnend ausführen, wird Ihr Hund schnell und sicher lernen, was Sie ihm beibringen wollen. (Achten Sie dabei auch auf Ihre Körperhaltung und Ihre Stimmlage)
Das Training sollte täglich in kleinen Lernschritten erfolgen, die dem Hund Spaß machen und ihn nicht überfordern. Schauen Sie genau hin, dann sehen Sie, ob Ihr Hund noch mit Freude dabei ist. Passen Sie die Lernschritte unbedingt der Lernfähigkeit Ihres Hundes an und steigern Sie die Ablenkungsreize langsam und mit Bedacht.
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8. Der dominante Hund und die Rudelführung
Die Welt scheint voll zu sein mit Hunden die dominant sind. Wie konnte dieses völlig falsche Bild entstehen, wo Wölfe und Hunde wahrscheinlich die am besten erforschten Tiere sind?
Die weitläufigen Vorstellungen von blutigen Kämpfen, um die Rudelführung oder um das Futter, haben mit der Realität nichts zu tun. Tatsächlich bilden i.d.R. nur die Elterntiere und der Nachwuchs der letzten zwei bis drei Jahre ein Rudel, also ein Familienverbund. Somit ist klar, dass es auch keine Rangordnungskämpfe gibt, die Führung übernehmen schlicht die Elterntiere. Das Futter wird geteilt und in Zeiten wo es knapp ist, wird zuerst der Nachwuchs versorgt.
Anders sieht es unter Wölfen aus, die willkürlich von Menschen zusammengefügt werden und in begrenzten eingezäunten Gehegen leben. Hier sind Spannungen vorprogrammiert. Und genau hier wird deutlich, wie hoch sozial diese Tiere sind. Obwohl diese Art des Zusammenlebens ganz und gar ihrer natürlichen Lebensweise widerspricht, sind sie in der Lage, gut miteinander auszukommen, indem sich eine feste Rangordnung bildet.
Doch bevor Sie sich nun möglicherweise in Ihrer Überzeugung bestätigt sehen, dass Sie nur die Rudelführung übernehmen müssen, damit alles funktioniert: Es gibt keine Spezies auf diesem Planeten, die mit einer anderen ein Rudel bildet!
Unsere Hunde wissen das auch ;-)
Zurück zu unseren Hunden. Um den Mythos vom dominanten Hund auf den Punkt zu bringen: Es gibt ihn nicht. Vielmehr ist jede Hundebegegnung anders; mal ist unser Hund der Überlegene, mal der Unterlegene, je nach dem wer vor ihm steht. Es gibt folglich keinen Hund, der generell dominant ist.
Es gibt keine klare Definition für Dominanz, aber wenn wir Dominanz gleichsetzen mit Überlegenheit, was es sicher am ehesten trifft, dann kommen wir der Sache schon recht nah. In der Regel halten wir die lauten, sich wild gebärdenden Hunde für dominant. Doch macht das Sinn? Ein Hund, der sich in der Begegnung mit anderen Hunden überlegen fühlt, würde dieses Verhalten niemals zeigen. Im Gegenteil, seine Bewegungen wären ruhig und sicher, wahrscheinlich würde er keinen Laut von sich geben. Allein seine Körperhaltung, sein Blick, sein Stand würde reichen, seinen Status zu verdeutlichen. In einer Gruppe von Hunden erkennt man das dominante Tier daran, das alle anderen ausweichen und bei Annäherung deutlich beschwichtigen und häufig eine geduckte oder abgewandte Körperhaltung einnehmen. Es ist also nicht der Hund, der am lautesten bellt oder sich am heftigsten bewegt, im Gegenteil! Die lauten unruhigen Hunde sind diejenigen, die schwache Nerven und/oder Angst haben, was keine Voraussetzung für eine Führungsposition ist. Ein dominanter Mensch wäre z.B. ein Anführer einer Gruppe oder ein Firmenchef. Seine Überlegenheit muss er nicht durch ständiges brüllen oder kämpfen neu beweisen, sein Status ist geklärt.
Ein weiterer Aspekt, den wir bei der Betrachtung des Rudelführers beachten sollten, ist die Tatsache, dass die Rangführung oftmals auch eine recht unbequeme Position ist, die starke Nerven und Durchhaltevermögen voraussetzen. Das erklärt, warum viele Hunde überhaupt gar nicht erst nach Status streben.
Für ein entspanntes, faires und freundliches Mensch-Hund-Verständnis ist die richtige Einschätzung unseres Tieres bzgl. seines Charakters und seiner Individualität wesentlich.
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9. Bleiben Sie doch einfach mal stehen…
Haben Sie schon mal gesehen, wie sich zwei gut sozialisierte Hunde einander annähern, die sich nicht kennen oder noch nicht erkannt haben? Sie nähern sich langsam, einen Bogen laufend. Hunde nehmen sich Zeit um einzuschätzen, abzuwägen. Sie nehmen sich Zeit um (Beschwichtigungs-) Signale auszusenden, um Eskalationen zu vermeiden. Hunde zeigen vorbildlich, wie Begegnungen gemeistert werden können – bis der Mensch eingreift. Ganz entgegen dieser hundlichen Annäherung gehen wir frontal und mit unverminderter Geschwindigkeit auf alles und jeden zu. Der angeleinte Hund hat keine Chance, die Situation zu betrachten, um sie einschätzen zu können und um entscheiden zu können, wie und in welcher Geschwindigkeit sich genähert wird. Stress baut sich auf, typisches Hundeverhalten kann nicht mehr gezeigt werden, die Situation eskaliert. Mit jedem Spaziergang wächst der Stress, da die ständigen Wiederholungen solcher Begegnungen urtypische Verhaltensweisen verlernen lässt. Damit nicht genug: Mit scheinbar unbeirrbarer Überzeugung reißen und rucken wir an der Leine, schreien den Hund an und/oder tun ihm auf die Eine oder Andere Art weh, was dazu führt, dass wir unsere Hunde immer tiefer in ihre Ausweglosigkeit stürzen, mit der Folge, dass ihr Stresspegel explodiert… Und obwohl wir merken müssten, dass wir damit nichts erreichen- außer, dass der Hund mehr und mehr sein Vertrauen in uns verliert- reagieren wir immer wieder auf die gleiche Art. Das ist nicht nur traurig und unfair sonder auch grausam und absolut uneffektiv!
Und auch wenn diese Vorgehensweise in all Ihren Büchern steht, in Ihrer Hundeschule gelehrt wird oder in den Hundeshows im Fernsehen und in Anleitungsvideos auf youtube etc gezeigt wird: es ist falsch!
Stattdessen sollten Sie sich einmal anschauen, wie eine typische Begegnung unter so hochsozialen Wesen wie Hunden abläuft. Allerdings werden Sie diese Form der Konfliktlösung kaum noch bei Ihren Spaziergängen zu sehen bekommen. Die DVD “calming signals“ von Turid Rugaas zeigt anschaulich, welche Signale von den Hunden gezeigt werden und wie diese zu deuten sind; eine gute Möglichkeit etwas mehr über das Ausdrucksverhalten und das Verhaltensrepertoire der Hunde zu lernen.
Meine Empfehlung: entschleunigen Sie Ihre Spaziergänge – DER WEG IST DAS ZIEL. Wechseln Sie öfter mal die Straßenseite, achten Sie auf Distanzen, die Ihr Hund benötigt, um sich noch sicher und wohl zu fühlen. Bedenken Sie, dass viele Hunde unsicher werden, wenn sie sehr nah an Menschen vorbei geführt werden. Viele Hunde sind gestresst, wenn sie dicht an einer Straße entlang gehen müssen und zucken bei jedem Fahrzeug zusammen, ohne dass sein Mensch Notiz davon nimmt. Achten Sie darauf, dass Sie stets den Hund so führen, dass Sie zwischen ihm und dem hektischen Treiben unserer lauten Zeit sind. Bleiben Sie öfter mal stehen, schenken Sie Ihrem Hund freundliche und ruheausstrahlende Aufmerksamkeit, reden Sie leise mit ihm. Lassen Sie ihn die Welt mit all ihren Reizen immer wieder aus sicherer Entfernung betrachten, während Sie ihn liebevoll streicheln und ihm eine kleine Belohnung geben. Das wäre Freundschaft! Und das würde Ihrem Hund helfen, die Welt mit all Ihren vermeintlichen Gefahren und verunsichernden Reizen besser meistern zu können.
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10. Immer wenn mein Hund ein Pferd sieht setzt er sich hin
warum macht er das? So oder so ähnlich klingen häufig Fragen, die mir gestellt werden. Meine Antwort ist dann immer die Gleiche: Ich weiß es nicht, das müsstest du deinen Hund fragen! Das Problem an derartigen Fragen ist die hohe Wiederholungsrate, was nur einen Schluss zulässt: Viele Menschen gehen offensichtlich davon aus, dass es einen sogenannten Verhaltenskatalog geben muss, in dem man dergleichen nachschlagen kann, WEIL JA ALLE HUNDE GLEICH SIND. Wo kommt das her? Jeder, der mehr als einen Hund kennt, muss zu dem Ergebnis kommen, dass Hunde individuell sind. Das Hunde - wie alle anderen Lebewesen auch - einen eigenen Charakter haben. Dass jeder Hund seine Eigenarten hat, sein ureigene Art zu kommunizieren, seine eigene Lernfähigkeit oder Lernbereitschaft und und und. Ganz zu schweigen von seinen Erfahrungen, die ihn geprägt haben und seiner genetischen Disposition.
Der fatale Irrglaube - dass alle Hunde gleich sind - erklärt auch, warum viele der Meinung sind, dass entsprechend auch alle Hunde mit ein und denselben Methoden erzogen werden müssen. Das ist so abwegig, dass ich mich immer wieder frage, woher diese Gehirnwäsche kommt? Auch wenn ich mich wiederhole: Bitte sehen Sie hin, lernen Sie IHREN Hund kennen und ignorieren Sie jede Verallgemeinerung! Es gibt nicht den Hund, es gibt nicht einmal den Schäferhund oder den Pudel etc. Ihr Hund ist einmalig und außergewöhnlich. Wenn Sie Ihren Hund erfolgreich trainieren wollen, müssen Sie sein Wesen kennen und seine Individualität berücksichtigen.
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11. Auf den Arm genommen...
Schon als ich ihren Erzählungen in der Küche aufmerksam zuhörte, spürte ich, dass die Verbindung zwischen ihr und ihrem Hund Oskar etwas besonderes war. Wenngleich das erste Zusammentreffen zwischen den Beiden noch nicht lange her war, vermittelten die Zwei das Gefühl, als wenn es niemals anders gewesen wäre. Und obwohl Oskar ein Leben auf der Straße gewohnt war, bevor er auf C. traf, ein Leben also ohne Leine, ohne Komandos, ohne starre Regeln und mit einem gewissen Grad an Freiheit, hatte er sich offenbar von der ersten Minute ihrer Begegnung gerne auf sein neues Leben eingelassen. Ohne zu wissen, wie es sein würde.
C. berichtete mir von den ungewöhnlichen Umständen, die dazu geführt hatten, dass Oskar in ihr Leben trat, und es machte einfach nur Spaß ihr zuzuhören. Ich war geradezu begeistert, als ich sah, dass Oskar im Park sein geliebtes Spiel mit Artgenossen aufgab, sobald er gerufen wurde. Und nichts forderte er dafür ein, keine Belohnung war dafür nötig. Er kam, weil zwischen ihnen diese besondere Verbundenheit herrscht!
Und wissen Sie, wie diese aussergewöhnliche Beziehung begonnen hatte? C. hatte Oskar, nachdem der zwei Tage Fahrt in einer kleinen Transportbox hinter sich hatte, ganz intuitiv und unmittelbar auf den Arm und unter ihre Jacke genommen. Diese zärtliche Geste und körperliche Nähe war genau das, was Oskar in dieser Situation voller Angst und Erschöpfung brauchte. C. hatte gefühlsmäßig gehandelt, liebevoll und fürsorglich. Oskar hörte binnen weniger Minuten auf zu zittern und es war der Beginn einer wundervollen Freundschaft. Es dauerte nicht lange, bis er sich vollständig von den Strapazen und den Ängsten der letzten 48 Stunden erholt hatte.
Wie gut, dass C. nicht gehört oder gelesen hatte, dass man Hunde ANGEBLICH nicht auf den Arm nimmt!
Diese Geschichte soll einmal mehr zeigen, dass wir uns endlich von all diesen Standardparolen frei machen müssen. Hunde sind Lebewesen wie wir auch, mit Bedürfnissen, Sehnsüchten und Ängsten. Und eines ist unumstritten: Angst fühlt sich für alle Lebewesen gleich an, und es sind fast immer die gleichen Rituale, die notwendig sind, um dieses Gefühl aufzufangen: Körpernähe.
Mit dieser Geschichte will ich nicht sagen, dass wir immer in jeder beängstigen Situation unsere Hunde auf den Arm nehmen sollten, aber ich möchte auch deutlich machen, dass es durchaus Situationen gibt, in der diese Geste das einzig Richtige sein kann.
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12. Wissen Sie eigentlich...
wie eine typische Begegnung von zwei Hunden aussieht, die sich nicht kennen? Sie nähern sich im Bogen, der je nach Gefühlslage mal größer und mal kleiner ausfällt. Es wird immer wieder innegehalten und stehengeblieben, um dem Artgenossen die jeweilige Gestimmtheit mitzuteilen, aber auch, um zu schauen, in welcher Stimmung der Andere ist. Sogenannte Beschwichtigungssignale werden ausgesendet und empfangen. In der Regel ist relativ schnell klar, wer von den Beiden sich über- und wer sich unterlegen fühlt. Interessant dabei ist, dass nicht nur der unterlegene Hund durch seine Körpersprache dem Fremdling mitteilt, dass er sich in freundlicher Absicht nähern möchte, sondern auch der überlegene (dominante) Hund sendet häufig die gleichen Informationen! Erst dann nähert man sich in der jeweiligen Geschwindigkeit, die von Hund zu Hund und von Begegnung zu Begegnung stark variiert. In welcher Geschwindigkeit sich die Hunde einander nähern können und wollen ist von verschiedenen Faktoren abhängig:
- welche Erfahrungen wurden im Zusammentreffen mit Hunden in der Vergangenheit gemacht (dazu zählen nicht zuletzt auch die Erfahrungen, die die Hunde mit ihren HALTERN gemacht haben!)
- wie eindeutig konnten die freundlichen Absichten des Anderen kommuniziert werden (dickes Fell, abgeschnittener Schwanz und angeschnittene Ohren etc erschweren oder verhindern die hundliche Kommunikation)
- Charakter und aktueller Stimmung.
Fremdbegegnungen sind somit stark ritualisiert und im Allgemeinen unaggressiv, was nicht bedeutet, dass sie trotz all der Beschwichtigungssignale auch spannungsgeladen oder unangenehm für den Einen oder Anderen sein können. Ein typisches Beispiel, für eine unentspannte Begegnung wäre z. B., wenn einer der Beiden ein übermütiger Junghund in Tobelaune ist und der andere Hund schon aufgrund seines Alters keinen Wert mehr auf Kontakt mit derart wilden Halbwüchsigen legt, einfach weil die Knochen mittlerweile schmerzen. Natürlich gibt es –ähnlich wie bei uns Menschen- auch unglückliche Zusammenkünfte, wenn z.B. zwei Hunde auf einander treffen, die beide nach einem gewissen Status streben und keiner kleinbeigeben möchte. Diese Art der Begegnungen können einen Kampf zur Folge haben. Zum Thema Hundekämpfe werde ich später eingehen.
Wichtig ist, dass wir lernen, die Körpersprache der Hunde zu entschlüsseln, um die Zusammentreffen unserer Hunde einschätzen zu können.
Das Wichtigste jedoch ist, dass wir begreifen, dass WIR es allgemeinhin sind, die eine freundliche Hundebegegnung unmöglich machen! Denn wir gehen mit unserem oft sehr kurz angeleinten Hund UNGEBREMST UND FRONTAL auf den Anderen zu. Den Hunden sind somit alle Handlungsweisen genommen, um sich hundetypisch freundlich aufeinander zuzubewegen. Stress und Spannungen bauen sich auf, statt der üblichen Beschwichtigungssignale werden prophylaktisch Drohgebärden gezeigt. Und um die ohnehin angespannte Situation vollends zu sabotieren, reißen und zerren wir an der Leine, schimpfen und brüllen wir (und schlimmeres), ganz wie es die Hundeschule, der TV-Hundeflüsterer und all die anderen Hundeprofis angeleitet haben...
Ganz offensichtlich ist Einschüchterung das Einzige, was uns Menschen einfällt. Wir kämen gar nicht auf die Idee, dass wir es sind, die die Fehler machen.
Bevor wir in irgendeiner Weise auf den Hund einwirken, sollten wir erst einmal verstehen, WARUM der Hund so oder so handelt. Und wir sollten erkennen, in welcher Gefühlslage sich unserer Hund befindet. Erst dann sind wir in der Lage die Situation sinnvoll und zielführend in die von uns gewünschten Bahnen zu lenken.
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13. Unberechenbar
Aussagen wie „ohne erkennbaren Grund hat der Hund plötzlich zugebissen“ werden wohl von den Wenigsten angezweifelt. Tatsächlich halten die meisten Menschen Hunde für unberechenbar und latent gefährlich. Einigen Rassen haftet gar das Böse an, wie z.B. den sogenannten Kampfhunden. Und all das obwohl der Hund ein Meister in der Konfliktvermeidung ist und ein Großteil seiner Körpersprache der Beschwichtigung dient! Tatsächlich können wir Menschen diesbezüglich noch einiges von den Tieren lernen, aber das ist ein anderes Thema. Zurück also zu der Kernaussage, Hunde beißen plötzlich und ohne erkennbaren Grund zu. Bis auf sehr wenige Ausnahmen (wenn der Hund krank ist) ist diese Aussage schlicht falsch. Genau genommen ist die Äußerung „ohne erkennbaren Grund“ falsch. Richtig wäre, „ohne dass ich darauf vorbereitet war, hat der Hund plötzlich zugebissen“. Nun ist nur noch die Frage zu klären, warum war er oder sie nicht darauf vorbereitet- und darauf gibt es eine ganz einfache Antwort: Weil wir nicht hingesehen haben und/oder weil wir die Situation und die Körpersprache des Hundes nicht verstanden haben (oder generell nicht verstehen). So einfach ist das. Wir sehen nicht hin, und wenn wir hinsehen verstehen wir meistens nicht. Und wenn ein (gesunder) Hund wirklich zugebissen hat, hatte er dafür einen Grund und dieser ist fast immer Verteidigung. Zusammenleben beruht auf der Fähigkeit sich zu verständigen und wenn wir den anderen nicht verstehen, heißt das noch lange nicht, dass er unberechenbar ist!
Aber wie sieht das Zusammenleben mit uns Menschen für die Hunde aus? In Wahrheit ist es der Mensch, der für die Hunde unberechenbar und gefährlich ist, aber das ist uns kaum bewusst.
Einige Beispiele:
Der Hund wird angeleint auf einen anderen Hund zugeführt. Die schnelle frontale Annäherung widerspricht gänzlich der typisch hundlichen Annäherung und führt oft zu Stress und Angst. Die für den Hund einzige Reaktionsmöglichkeit auf die permanent ansteigende Unsicherheit und Angst ist Angriff (die zweite mögliche Reaktion wäre Flucht, aber die ist dem Hund an der Leine genommen). Der Halter reagiert auf das Verhalten seines Hundes oftmals sehr ungehalten und versucht diesen mit physischer oder psychischer Gewalt einzuschüchtern, schafft also eine zusätzliche Front. Kaum ein Halter versteht, wie sehr er eben das Vertrauen seines Hundes missbraucht und wie ungerecht sein Verhalten war, denn DER HUND KONNTE GAR NICHT ANDERS. Der Hund lernt: Angst macht Menschen aggressiv, was wiederum seine Angst und sein Misstrauen verstärken. Der Mensch wird als unberechenbar empfunden. (Mehr Infos dazu im Text „Wissen Sie eigentlich…“).
Ein weiteres Beispiel:
Die Hundehalterin kommt nach Hause und der Hund begrüßt sie freundlich an der Tür. Der Mensch erwidert die freudige Begrüßung und geht in die Küche. Auf den Küchenfliesen liegen die Reste des Abendbrotes. Die Freundlichkeit schlägt in Bruchteilen einer Sekunde in Wut um. Der Hund reagiert auf das plötzliche Donnerwetter und verkriecht sich, was von der Halterin wiederum für Reue gehalten wird. In Wirklichkeit reagiert der Hund lediglich auf die Wut. Warum der Mensch jedoch wütend ist, weiß er in der Tat fast nie. Ein typisches Beispiel für die menschliche Unberechenbarkeit. Solche und ähnliche Missverständnisse sind traurig und prägend. Für mich ist es eher verwunderlich, dass Hunde so selten beißen. Sicher ein Umstand, der in erster Linie auf die hohe soziale Kompetenz unsere Hunde zurückzuführen ist!
Aber es gibt noch mehr Beispiele für die Unberechenbarkeit von uns Menschen. Der Hund wird von seinem Halter aufgefordert zu toben. Der Hund freut sich sehr über dieses Spiel und dem Ausstieg aus der schier endlosen Langeweile. Der Halter will das Spiel schon nach zwei Minuten beenden. Der Hund, der kaum Möglichkeiten hatte, seinem Bewegungsdrang am Tag nachzukommen, versucht ihn weiter zu motivieren und springt an ihm hoch. Der Halter reagiert sofort ungehalten und versucht durch verbale Einschüchterung den Hund in seine Schranken zu weisen. Dieser plötzliche Wechsel von Spiel in Maßregelung verunsichert jeden Hund und lässt einmal mehr uns Menschen als unberechenbar da stehen. Oder bleiben wir beim Toben, der Halter zerrt mit seinem Hund gemeinsam an einem Tau, der Hund, der wie bereits erwähnt in der Regel weitaus weniger Abwechslung am Tag hatte als seine Menschen, stürzt sich hochmotiviert auf das Tau. Dabei verletzt er seinen Halter leicht am Daumen, völlig unbeabsichtigt, doch für einige Hundehalter ist das ein absolutes Tabu. Auch hier ist die nachfolgende heftige Reaktion des Menschen ein weiterer Beweis für dessen Unberechenbarkeit.
Die Liste könnte nun unendlich fortgeführt werden, aber darum geht es gar nicht. Es geht darum, dass wir versuchen zu verstehen. Und es geht darum, dass wir lernen uns zu verständigen. Der Hund kann die Sprache der Menschen nicht erlernen, aber er ist in seiner Körpersprache sehr deutlich, wir müssen nur hinsehen.
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14. Plüschgeier und anderes Spielzeug
Beginnen möchte ich mit der Kundenrezension von Nikoianer (sicher ein Synonym, der oder die Verfasser/In ist leider unbekannt, ich hätte sonst gerne mehr in der Art gelesen und mein Kompliment ausgesprochen). Die Kundenbewertung bezog sich auf einen Plüsch-Cord-Geier-Hundespielzeug.
>>Dieser Geier ist der Hammer (Kundenrezension von Nikoianer, gefunden auf Amazon)
Zunächst einmal sei erwähnt, ich habe einen Labrador, der innerhalb eines halben Durchschnittsknabbertages eigentlich Alles zerlegt bekommt. Da verwundert es nicht weiter, dass auch dieser Geier nur von mittelmässiger Resistenz ist. Allerdings ist er im Gegensatz zu anderen Dummies bzw. Plüschspielzeugen relativ renitent gegen zerpfücken.
Zuerst werden die kleinen Haare auf dem Kopf mit den Vorderzähnchen einzeln gepackt und so lange gerupft, bis der Geier eine Glatze hat. Das macht nichts, denn die Haare reissen eher selbst, als dass die Naht platzt.
Danach wird etwas an den Flügeln und den Füßchen gezerrt, allerdings reissen diese nicht so schnell ab, wie sich mein Hund - "runter vom Bett" - das vorstellt. Deshalb geht sie nach einigen Fehlversuchen dazu über, dem Quietschen aus dem Geierinneren auf den Grund zu gehen und nagt fanatisch auf dessen Bauch.
Ist auch das langweilig geworden, wird versucht, die Haare vom Bauch des Geiers zu rupfen, was aber ob derer Länge nur von mäßigem Erfolg gekrönt ist.
Voll sauer, weil der Geier noch immer quietscht werden dann Schnabel und Augen bearbeitet und so lange am Hals gezerrt, bis dieser vom Körper abreisst. Der Kopf wird zunächst im Körbchen für später versteckt und begonnen, die weisse Füllung aus dem Körper zu popeln - was allerdings etwas dauert, da die Öffnung des Halses nicht besonders breit ist.
Ist der Geier endlich komplett im Wohnzimmer verteilt wird Herrchen der errungene Erfolg mitgeteilt, der Hund steht schwanzwackelnd mit dem Hals im Maul morgens am Bett, und der Tag beginnt mit einem Blick in das Gesicht eines einäugigen, glatzköpfigen Geiers. Dieser Eindruck hält gerne 2-3 Tage an und ich kann nicht dafür garantieren, dass man in der folgenden Nacht problemlos einschlafen kann.
Ein Pluspunkt ist, dass sich die Geierüberreste mit Handfeger und Müllschippe in sehr kurzer Zeit beräumen lassen.
Der Hals des Geiers ist ergonomisch geformt und läßt sich im Maul eines mittelgroßen Hundes prima durch die Gegend schleppen.
Das absolute Highlight aber ist, wenn man nachts durch die Wohnung läuft, versucht, möglichst leise zu sein und sich dann mit einem "QUÄÄÄÄK" der Geier darüber beschwert, dass man auf ihn draufgetreten ist.
Ich empfehle, die Geier gleich im Bündel zu kaufen. Bei uns ist grade Nummer 7 in Bearbeitung.
Und bitte: Es ist ein Spielzeug, und ihr Hund wird ihn entweder:
a) nicht angucken
oder
b) kaputt machen
- wie alles Andere im Prinzip auch.
Wenn man die Geier mit genau diesem Hintergedanken kauft, ist es auch nicht so schlimm, finde ich.
Wer dennoch nicht einfach 8,- Euro zum Fenster rauswerfen möchte, der kann die Geierköpfe sammeln und daraus ein attraktives Mobile basteln oder die Köpfe - so wie ich - mit Kabelbinder am Gartentor befestigen. Da freuen sich auch die Nachbarn.
Von mir und Hund daher eine ganz klare Kaufempfehlung!!<<
Der oder die Verfasser/In beschreibt sehr eindrucksvoll die Verwendungsmöglichkeiten eines Hundes mit dem vermeintlichen Spielzeug. Ich frage Sie, was sollte der Hund auch sonst damit machen? Den Geier frisieren oder ihn in selbstgehäkelte Kleidchen pfriemeln? Oder einfach nur herzen? Es bleibt also nur völlige Desinteresse oder Zerstörung. Ein klassisches Beispiel für Geld aus dem Fenster werfen. (Stattdessen empfehle ich eine Spende an eine beliebige Tierschutzorganisation, hier fehlt es fast überall an finanziellen Mittel nur für die Grundversorgung der Schützlinge; von ärztlicher Versorgung und Verbesserung der Unterbringungsmöglichkeiten ganz zu schweigen).
Wenn Sie aber Ihrem Hund, der wahrscheinlich ähnlich wie 99% seiner Artgenossen unter viel zu viel Langeweile und Monotonie leidet, etwas wirklich sinnvolles kaufen möchten, dann besorgen Sie ihm ein sogenanntes Futterspielzeug. Spielzeug ist im Grunde nicht der richtige Begriff, weil der Hund damit nicht spielt sondern es lediglich der Beschäftigung dient. Sich mit etwas zu beschäftigen, um an Futter zu gelangen (vorausgesetzt Ihr Hund ist nicht satt) macht Sinn und wird den Hund motivieren. Kaufen Sie ihm „Spielzeuge“ wie z.B. einen Kong oder einen Futterball (diesbezüglich gibt es mittlerweile viele innovative Möglichkeiten) oder was auch immer Sie mögen, Hauptsache Ihr Hund ist beschäftigt. Aber Vorsicht: Die Spielgeräte, bei denen Ihr Hund lernen muss irgendwelche Schalter zu bedienen oder Schubladen zu öffnen, um ans Futter zu gelangen sind meist nur für eine kurze Zeit interessant. Hunde sind so viel schlauer als wir oft meinen und haben so ein „Spiel“ schnell über, schlicht weil es langweilig wird. Der „Spielspaß“ dauert dann gerade mal noch 1-2 Minuten. Zudem sind diese Varianten oft recht kostspielig.
Futtersuche und Futterbeschaffung ist die Hauptbeschäftigung von freilebenden Tieren, auch die der Straßenhunde, wenngleich das ein trauriges Thema ist. Natürlich sieht die Sache schon ganz anders aus, wenn mehrere Hunde in einem Haushalt leben, oder Ihr Hund anderweitig ausreichend Zeit hat, mit Artgenossen zu toben oder sich auszupowern. In diesen Fällen ist Unterforderung meist kein Thema. Aber in der Regel sind die Hunde (die keine Einzelgänger sind!) viel zu lange alleine. Aber auch in den Zeiten, in denen wir Zuhause sind, vergessen wir nur allzu oft, wie trostlos leer das Leben eines Hundes im Haus oder der Wohnung sein kann. Wenn es dann (hoffentlich für eine große Runde) nach draußen geht, wundert sich mancher, warum der Hund so außer Rand und Band gerät.
Meine Bitte daher: beschäftigen Sie Ihren Hund, bringen Sie ihm bei, kleine Aufräumarbeiten zu erledigen, Dinge zusammenzutragen (diese können Sie gerne extra für ihn auslegen oder verstecken). Bringen Sie ihm bei Wäscheklammern anzugeben, Ihren Schlüssel zu suchen oder was auch immer. Ihr Hund wird Ihnen unglaublich dankbar sein.
Ich empfehle immer, den Fressnapf ins Kellerregal zu verbannen, vielleicht kann er noch mal als Blumenuntersetzer zum Einsatz kommen. Der Futternapf ist noch unsinniger als der Plüsch-Cord-Geier am Anfang dieses Textes! Werfen Sie ersatzweise das (Trocken-)Futter mal in den Garten oder verstecken Sie es in der Wohnung, oder wickeln Sie es in eine alte Decke oder Handtuch ein. Seien Sie kreativ und holen Sie Ihren Hund aus seiner Lethargie.
Weitere sinnvolle Spielzeuge sind Taue, eine tolle Möglichkeit mit Ihrem Hund gemeinsam zu spielen (sollten Sie irgendwo gehört oder gelesen haben, dass Tauzerren Ihren Hund aggressiv, dominant oder was auch immer macht- vergessen Sie es! Vergessen Sie auch den Standard, dass Sie immer gewinnen müssen! Gemeinsames Tauziehen stärkt die Bindung und Ihr Hund wird Sie noch ein wenig mehr dafür lieben.)
Auch Ball- bzw. Apportierspiele sind eine beliebte Beschäftigung, bedenken Sie aber bitte,
dass die schnellen Sprints mit plötzlichem Abstoppen relativ frühzeitig zu extremen Gelenkverschleiß führen! Insbesondere die Vordergelenke und die Wirbelsäule werden dabei massiv belastet und geschädigt. Die daraus resultierenden gesundheitlichen Folgen sind meist irreversibel und sehr schmerzhaft. Arthrose setzt ohnehin schon bei vielen Hunden sehr früh ein, auch ohne sportliche Extrembelastung. Die damit einhergehenden Schmerzen können irgendwann nur noch mittels Analgetika reduziert werden. Auch Freestyle Frisbee und ähnliche Sportarten sind allenfalls dazu geeignet, Arthrose und ähnliches zu begünstigen. Von weiteren Verletzungsrisiken ganz zu schweigen.
Achten Sie gut auf Ihren Hund und bedenken Sie stets, dass sein Glück allein von Ihrem Wohlwollen abhängt. Geben Sie kein Geld für Hundespielzeug aus, das lediglich dazu taugt,
den wöchentlichen Müllbeutel zu füllen. Beschäftigen Sie sich lieber mit Ihrem Hund. Bieten Sie Ihrem Vierbeiner ausreichend gesunde Bewegung an der frischen Luft, lassen Sie ihn-sofern es Ihrem Hund gut tut- so oft wie möglich an Ihrem Leben teil haben, schenken Sie Ihrem Hund Streichelzeit bzw. Aufmerksamkeit und wenn möglich (und vom Hund gewünscht) gönnen Sie ihm so oft es geht Kontakte mit Artgenossen.
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15. Adoption eines Tierschutz- oder Straßenhundes?
Auf unzähligen Straßen fristen unzählige Hunde ihr trauriges Dasein. Bis auf wenige Ausnahmen ist der Alltag dieser Straßenhunde gezeichnet von Krankheit, Hunger und Angst.
Verschiedene Tierschutzorganisationen und einzelne Tierschützer bemühen sich nach Kräften, diesen Seelen zur Seite zu stehen, sie zu versorgen oder sie gar unterzubringen. Wenngleich der Einsatz dieser Tierschützer nur ein Tropfen auf dem heißen Stein ist, so ist es doch für jedes gerettete Tier die ganze Welt!
Das Leben der Straßenhunde ist teilweise so grausam, hässlich und unerträglich, dass Worte nicht ausreichen, um es auch nur annähernd zu beschreiben.
Aber ein paar wenige von ihnen haben Glück und werden aus dem „Krisengebiet“ herausgeholt und finden das erste Mal in Ihrem Leben so etwas wie ein Zuhause und einen sicheren Ort. Doch für einige Hunde endet das Martyrium nicht mit der Vermittlung, sondern bekommt nur ein anderes Gesicht. Und das nicht, weil die Menschen in ihrem neuen Zuhause böse sind, sondern weil die Menschen zum Einen das Verhalten der Hunde nicht deuten können und zum Anderen, weil sie nicht wissen, wie sie ihrem Hund helfen können. Und das Martyrium findet oftmals auch kein Ende, weil die Menschen auf die falschen Berater hören (gefragt und ungefragt wohlbemerkt!). Das alles bedingt, dass das Zusammenleben zunehmend problematischer, frustrierender und angstbesetzter wird. Viele Hunde werden immer wieder abgegeben, zurückgegeben oder schlicht weitergereicht. Und auf jeder Station dieser traurigen Reise werden sie weiter traumatisiert und lernen, dass sie Menschen nicht trauen dürfen. Wohin man sie auch bringt, sie bleiben unverstanden. Die daraus resultierenden Missverständnisse werden als Ungehorsam ausgelegt und Ungehorsam…. na Sie wissen schon, muss mit Strenge und Unterordnung begegnet werden….(was falsch ist, nur um weitere Irrtümer auszuschließen!).
Was ich keinesfalls sagen möchte ist, dass Sie davon ausgehen müssen, dass Hunde von der Straße (oder einem ausländischen/inländischen Tierheim) größere Probleme haben, als Hunde aus privaten oder kommerziellen Zuchten. Soziale Deprivation* habe ich wesentlich häufiger bei Hunden aus der kommerziellen Zucht erlebt. Auch das Sozialverhalten unter den Hunden selbst, ist bei Straßenhunden weitaus weniger ein Problem. Allerdings kann das Führen an der Leine wiederum für einen Hund, der das Angebundensein nicht kennt, am Anfang beängstigend sein.
Ich bin absolut für die Vermittlung von Straßenhunden bei gleichzeitigen Bemühungen, die Vermehrung vor Ort durch Kastrationsprogramme einzudämmen. Die Welt ist voller Hunde, genug für alle, die ihr Leben mit einem solchen teilen wollen. Mit jedem Hund der vom Züchter gekauft wird, „geht ein anderer in die Tötung“, so einfach ist das. Zum Thema Zucht gäbe es noch viel zu sagen, das Thema Qualzucht habe ich bereits in einem anderen Text aufgegriffen. Rein ethisch lehne ich es ab, mit der „Produktion“ von leidensfähigen Lebewesen Geld zu verdienen.
Ich möchte alle ermutigen, die ihr Leben mit einem Hund teilen möchte, ein Tier aus dem Tierschutz zu adoptieren. Aber überlegen Sie bitte gut, bevor Sie auf die Seiten der Hundevermittlungen gehen, ob Sie wirklich bereit sind, die damit verbundenen Veränderungen (und diese können gravierend sein) zu akzeptieren und ob derartige Einschnitte in Ihr Leben (Beruf, Freizeit, Hobby etc.) passen. Wenn Sie diese Fragen zugunsten eines pelzigen Mitbewohners entscheiden können, sollten Sie sich auch noch bewusst machen, dass Sie letztlich nichts über Ihren neuen vierbeinigen Partner/In wissen. Auch wenn sich die Menschen, die diese Hunde vermitteln, viel Mühe geben ihre Schützlinge zu beschreiben, bleiben die Aussagen oft nur vage und sind manchmal schlicht nicht zutreffend. Welchen Charakter, welche Erfahrungen, Ängste, Vorlieben, Eigenheiten und vielleicht sogar gesundheitliche Einschränkungen der Hund mitbringt, bleibt meist völlig unklar. Wir gehen immer davon aus, dass nach kurzer Eingewöhnungszeit alles genauso läuft, wie wir uns unser Hundehalterdasein immer erträumt haben. Aber dem ist leider nicht immer so. Natürlich kann das zutreffen und sie werden ein unglaublich eingespieltes Team. Aber es können auch Probleme auftreten, die die Eingewöhnung schwierig gestalten oder die sich bei aller Liebe nicht in Ihr Leben integrieren lassen, z.B. wenn der Hund nicht alleine bleiben kann (die meisten können es lernen, dennoch sollten sich die Zeiten des Alleinseins in Grenzen halten!) Je offener Sie an Ihr Hundehalterdasein herangehen und je ungenauer Ihre Vorstellung von Ihrem Leben an der Seite eines Hundes ist, desto besser. Übertriebene oder falsche Vorstellungen an Ihren neuen Freund führen schnell zu Enttäuschungen und vorschnellen Neuentscheidungen. Die Konsequenzen haben in erster Linie immer die Hunde zu tragen und jede Abgabe verstört (vielleicht sogar traumatisiert) das Tier zusätzlich.
Straßenhunde zeigen oft hochsoziales Verhalten untereinander, was sich allerdings schlagartig ändern kann, wenn sie (falsch) an der Leine geführt werden. Sie sind es häufig gewohnt, sich von Unrat, Müll und Sonstigem, was auf der Straße liegt, zu ernähren. Dieses Verhalten ist schwer korrigierbar, auch wenn die Zeiten des Futtermangels längst vorüber sind. Viele von ihnen sind sehr selbständig, sie waren es ja nicht anders gewöhnt, was dazu führen kann, dass der Freilauf noch eine Zeitlang nicht möglich sein wird. Straßenhunde kennen nicht das Leben in einer Wohnung oder einem Haus, das kann beängstigend sein, Stubenreinheit kennen sie daher wahrscheinlich auch nicht (aber auch das ist oft schnell gelernt). Straßenhunde kennen kein Halsband (das sollte auch so bleiben!) oder Brustgeschirr. Sie kennen das an einen Menschen Festgebunden sein… ÜBERHAUPT nicht. Geben Sie Ihrem Hund etwas Zeit, sich daran zu gewöhnen. Anleinen gehört zu den Situationen, die ungeheuer angstbesetzt sein können. Zu schnelles Vorgehen, wie andere zu schnelle Annäherungen auch, können zu Vertrauensverlust oder Drohverhalten aus der Angst heraus führen. Auch hier gilt die Regel, dass kleine Schritte oft schneller ans Ziel führen, größere dagegen schnell die Problematik verschärfen können.
Bedenken Sie bitte auch, dass Straßenhunde von heute auf morgen plötzlich mit einer völlig neuen Umgebung, neuen Menschen, neuen Geräuschen und möglicherweise neuen technischen „Ungeheuern“ wie z.B. Lastwagen, Zügen, Straßenbahnen, Treckern konfrontiert werden, was sehr beängstigend sein kann. Und bedenken Sie auch, dass Hunde bei Angst nur mit Flucht oder Angriff reagieren können.
Geben Sie Ihrem Hund Zeit sich einzugewöhnen. Zeigen Sie ihm die neue Welt in für ihn „aushaltbaren Portionen“, die ihn nicht ängstigen und die er positiv erlebt. Erwarten Sie erst einmal nichts von Ihrem Vierbeiner. Lassen Sie sich Zeit ihn kennenzulernen und zu studieren, das Gleiche tut der Hund auch. Sollten Sie einen Hund haben, der derart gestresst, geradezu paralysiert ist, legen Sie ihm in eine ruhige Ecke eine Matratze, stellen Sie Futter und Wasser hin und rollen Sie Ihren Teppich auf. Manchmal tauen diese armen Seelen nach Stunden auf, manchmal dauert es ein paar Tage (in seltenen Fällen auch länger). Wichtig ist, dass wir dem Tier Zeit geben, seine neue Umgebung als ungefährlich einzustufen, dann können auch diese Hunde lernen, sich in ihrem neuen Leben zurechtzufinden. (Damit die Eingewöhnung für beide Seiten so angenehm wie möglich verläuft, wären noch einige andere Punkte zu beachten, auf die ich jetzt aber nicht im Einzelnen eingehen möchte. Sollten Sie diesbezüglich Fragen haben, kontaktieren Sie mich einfach.)
Machen Sie sich ausreichend Gedanken, ob Sie bereit sind, ein Leben mit einem Lebewesen zu teilen, das möglicherweise gänzlich andere Bedürfnisse hat als Sie (lieben Sie die Bewegung an der frischen Luft, ungeachtet der Wetterlage?). Ob Sie bereit sind, sich den anfänglichen Eingewöhnungsschwierigkeiten, die mit Ihrem neuen Freund verbunden sein könnten, zu stellen. Überlegen Sie sich gut die Konsequenzen, die es auf jeden Fall haben wird und haben könnte, wenn Sie einen Hund in Ihr Leben holen. Und bitte bedenken Sie auch, dass ein Hund ein leidensfähiges Mitgeschöpf ist, dass wir nicht einfach fortschieben dürfen, wenn es nicht unseren Vorstellungen entspricht (das kann ich gar nicht oft genug sagen).Dabei sind es gerade die verhaltensauffälligeren Hunde, von denen wir lernen können, die oftmals viel bemühter sind, sich mit uns auseinanderzusetzen, weil ihnen bewusst ist, wie sehr sie uns brauchen, weitaus mehr als ihre Artgenossen, die in sich ruhen. Freundschaft und Partnerschaft ist etwas was sich entwickelt, die Richtung die diese Beziehung nimmt, geben alleine wir vor.
Eines kann ich Ihnen versichern, der Aufwand, der mit dem Einzug eines Hundes einhergeht, wird von Ihrem Hund in unbeschreiblicher Weise gedankt.
* „Soziale Deprivation (sozialer Erfahrungsentzug) führt zum Deprivationssyndrom, einem Symptomkomplex mit phasenspezifischer Genese (Entwicklung). Es handelt sich um eine schwerwiegende Entwicklungsstörung, die sich auf alle Verhaltensbereiche auswirken kann, einen Komplex von Verhaltensstörungen, die durch Vorenthalten oder Entzug sozialer Erfahrungen bedingt ist und die Kommunikation mit der Umwelt zeitlebens mehr oder weniger ausgeprägt bzw. irreversibel (unumkehrbar) einschränkt. So können Bewegungsstereotypien auftreten oder zwanghafte Stereotypen sozialen Verhaltens (ein Hund kontrolliert permanent seinen Sozialpartner und sein Verhalten ist auf dessen Verhalten fixiert). Diese Symptome kennzeichnen das Deprivationssyndrom, welches zudem durch ständige Unruhe oder Apathie, plötzliche aggressiver Reaktionen und vielschichtige zwanghafte Gewohnheiten charakterisiert ist. Erkundungs- und Spielverhalten sozial deprivierter Hunde sind gestört, ihre Lernleistungen sind verringert. Hinzu kommen die herabgesetzte Fähigkeit oder Unfähigkeit zu sozialen Kontakten, wie die Unfähigkeit zur sozialen Eingliederung.“ (Dorit Urd Feddersen Petersen)
- allgemeiner Ängstlichkeit
allgemeiner Nervosität
gestörte Angstkontrolle
gestörte Erregungskontrolle
gestörte Frustrationskontrolle
verstärkte Angst-Aggression
Zwangsverhalten
Hyperaktivität / Hypersexualität
erhöhte Wachsamkeit
Neigung zu Trennungsangst
Neigung zu Phobien
16. Erwartungen und wie Hunde so sind
In unseren Köpfen ist ein Bild „wie Hunde so sind“. Dieses Bild ist geprägt durch Heldenhunde aus TV und Kino, aus diversen Hundeunterhaltungsshows, überliefertem / fragwürdigem „Wissen“ über Wölfe und anderen starren Überzeugungen. Dazu kommen nicht zuletzt unsere Erwartungen, die wir mit der Adoption eines Hundes verbinden. Und nicht zuletzt unsere Wünsche und Hoffnungen, von denen wir nicht bereit sind abzulassen, und die wie ein Fluch auf unseren Hunden lasten. Und wie bei menschlichen Partnerschaften auch, je mehr wir erwarten, desto größer kann die Enttäuschung sein.
Unsere Partnerwahl, ob nun zwei- oder vierbeinig, ist selten realistisch und wird selten geschlossen, um dem Anderen gut zu tun. Ein Hund soll UNS gut tun. Er SOLL so sein wie die Heldenhunde Lassie, Rex, Hachikō; intelligent, todesmutig und treu bis in den Tod. Was den ersten Punkt angeht, werden sie uns auch nur selten enttäuschen, und wenn dem so ist, dann liegt das nicht unbedingt an dem Hund. Doch schon mit den beiden anderen Eigenschaften wird es brenzlig. Tatsächlich sind die meisten Verhaltensauffälligkeiten bei Hunden auf Angst zurückzuführen (erwarten Sie aber bitte nicht, dass jeder Trainer das erkennt, aber dazu habe ich mich bereits in anderen Texten deutlich geäußert.) Diese Tatsache verwundert auch kaum, wenn man sich etwas mit der Sozialisierung von Hunden (oder Lebewesen im Allgemeinen) auskennt und die bisherigen Lebensumstände der Hunde näher betrachtet.
Wir glauben, alle Hunde seien gleich (tun das Pferde- oder Katzenhalter eigentlich auch?) oder zumindest so, wie es im Rassekatalog steht. Dass Hunde Lebewesen sind, mit einer Fülle von Erfahrungen, die sie geprägt haben und die ihr Verhalten mehr oder weniger immer beeinflussen werden, vergessen wir. Wie wir Menschen auch, wird das Wesen der Hunde (wie alle Lebewesen), durch ihre Erfahrungen geformt. Und leider steht das auch in keinem Buch.
Wir suchen unsere vierbeinigen Partner -ebenso wie unsere zweibeinigen ;-) - also in erster Linie nach Aussehen aus. . Manch einer bezieht in seine Entscheidung noch eines der unzähligen Hunderassebücher mit ein (je nach Autor- woher die das wohl alles wissen?- wird eine Rasse mal argwöhnisch und misstrauisch und anderes Mal als kinderlieb und verschmust beschrieben?!!) Rassebücher können Sie also auch vergessen, d.h. diejenigen, die diese als Hilfe hinzugezogen haben, sind auch nicht besser dran. Und von der Vorgeschichte unseres Vierbeiners hören wir selten etwas und wenn doch, wird das Schlimme einfach weggelassen oder wir ziehen die falschen Rückschlüsse.
Kurz und gut: Bei Ihnen zieht Lebewesen ein von dem sie im Grunde GAR NICHTS wissen, an das Sie aber jede Menge Hoffnungen, Wünsche und Erwartungen knüpfen. Enttäuschungen, Unsicherheiten, Stress und Frustration sind vorprogrammiert. Wenn wir uns aber die Lebensumstände, das soziale Umfeld und vor allem die Erfahrungen, die unser neuer Freund mit Menschen gemacht hat, genauer ansehen, wird uns schnell klar, dass sich daraus nicht immer ein selbstbewusster, in-sich-ruhender und unkomplizierter Charakter entwickeln kann.
Vor dem Hintergrund wird deutlich, dass manch ein Hund erst einmal gerettet werden muss, weil er traumatisiert oder erhebliche Deprivationsschäden aufweist! Diese Hunde können keine Erwartungen erfüllen und bangen in erster Linie um ihr eigenes Überleben! Diese Hunde brauchen einen liebevollen Retter, keinen Dompteur oder Tierabrichter (und schon gar nicht Cesar Milan!)
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17. DOMINANZ- Monster Hund
Die Medien sind voll mit Berichten über Hunde, die Menschen gerettet haben, über ihre einzigartige Treue und ihre unbeschreibliche Loyalität. Und jeder, der jemals einen Hund als Freund hatte, wird diese Darstellung genau so bestätigen.
Auf der anderen Seite, wollen uns die Hundekenner weis machen, dass unsere Hunde nichts anderes als die Machtübernahme im Kopf haben und dass ihre Herrschsucht an permanenten Machtdemonstrationen erkennbar sei. Selbst ein vorsichtiges Stupsen, ist demnach ein deutliches Zeichen des hundlichen Herrschaftsanspruches. Wenn das für den Hund nicht derart dramatische Folgen hätte, könnte ich darüber auch herzhaft lachen. Aber das Lachen darüber ist mir mit den Jahren abhanden gekommen, weil ich tagtäglich sehe, welche Auswirkungen diese Fehlinterpretationen auf das Leben unserer Hunde haben. Nicht allein, dass viele von ihnen bis zu ihrem letzten Tag unverstanden blieben, was auch immer mit einer Isolation einhergeht. Viele Hunde werden in kleine Käfige weggesperrt, weil selbst ihre Verlassensängste mit Dominanzgehabe erklärt wird!! Viele müssen hungern und dursten und werden körperlich und seelisch eingeschüchtert bis hin zur Traumatisierung.
Lieber Hundehalter: Lassen Sie es nicht zu, dass man Ihren gesunden Menschenverstand beleidigt. Ein Anstupsen durch Ihren Hund ist nichts anderes als eine Kontaktaufnahme. Was genau Ihr Hund Ihnen damit sagen möchte, werden Sie sehen, wenn Sie hinschauen. Ein Knurren im Spiel ist nichts anderes, als ein Laut des Spieleifers. Ein Zwacken beim Toben passiert sehr schnell, weil Hunde nur ihren Fang zum greifen haben. Ein Hund, der nicht vom Sofa möchte und dieses durch knurren anzeigt, ist nicht dominant, er kommuniziert! (Dr. Dorit Urd Feddersen-Petersen, eine der führenden Hundeverhaltensforscherinnen:“ Ein Hund der knurrt ist nicht aggressiv, er kommuniziert!“) Ein Hund, der versucht den Spaziergang mitzugestalten (welche Richtung, welche Geschwindigkeit etc) ist nicht dominant, er möchte wahrscheinlich nur die Zeit des Nichtgelangweiltseins etwas heraus zögern. Ein Hund, der Sie anbellt, möchte Ihnen etwas mitteilen, möchte Ihre Aufmerksamkeit oder ist schlicht erregt, dominant ist er nicht. Diese Liste könnte ich noch beliebig lang weiterführen. Die Verunsicherung der Hundehalter ist grenzenlos. Zum Thema Dominanz habe ich bereits diverse Erklärungen abgegeben, nehmen Sie sich etwas Zeit sie zu lesen. Auch die kleine Broschüre „Dominanz Tatsache oder fixe Idee“ von Barry Eaton kann sehr hilfreich sein.
Bitte versuchen Sie all dieses Pseudowissen wieder aus Ihrem Kopf zu verbannen. Schauen Sie wieder Ihrem Hund in die Augen und vertrauen Sie auf Ihre innere Stimme und Ihre Intuition. Und glauben Sie mir, der Hund möchte nicht Ihr Chef werden (Rudelführer geht schon gar nicht, weil Sie dazu selbst ein Hund sein müssten und zudem auch noch Teil seiner Familie, also Vater, Mutter oder Kind). Kein Lebewesen auf diesem großen Planeten strebt nach der Vorherrschaft über eine Welt, die es nicht versteht, AUCH NICHT IHR HUND.
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und nochmals Dominanz, oder
18. Trauriges Schicksal: Unverstanden
Ich bin immer wieder zutiefst bestürzt, wie oft und wie rigoros unsere Hunde in ihrem Verhalten missverstanden werden. Dabei ist ihre Sprache gar nicht so schwer zu deuten. Und nichts deutet darauf hin, dass diese Falscheinschätzungen (und die damit einhergehenden Konsequenzen für die Hunde) in naher Zukunft ein Ende haben werden. Im Gegenteil, in den letzten Jahren hat sich das Wort DOMINANZ und RUDELFÜHRUNG regelrecht in unseren Köpfen eingebrannt. Es geht bei dem Thema Hund nur noch um diese beiden Begriffe! (Auf beide Begriffe bin ich auf meiner Internetseite mehrfach eingegangen).
Wir haben uns tatsächlich mit den Jahren immer mehr von unseren Hunden entfernt. Davon, mit ihnen zu kommunizieren und davon, sie zu verstehen. Jede Regung eines Hundes wird mittlerweile als Dominanzgeste eingestuft. Die Herren und Damen Hundesachverständigen sollten, bevor sie diese Bezeichnungen verwenden, erst einmal begreifen, was sie überhaupt bedeuten! Wenn diese Ausdrücke erst einmal verstanden wurden, wird jedem klar, wie unsinnig sie sind!
Dominanz oder Überlegenheit wird oft verwechselt mit dem Streben nach einem gewissen Status. Hunde werden den Menschen sehr wahrscheinlich, schon aufgrund seiner Größe, als überlegen sprich dominant einstufen. Ein Kampf um die Machtposition macht zudem keinen Sinn, da Hund und Mensch in verschiedenen Welten leben (Hunde können die Welt der Menschen nur sehr begrenzt verstehen, wie sollten sie diese anführen wollen?). Dazu kommt, dass ein Kampf mit einem vermeintlich Stärkeren nur dann Sinn macht, wenn das eigene Überleben in Gefahr ist, oder um die Fortpflanzung zu sichern. Das Machtstreben, lieber Leser, IST IN UNSEREN KÖPFEN, nicht in denen der Hunde! Ein Hund, der einen Menschen anknurrt, weil er ihm sein Spielzeug oder Futter wegnehmen möchte, zeigt kein Dominanzverhalten sondern kommuniziert „lass das“, mehr nicht.
Ein Beispiel:
Stellen Sie sich einmal vor, Sie würden Ihren Partner oder Partnerin nach einem Streit für 3 Stunden in den Keller sperren. Was meinen Sie wohl, wird dieser oder diese machen, wenn Sie die Kellertür wieder öffnen? Nun stellen Sie sich bitte vor, Sie hätten Ihren Hund in den Keller gesperrt. Was zeigt dieser, wenn Sie die Tür öffnen? Stimmt, er wird sich freuen (es sei denn er fürchtet Sie). Würde ein Lebewesen, das Sie dominieren will, ein derartiges Verhalten zeigen?
Und warum zeigen Hunde auch im Umgang mit uns Menschen fortwährend Beschwichtigungssignale, die nichts anderes bedeuten wie „tu mir nichts, ich tu dir auch nichts“? Glauben Sie etwa Ihr Hund will Sie nur täuschen? Beschwichtigung macht einen großen Teil der Körpersprache bei Hunden aus. Hunde sind – von wenigen Ausnahmen abgesehen- stets bemüht, einen Konflikt zu vermeiden! Und an dieser Stelle möchte ich noch einmal anführen: Dass so wenig Menschen durch Hunde verletzt werden, obwohl Einschüchterung -mit und ohne Schmerzzuführung- bei der Hundeerziehung das Mittel der Wahl ist, und obwohl der Mensch häufig seine Machtposition missbraucht, ist hauptsächlich auf das friedfertige Wesen der Hunde zurückzuführen!
Es scheint, dass es der Mensch ist, der sein Machtstreben auf den Hund projiziert. Bitte lieber Hundehalter, schenken Sie derartigem Unsinn keine weitere Aufmerksamkeit mehr und studieren Sie stattdessen die Sprache Ihres Hundes. Sie werden überrascht sein, wie leicht diese erlernt werden kann und was Ihnen Ihr Hund erzählt.
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19. Alleine bleiben…
Oft hört man: Mein Hund kann locker 8 Stunden alleine bleiben. Ich frage mich, woher wollen die Menschen das wissen? Fakt ist: Der Hund BLEIBT 8 Stunden alleine, er hat schließlich keine Wahl. Und vielleicht dringt auch kein Laut der Trauer oder der Verzweiflung an irgendjemandes Ohr. Halter, die es wirklich wissen wollen, filmen ihren Hund während des Alleineseins, doch auch das gibt nur bedingt Aufschluss, wie es dem Hund wirklich geht. Selbst ein Hund, der regungslos in seinem Körbchen liegt, kann verzweifelt sein. Bestenfalls schläft der Hund, ohne Frage, ein Hinweis, dass es für ihn okay ist. ABER kein Hund schläft 8 Stunden…
Leider ist es trauriger Alltag für viele Hunde, alleine zu sein, ohne es gelernt zu haben, angespannt, nervös, unsicher und unfähig zu schlafen.
Selbstverständlich ist ein Zusammenleben zwischen Hund und Mensch in vielen Punkten ein Kompromiss. Wie könnte es auch anders sein, wo beide Seiten doch in einigen Punkten grundverschiedene Bedürfnisse haben? Wir sollten stets darauf achten, dass immer ein Kompromiss gesucht wird, der für beide Seiten das Beste ist. Dabei sollten wir aber auch vorher und nachher abwägen. Wenn ich z.b. einen Hund von der Straße hole, wo er Hunger, Durst, Kälte, Angst und Gewalt ausgesetzt war, ist es sicher besser, ihn für ein paar Std alleine zu lassen (sofern er die Möglichkeit hatte, es zu lernen), als ihn in seiner oft ausweglosen Situation auf der Straße sich selbst zu überlassen.
Wie aber bringe ich dem Hund nun bei, dass Alleinebleiben aushaltbar und nicht angstbesetzt ist?
Fangen Sie wenn möglich vom ersten Tag an, wenn der Hund bei Ihnen einzieht, mal eine Tür hinter sich zu schließen, ruhig und liebevoll. Ganz nach Gefühl, nicht zu lange, nicht zu oft. Ihr Hund schaut sich seine neue Welt an, und es ist gut, wenn er in dieser Beobachtungsphase gleich lernt, dass Menschen von Zeit zu Zeit aus dem Raum/Haus gehen und gleich wieder kommen. Steigern Sie diese Zeiten langsam.
Wenn Ihr Hund bereits Verlassensangst aufgebaut hat (bellt, jault, zerstört die Wohnung etc.) müssen Sie in kleinen Schritten die Auslösereize löschen. Beispiel: Ihr Hund wird nervös, wenn Sie Ihren Schlüssel nehmen, weil er gelernt hat, dass damit Ihr Verschwinden eingeleitet wird, müssen Sie als Erstes den „Haustürschlüsselreiz“ löschen, indem Sie mehrfach am Tag einfach mal den Schlüssel nehmen, in die Hose stecken etc. und damit durch die Wohnung gehen, sich aufs Sofa setzen oder was auch immer. Variieren Sie das Schlüsseltraining, aber ignorieren Sie Ihren Hund dabei völlig. Hunde sind sehr schlau und merken gleich, wenn eine Szene nur gestellt ist! Wiederholen Sie das Schlüsselnehmen mind. 20x am Tag und so lange, bis ihr Hund bei diesem Reiz völlig entspannt (und ich meine WIRKLICH entspannt liegen bleibt, also kein aufhochen und kein beobachten durch Ihren Hund!) Wenn Ihr Hund darauf nicht mehr reagiert, ziehen Sie sich z.B. nachdem Sie den Schlüssel genommen haben, die Schuhe an. Gehen Sie so vor, wie zu Beginn usw. bis Sie nach und nach alle Reize, die ein Weggehen dem Hund anzeigen ausgelöscht haben. Diese Reize sind i.d.R.: Schlüssel, Schuhe / Jacke anziehen, Tasche nehmen, zur Wohnungs- oder Haustürgehen, die Haustür schließen… Wenn Sie alle Reize gelöscht haben und draußen sind, gehen sie erst einmal ein paar Tage unvermittelt wieder rein. Beachten Sie die stürmische Begrüßung nicht groß, denn es ist ja „ganz normal“ kurz zur Tür hinaus zu gehen. Steigern Sie die Zeiten langsam. Bei Angst gilt: Am Anfang MINIschritte, diese eine ganze Zeit nur sehr gering steigern und später können die Schritte größer werden. Auch an dieser Stelle: Hundetraining scheitert meistens an zu großen Schritten. Nehmen Sie sich Zeit, Angst überwindet niemand von heute auf morgen.
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20. Hund abzugeben…
Leider gehört auch das zum traurigen Alltag vieler Hunde, dass sie nicht mehr gewünscht sind. Sie werden weitergegeben, abgeschoben, weggegeben. Fairerweise muss ich sagen, dass es auch Umstände gibt, die wirklich nicht mehr vom Halter zu beeinflussen sind. In den meisten Fällen aber wird diese Entscheidung zu schnell getroffen, oder es war die Entscheidung an sich –einen Hund zu holen- die zu schnell getroffen wurde. Natürlich ist es besser, dass für einen Hund ein neues Zuhause gesucht wird, wenn er nicht (mehr) erwünscht ist. Das Traurige ist nur, dass diese Hunde häufig angstbedingte Verhaltensstörungen zeigen, die den neuen Halter auch schnell frustrieren und überfordern. Wobei die Angstproblematik hinter den meisten Verhaltensauffälligkeiten noch nicht einmal gesehen wird. Wie auch, wo doch die Damen und Herren Hundeflüsterer, Hundetrainer und Hundefachkundigen aus TV und Nachbarschaft vorherrschend damit beschäftigt sind, den Hund zusätzlich zu malträtieren und zu stressen. Die offensichtliche Notwendigkeit, nämlich die Ursache für das Verhalten zu ergründen, um es zu verändern, kommt ihnen dabei nicht einmal in den Sinn. Aber dazu bedarf es auch mehr, als es das übliche Repertoire der Hundedompteure hergibt. Ein unendlicher Teufelskreis, Verlierer ist wie immer das Tier.
Ich möchte jeden Hundehalter-vorausgesetzt er liebt seinen Hund wirklich- ermutigen, sich professionelle Hilfe zu holen. Und damit meine ich nicht all diejenigen, die mit Schepperketten,–dosen oder sonstigen Wurfgeschossen, den letzten Rest an Sicherheit aus den Hunden heraus schleudern. Ich meine auch nicht all diejenigen, deren einzige Vorgehensweise Luftabdrücken, Anschreien, Leinenruck oder andere schmerz- bzw. angsteinflößenden 0815/Methoden sind, die die Hunde nur noch tiefer in ihre Verzweiflung stürzen! Und ich möchte jeden Hundehalter dringend ans Herz legen, jeden Hundetrainer, der derart vorgeht, bei der zuständigen Behörde zu melden, damit dieses Elend endlich ein Ende nimmt!
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass es oft andere und bessere Lösungen gibt, als den Hund weiterzureichen. Diese Möglichkeiten sehen wir nur deshalb oftmals nicht, da wir uns viel zu sehr in unseren Gewohnheiten verloren haben.
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21. Wie gewöhnen Sie Ihren Hund an angstauslösende Situationen?
Führen Sie Ihren Hund an das, was er fürchtet, langsam und ruhig heran. Bleiben Sie mit Ihrer ganzen Aufmerksamkeit bei Ihrem Hund, ruhig, leise und freundlich redend. Beobachten Sie dabei genau sein Verhalten. Sowie sich seine Körperspannung, seine Atmung (Hecheln), seine Körperbewegungen verändern, bleiben Sie stehen. Die Annäherung sollte grundsätzlich in kleinen Schritten erfolgen. Lassen Sie Leckerlies auf den Boden fallen, solange er diese in seiner üblichen Art frisst ist es gut (wird er hektischer im Aufnehmen des Futters, ist sein Stresspegel schon deutlich erhöht, d.h. nicht näher herangehen!). Bleiben Sie immer nach einigen Schritten stehen und schätzen Sie die Befindlichkeit Ihres Hundes ein (Körperspannung, Stressanzeichen etc.). Wenn Sie anhand des Ausdrucksverhalten Ihres Hundes merken, dass sich sein Stresspegel erhöht hat, gehen Sie wie folgt aus der Situation heraus: Nehmen Sie eine Handvoll Futter in die halbgeschlossene Hand, halten Sie ihm diese Futterhand vor die Nase, sodass er sich sein Futter nach und nach „herausarbeiten“ kann und führen Sie ihn an der Futterhand aus der Situation WEIT GENUG hinaus.
Jedes Mal, wenn Sie wieder auf den angstauslösenden Reiz treffen, führen Sie Ihren Hund 1-2 Schritte näher heran. (Beachten Sie, dass jedes Tier seine eigene Geschwindigkeit hat, in der er sich an etwas gewöhnen kann, daher ist die Angabe von 1-2 Schritten nur eine vage Angabe! Möglicherweise können Sie erst nach einer gewissen Anzahl an derartigen Konfrontationen mit der Distanzverringerung anfangen.) Lassen Sie immer wieder Futter zu Boden fallen, reden Sie freundlich-leise und gehen Sie wie oben beschrieben wieder aus der Situation heraus. Ist der Hund „hochgefahren“, war der Versuch vergebens, denn Gewöhnung funktioniert ausschließlich, wenn das Tier keinen Stress dabei empfunden hat.
Die Gewöhnungszeit ist – wie bereits beschrieben - ganz individuell, es können Wochen, Monate oder Jahre sein, je nachdem wie schwer Ihr Hund traumatisiert ist. Aber liebevolle Ausdauer zahlt sich immer aus, denn auch in Fällen, wo keine gänzliche Angstüberwindung stattgefunden hat, sind die Angstreaktionen deutlich geringer und der Hund sichtbar entspannter.
Anmerkung: I.d.R. gehen wir viel zu schnell auf und viel zu nah an das heran, was der Hund fürchtet. Grundsätzlich gilt: LIEBER ZU FRÜH ALS ZU SPÄT AUS DER SITUATION WIEDER HERAUS GEHEN! Entwickeln Sie ein Gespür für Ihren Hund, seine Angst und seine Körpersprache und beurteilen Sie unbedingt jede angstauslösende Situation neu! Finden Sie heraus, in welcher Geschwindigkeit Sie sich mit Ihrem Hund an den angstauslösenden Reiz annähern können und welche Distanz er benötigt, um sich noch sicher zu fühlen. Die sogenannte Individualdistanz ist abhängig von dem was den Hund ängstig, von seiner Tagesform bzw. seiner Befindlichkeit, von seinen Erfahrungswerten etc., d.h. Sie müssen die jeweilige Individualdistanz immer wieder durch beobachten Ihres Hundes neu einschätzen.
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22. Woran erkennen Sie einen guten Hundetrainier?
1. Er/Sie nimmt sich ausreichend Zeit den Hund kennenzulernen, denn jeder Hund ist individuell. Sein Charakter, seine Erfahrungen, seine genetische Disposition.
Es kann KEIN Standardtraining geben, vielmehr muss dieses auf den Hund, seine Lebensumstände, den Halter und die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmt werden. Jeder Hund hat aufgrund seiner Individualität eine eigene Lernweise, seine eigene Lernbegabung und seine eigene Lernbereitschaft. Besondere Aufmerksamkeit gilt bei Ängstlichkeit, Unsicherheit oder Scheue. Diese sind erfahrungsgemäß ursächlich für die häufigsten Verhaltensprobleme -wie zum Beispiel Aggression - verantwortlich. Wird z.B. Angst nicht als Ursache für das Aggressionsverhalten erkannt, ist ein effektives Training unmöglich. Stattdessen steigt die Aggressionsbereitschaft häufig kontinuierlich an.
2. Er/Sie ist sicher in der Einschätzung des hundischen Ausdrucksverhaltens. Dazu gehört die Körpersprache im Allgemeinen (Neutralhaltung, Drohverhalten, Angst etc), Stressanzeichen, Beschwichtigungssignale.
Wichtig ist auch hier: jeder Hund hat seine ureigene Körpersprache. Allgemeingültige Aussagen sind eher kritisch zu beurteilen. Ein gutes Gespür für die jeweilige Befindlichkeit ist unentbehrlich.
3. Er/Sie arbeitet gewaltfrei und ohne jede Form der Einschüchterung.
Auf diesen Punkt möchte ich intensiver eingehen, damit Ihnen klar wird, was Gewalt, ob physisch oder psychisch, bewirkt.
Vertrauen ist die Grundvoraussetzung für ein effektives Hundetraining. Ein Tier, das erfahren hat, dass Menschen schnell laut, grob oder gar brutal werden, konzentriert sich hauptsächlich auf Fluchtmöglichkeiten! Selbst bereits erlernstes Verhalten ist für den Hund kaum noch abrufbar, wenn er uns als unberechenbar eingestuft hat. Ist das Vertrauen erschüttert, muss erst daran gearbeitet werden, dieses wieder herzustellen. Es wird allerdings nicht immer möglich sein.
Zum besseren Verständnis: Wie gut können Sie Neues lernen oder bereits sicher Erlerntes fehlerfrei wiedergeben, wenn Sie dazu von einem Menschen aufgefordert werden, der Sie bei einer falschen Antwort schlagen wird? Wie gut können Sie sich auf eine neue Aufgabe konzentrieren, wenn Sie ständig davon ausgehen müssen, dass Sie bei dem kleinsten Fehler rüde zurechtgewiesen werden?
Auch der Einsatz von Schepperdosen oder anderen Utensilien, die eingesetzt werden, um den Hund zu erschrecken ist absolut kontraproduktiv (und tierschutzrelevant). Was haben Sie gewonnen, wenn Ihr Hund zwar gelernt hat, das Eine oder andere aus Angst zu unterlassen, dafür aber schreckhaft, unsicher oder gar neurotisch geworden ist? Ein schreckhafter oder unsicherer Hund ist schwerer einzuschätzen und sein Verhalten ist künftig mühevoller (in manchen Situationen gar nicht mehr) zu lenken.
Stress – wodurch auch immer ausgelöst - wird den Hund blockieren, Konzentration auf das Training ist wenig bis gar nicht mehr möglich. Andauernder Stress wird den Hund mehr und mehr verunsichern, ihn apathisch oder neurotisch werden lassen.
Auch der Leinenruck wird den Hund in seinem Vertrauen in Sie erschüttern und seinen Stresspegel deutlich erhöhen! (Leinenruck kann schnell zu Verletzungen führen und ist schmerzhaft. Darüber hinaus ist er in vielen Fällen überhaupt erst der Auslöser für spätere Problemen an der Leine, speziell bei Hundebegegnungen). Der Leinenruck ist also in keinster Weise geeignet, den Hund am Toben oder Zerren an der Leine zu hindern und dass, obwohl wir i.d.R. genau das damit erreichen möchten. Auch hierzu ein Beispiel:
Sie gehen mit Ihrem Freund Ihrer Freundin spazieren und Sie treffen auf eine Person, die Sie regelrecht auf die Palme bringt. Ihr(e) Begleiter/ Begleiterin rammt Ihnen unvermittelt den Ellenbogen in die Seite und faucht Sie an: „Halt jetzt bloß die Klappe!“ Was schätzen Sie, wie geeignet ist diese Aktion, um Sie zu beruhigen?
Fazit:Bezahlen Sie niemanden dafür, Ihren Hund zu stressen, zu erschrecken oder gar Schmerzen zu bereiten. Sie brauchen keine ausgefallenen Tipps Ihren Hund gewaltsam ins Meideverhalten zu bringen, i.d.R. sind wir diesbezüglich (leider!) meist kreativ genug!
Bleiben Sie kritisch bei Allem was Sie hören, sehen oder lesen, ob im Fernsehen, Internet oder aus Bücher; ob von Trainern oder selbsternannten Hundeprofis! Und bedenken Sie, eine Aussage wird nicht dadurch richtig, nur weil sie ständig wiederholt wird!
Setzen Sie stattdessen Ihren gesunden Verstand ein und fühlen Sie sich in Ihren Hund hinein (wie würde ich mich an seiner Stelle fühlen und was müsste geschehen damit ich….)
Nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihrem Hund. Er hat gelernt, Sie nur durch Beobachtung einzuschätzen und tatsächlich kennen Hunde ihre Menschen oft besser als umgekehrt.
Vermeiden Sie Interpretationen (mein Hund macht das, weil….). Sie sind selten richtig und nur in Ausnahmefällen zielführend.
Sein Sie für Ihren Hund der Trainer, der Sie selbst am weitesten gebracht hätte und bleiben Sie stets wohlwollend und fair.
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23. Kalea
Kalea ist eine Hündin aus Rumänien. Als sie in ihrer deutschen Pflegefamilie angekommen ist, hat sie erst einmal nur unter dem Tisch gewohnt. Dies ist das erste ungewöhnliche an der Geschichte von Kalea. Nicht, weil sie sich an dem vermeintlich sichersten Ort verkrochen hat, sondern weil man sie unter den Tisch gelassen hat. Sie wurde nicht darunter hervor gelockt, oder gar zur Flucht genötigt. Sie durfte dort bleiben. Futter und Wasser wurden unter dem Tisch gereicht.
Etwas Besseres hätte Kalea zu dieser Zeit wahrscheinlich nicht finden können. Nichts wurde von ihr erwartet, es wurde ihr einfach Zeit gegeben, das neue Leben zu beobachten und als ungefährlich einzustufen. Sie brauchte Zeit, die Schrecken und Qualen aus der Vergangenheit zumindest soweit zu überwinden, dass sie es wagen konnte, den Schutz des Tisches und der Wände zu verlassen. Pflegestellen mit so viel Einfühlungsvermögen möchte ich an dieser Stelle meinen aufrichtigen Respekt aussprechen. Tatsächlich ist es oft so, dass diese gequälten Seelen, erst einmal nichts anders brauchen und wünschen als ein sicherer Ort und Menschen, die nichts von ihnen erwarten.
Nach dem Zwischenstopp unter dem Tisch zog Kalea endgültig in ihr neues Zuhause ein. Die Menschen in ihrem neuen Leben gehen ebenfalls sehr behutsam und einfühlsam mit ihr um. Auch hier wird nichts von ihr erwartet, sie darf einfach sein und sich einleben.
Kalea ist eine recht unsichere Hündin, wahrscheinlich hat sie, wie viele ihrer Art- und Leidensgenossen kaum etwas von der Welt kennengelernt und vor allem wenig Gutes. Und trotzdem hat sie sich tapfer bemüht, sich in das neue Leben einzufinden. Die Menschen in ihrem Zuhause wurden schnell und dankbar ins Herz geschlossen. Das Leben außerhalb dieser sicheren Wände braucht noch Zeit. Der liebevolle Umgang und die vielen Rituale haben ihr aber auch draußen schon gut geholfen.
Anfangs war gar nicht daran zu denken mit Kalea Auto zu fahren. Sie wollte sich nicht einmal einem Auto nähern. Aber mit viel Geduld, vielen kleinen Schritten und vor allem mit einem Training ganz ohne Druck ist sie heute eine begeisterte Mitfahrerin! Das hat zwar ein halbes Jahr gedauert, aber nun hat sie für den Rest ihres Lebens keine Angst mehr vor dem Auto und kann überall mitgenommen werden.
Ein weiteres Problem für Kalea ist die Weite der Landschaft. Sobald sie die Enge der Straßen verlässt, wird sie unsicherer. Die behutsamste und wahrscheinlich auch effektivste Herangehensweise an dieses Problem war, dass Kalea selbst die Geschwindigkeit vorgeben durfte, wie schnell und wie weit sie sich in die beängstigende Weite(Feldmark) hinein wagen konnte. Wieder wurde nichts von ihr erwartet. Sie war es schließlich, die mit der Angst zu kämpfen hatte. Sie war es, die gelähmt vor Furcht war und daher konnte auch nur sie die Geschwindigkeit vorgeben. Von Tag zu Tag wurde sie mutiger und neugieriger auf die unbekannte Weite. Heute setzt sie sich noch von Zeit zu Zeit einfach hin, wenn die Angst wieder hochsteigt. Aber so wie die Leine am Brustgeschirr einklinkt wird, ist wieder alles okay und sie kann des Weges gehen!
Das Kalea in weniger eines Jahres so weit gekommen ist, ist einzig dem Umstand zu verdanken, dass ihre Menschen ihre Angst weder ignoriert oder gar bestraft haben. Sie haben Kaleas Verhalten richtig gedeutet und geben ihr noch heute in beängstigenden Situationen Sicherheit.
Warum ich die Geschichte von Kalea erzähle hat mehrere Gründe. Zum Einen möchte ich die Hundehalter ermutigen, geduldig sich den Ängsten und Unsicherheiten der Hunde zu stellen. Unsere Tiere können schließlich nichts dafür, dass sie keinen guten Start ins Leben hatten. Liebe und Geduld zahlen sich letztlich immer aus, für alle Beteiligten. Und ich möchte am Beispiel von Kalea einmal mehr darauf hinweisen, dass wir die Ängste der Hunde auf keinen Fall ignorieren dürfen. Wir müssen unbedingt sensibel für die Gefühle unserer Schützlinge werden. Tatsächlich haben fast alle Hunde mehr oder weniger Angstprobleme und oft keine guten Vorerfahrungen. Sei es, dass sie Gewalt durch Menschen erfahren haben, oder dass sie Probleme in der lauten und hektischen Welt der Menschen haben. Am Beispiel von Kalea möchte ich aber noch etwas verdeutlichen, Unsicherheit, Angst und Furcht haben nicht nur ein Gesicht! Manchmal deutet auch ein Hinsetzen darauf hin, dass unser Hund Stress oder Angst hat.
Leider ist Kaleas Lebenslauf aber eine Ausnahme: Nicht, was die traurigen Lebenserfahrungen angeht, sondern weil sie Menschen gefunden hat, die so geduldig mit ihr umgehen und die nie aufgehört haben an sie zu glauben. Wir haben oft bestimmte Vorstellungen und Wünsche, die wir mit dem Halten eines Hundes verbinden, die Hunde dagegen haben oft erst einmal nur Hilfe und Ruhe nötig. Dazu kommt, dass wir oftmals nicht in der Lage sind, das gezeigte Verhalten richtig einzuschätzen und dann noch die Falschen um Hilfe fragen.
Bitte denken Sie immer daran, dass Angstprobleme zu den häufigsten Verhaltensauffälligkeiten gehören, auch dann, oder vielleicht besonders dann, wenn Aggressionsverhalten gezeigt wird. Hunde brauchen keine „strenge Hand“ oder wie auch immer man das nennen mag, sondern Menschen, die ihnen Selbstbewusstsein geben, damit sie sich an unserer Seite und in dieser Welt wohlfühlen können.
Kalea hat das beste Zuhause gefunden, was ich mir für diese unglaublich hübsche und liebe Hündin denken kann.
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24. Nehmen Sie Ihren Hund bitte nicht mit
wenn Sie zu Veranstaltungen gehen, auf denen es laut oder eng wird, der Hund lange in der Kälte/Wärme stehen muss oder die Veranstaltung ihm in anderer Weise nicht gut tut. Wenn Sie eine Veranstaltung besuchen wollen, hat Ihr Hund wahrscheinlich eh nichts davon. Ich sehe immer wieder Menschen, die ihren Hund durch dichte Menschenmengen zerren, ohne die ängstlichen Blicke und den Stress ihres Tieres zu bemerken. Oder Hunde, die neben ihren Menschen auf dem Weihnachtsmarkt frieren, während der Mensch sich mit Glühwein wärmt. Es gibt wahrlich Hundepelze, die so dicht sind, dass es dem Hund wenig ausmacht. Aber das ist die Ausnahme. Viele Hunderassen bilden zum Beispiel gar kein wärmendes Unterfell mehr. Aber auch ein Stadtbummel bei großer Wärme kann schnell zur Folter werden. ist.
Auch das Anbinden vor dem Geschäft oder Supermarkt ist für viele Hunde mit Stress oder Angst verbunden. Viele Passanten gehen zu dicht, zu schnell, zu laut etc. auf die Hunde zu oder an ihnen vorbei. Wenn dann noch ein Kind angelaufen kommt, dass nur streicheln möchte, kann ein Hund, möglicherweise gar nicht anders reagieren, als sich durch schnappen zu verteidigen. Solche Situationen sind häufig Auslöser für spätere Angstaggressionen, die nur schwer oder gar nicht mehr korrigierbar sind. Überdies fürchten sich viele Hunde bei Lärm wie Straßenmusik, Umzüge, Feuerwerk, Schießübungen usw.
Natürlich ist der Hund nicht gerne alleine, aber letztlich sollten wir bei solchen Entscheidungen immer gut abwägen. Schnell kann es passieren, dass eine Negativverknüpfung hergestellt wird, zum Beispiel, wenn im dichten Gedränge dem Hund versehentlich auf den Fuß getreten wird. So ein Ereignis kann das ganze spätere Leben belasten, weil der Hund Ängste gegenüber Passanten aufgebaut hat.
Verantwortungsvoller Umgang setzt eben manchmal voraus, dass bestimmte Situationen vermieden werden. Daher meine dringende Bitte: Überlegen sie immer genau, ob Sie Ihren Hund mitnehmen, oder ob er nicht Zuhause besser aufgehoben ist.
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25. Hunde nicht vermenschlichen? Oder doch?!!
Gefühle und emotional gesteuertes Verhalten entstehen im zentralen Nervensystem, das heißt Gefühle und Emotionen entstammen unserem Gehirn. Je nach Spezies unterscheiden sich die Gehirne in Größe und Gewicht. Auch die Arbeitsweisen können variieren. Die generelle Funktion der Gehirne jedoch ist bei allen Spezies gleich. Das liegt daran, dass sich das limbische System trotz fortschreitender Evolution kaum verändert hat. Das limbische System hat Einfluss auf das Gedächtnis, den Antrieb und vor allem auf die Steuerung der Gefühle. Mit anderen Worten: Hunde empfinden Freude, Angst, Eifersucht, Trauer, Wut, Einsamkeit, Verlust, Stress etc. etc. genau wie wir Menschen. Auch die sich daraus entwickelten Lösungsstrategien sind nahezu identisch. Für unseren Umgang mit Hunden (und allen anderen Säugetieren) ist das elementar! Wenn wir wissen, dass sie wie wir fühlen und aufgrund bestimmter Emotionen wie wir handeln, können wir uns in sie hineindenken.
Wenn Sie Ihren Hund z.B. in einer beängstigenden Situation beobachten, z.B. beim Zusammentreffen mit einem uneinschätzbaren, fremden Hund, brauchen Sie sich nur in ihn hinein fühlen. Ihr Hund braucht in dem Moment das Gleiche, was Sie brauchen würden, wenn Sie auf einen Fremden treffen, von dem Sie nicht wissen, ob er freundlich oder gefährlich ist: Zeit und eine sichere Distanz. Um etwas als ungefährlich einstufen zu können, braucht es Zeit und das Gefühl (z.B. durch Distanz) nicht in Gefahr zu sein. Erst über die Beobachtung des Fremden kann das Zusammentreffen in sicher oder gefährlich eingeordnet werden. Bedenken Sie: Wenn der Fremde (oder das Fremde) jedoch schon zu nah ist, können weder wir noch die Hunde die Situation als ungefährlich einschätzen.
Die permanente Aussage „Hunde darf man nicht vermenschlichen“ ist somit weder richtig noch hilfreich!!
Wie kam es dazu, dass wir die offensichtliche Ähnlichkeit der Tiere mit uns zeitlebens geleugnet haben? Die Antwort ist einfach: Die Tatsache, dass Menschen schon immer Tiere benutzt, ausgebeutet und gegessen haben, war nur möglich, in dem wir die Gefühle der Tiere und ihre Ähnlichkeit mit uns leugneten. Wie sollten wir damit leben, wenn uns klar wird, dass der kleine Hamster, den wir als Spielzeug für unser Kind kauften, tiefe Verzweiflung empfindet? Wie sollten wir Spaß daran haben, das Pferd als Sportgerät zu benutzen, wenn wir darüber nachdächten, wie wir uns an dessen Stelle fühlten? Wie sollten wir noch gut schlafen können, wenn uns klar würde, wie unglücklich, unverstanden, verängstigt und einsam viele Hunde sind? Und wie sollten wir damit klarkommen, wenn wir den Gedanken zuließen, dass all die Tiere, die wir in dunklen Ställen mästen ließen, ermorden ließen und am Ende in kleinen Stücken auf unseren Tellern hatten, gefühlvolle Wesen wie wir waren? Wir „mussten“ das Offensichtliche leugnen, damit wir unsere Überlegenheit derart ausnutzen konnten.Solche Erkenntnisse verdrängen wir nur allzu gerne, da sie unerträglich sind. Aber Verdrängung hat eine fatale Auswirkung: Sie lässt uns die gleiche Fehler immer und immer wieder machen.
Zurück zu den Hunden…Unsere Wahrnehmungen und unsere Überzeugungen in Bezug auf Hunde hat noch weit unsinnigere Ausmaße angenommen. So werden Hunde häufig als eine Spezies beschrieben, für die verhaltensbiologische Gesetzmäßigkeiten wie naturgegebene Überlegenheit- z.B. durch Größe und Wehrhaftigkeit (und vieles mehr) einfach nicht mehr gelten. Menschen glauben tatsächlich, dass sich kleine Hunde weit größeren Hunden gegenüber dominant fühlen können, weil ihr Verhalten (Bellen und angst-aggressives Agieren,) fehlinterpretiert wird. Wir hören, dass Hunde die einzigen Tiere auf diesem Planeten sind, deren Angst sich abbaut, wenn wir sie ignorieren. Mehr noch, dass es bei Hunden – und nur bei Hunden- eine sogenannte Angstbestätigung gibt. Doch eine verhaltensbiologische Angstbestätigung gibt es nicht. Solche Märchen und Mythen haben dazu geführt, dass wir kaum mehr in der Lage sind, dass Verhalten und die Emotionen unserer Hunde sicher zu bestimmen. Und es hat unsere Überzeugung genährt, dass Hunde- und Menschenverhalten nicht verglichen werden dürfen. Wie aber wollen wir den Hunden helfen, bestimmte Verhaltensweisen nicht mehr zu zeigen, wenn wir nicht einmal verstanden haben, warum sie gezeigt werden und welche Ziele damit verfolgt werden? Verstehen ist immer der Anfang.
Die Verhaltensbiologie (Ethologie) beschäftigt sich mit Verhaltensweisen von Mensch und Tier. Und vermutlich ist der Hund (neben dem Affen) das besterforschte Tier überhaupt. Die Parallelen zwischen Menschen und Hunden (Säugetiere im Allgemeinen) sind frappant.
Denken Sie daran, wenn Sie das nächste Mal Ihren Hund beobachten, der sich z.B. in der viel zu schnellen Annäherung an einen uneinschätzbaren, fremden Hund plötzlich laut und wild gebärdet. Das ist kein Zeichen von Überlegenheit, sondern von Unsicherheit und Angst. Und ein Hund kann die Überlegenheit eines erwachsenen Menschen genauso sicher einschätzen, wie Sie Ihre Unterlegenheit gegenüber eines weit größeren Tieres. So einfach ist das.
Vergessen Sie Ihre Unsicherheit in Bezug auf Ihren Hund und fühlen Sie sich in ihn hinein. Vermenschlichen Sie ihn ruhig in bestimmten Situationen und versuchen Sie zu verstehen, welche Gefühle das jeweilige Verhalten ausgelöst haben. So werden Sie sein Verhalten nicht nur besser verstehen lernen, sondern auch künftig besser einschätzen können.
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26. Wie man einen Hund bricht
Wissen Sie, wie man früher Ochsen gefügig gemacht hat, damit sie sich ohne Probleme vor den Pflug spannen ließen? Man hat ihnen solange die Luft abgeschnürt, bis sie jeden Widerstand aufgegeben haben, bis sie gebrochen waren. Das nennt man erlernte Hilflosigkeit. Und so werden heute noch vielerorts Tiere gefügig gemacht, die für den Menschen arbeiten sollen, z.B. Elefanten und Büffel.
Das Abdrücken der Atmung funktioniert immer, Todesangst macht schnell gefügig. So wird auch in deutschen Hundeschulen der sogenannte Kehlgriff angewandt, der erst gelöst wird, wenn das Tier bereits in den Beinen einsackt. Es funktioniert, der Hund macht anschließend was sie wollen, er möchte ja am Leben bleiben.
Dieser Art der Gefügigmachung bedienen wir uns auch, wenn wir dem Hund ein Würgehalsband anlegen. Die Auswahl an solchen Starkzwangmitteln ist erschreckend und kaum jemand nimmt Anstoß daran. Mit und ohne Stacheln, die stumpf oder angespitzt sind oder mit und ohne Zugstopp. Bei den Würgern ohne Zugstopp zieht sich die Schlinge so eng um den Hals des Tieres, wie es der Hals zulässt. Die Verletzungen an Luft- und Speiseröhre sowie des Kehlkopfes sind enorm. Cesar Millan hat eine eigene Kollektion an Halsbändern, die auf Schmerzzuführung und Würgen abzielen. Dabei brauchte niemand ein Würgehalsband, auch ein normales Halsband kann die Fähigkeit zur Atmung schon empfindlich einschränken, sobald der Hund zieht. Und je schmaler das Halsband, desto größer die Verletzungsgefahr. Ich rate jedem, der ein Halsband (oder gar Würger) benutzt, es einmal an sich selbst auszuprobieren, danach bedarf es keiner weiteren Ausführung. Mehr zu diesem Thema finden Sie in meinen übrigen Texten.
Und weil Würgen so selbstverständlich als Erziehungsmaßnahme eingesetzt wird, haben offenbar viele auch kein Problem damit, einem Menschen dabei zuzusehen, wie er die Todesangst für seine Zwecke perfektioniert und damit noch richtig Geld verdient. Ganz im Gegenteil, der mexikanische Hundeflüsterer hat eine große Fangemeinde! Er verwendet dafür u.a. dünne Schlingen - die sich komplett zuziehen- und hebt damit die Hunde vom Boden ab. Er erhängt den Hund sozusagen. (Ähnliche Drahtschlingen verwenden die Hundefänger auf der ganzen Welt.) Auch Nierentritte und Faustschläge gehören zu seinen gewohnten Umgangsformen gegenüber Hunden. Sein ganzes Tun zielt einzig darauf ab, den Hund durch Angst und Schmerz gefügig zu machen. Bilder und Videos die diese Grausamkeiten dokumentieren sind fast vollständig aus dem Internet gelöscht. Warum wohl? Diese Brutalität hat absolut nichts mit Flüstern zu tun und schon gar nicht mit Magie. Gewalt und Einschüchterung sind uralte Rezepte, welche an Widerwärtigkeit kaum überboten werden können.
Sie sollten auch wissen: Ein Hund, dem das angetan wurde, wird danach sehr wahrscheinlich jedes Vertrauen in seine Menschen, vielleicht sogar in alle Menschen, verloren haben. Eine Zunahme der Angst und damit zusammenhängend auch eine Zunahme an Gewaltbereitschaft ist nach so einem "Spezialtraining" sehr wahrscheinlich.
Besonders dramatisch wird das Ganze, wenn man jetzt noch mal Mensch und Hund vergleicht. Ein Hund, der im Beisein seiner Menschen gequält und gewürgt wurde, wird trotzdem wieder zu seinem Menschen gehen. Der Hund wird trotz Vertrauensverlust, und trotz seiner daraus resultierenden Angst vor Menschen, die Nähe seines Halters suchen.
Ein Mensch, dem das angetan wurde, wird sich von allen abwenden, die bei diesem Gewaltakt tatenlos zugesehen haben…
Ich bin der festen Überzeugung, dass Gewalt niemals zu einem guten Ende führt und dass es IMMER einen gewaltfreien Weg gibt, der allen Beteiligten ein gutes Leben und Miteinander ermöglicht.
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27. Desensibilisierung Silvesterknallerei
Vorgehensweise:
Zu Beginn des Trainings spielen Sie bitte die Silvesterknallerei (z.B.Geräusche CD Don’t be afraid CD oder You Tube https://www.youtube.com/watch?v=r32gHN8GF2M) nur sehr kurz und sehr leise ab (je nach Verhalten des Hundes 5Sek – max.30 Sek). Wichtig ist dabei, dass der Hund dieses nicht als eine gestellte Situation erlebt. Fügen Sie diese Geräusche also ganz selbstverständlich in Ihr derzeitiges Tun mit ein. Werfen Sie eher beiläufig einen Blick auf den Hund, sobald er eine Reaktion zeigt bzw. sobald die Silvesterknallerei zu hören ist, damit Sie den Stresspegel einschätzen können. Aber tarnen Sie Ihre Beobachtung gut, sobald der Hund diese Situation als gestellt oder Training etc erkennt, hat sie nicht mehr die gleiche Wirkung. Die Reaktion Ihres Hundes (bleibt der Hund liegen, stehen oder sitzen, geht oder rennt er weg, jault, fiept oder bellt er…) ist entscheidend für den weiteren Aufbau des Trainings, für die Dauer und die Lautstärke der folgenden Geräuschkonfrontationen.
Das Wichtigste ist, dass der Reiz (Knallerei) nur sehr langsam gesteigert wird. Ein zu schnelles Vorgehen hat den gegenteiligen Effekt! In welcher Geschwindigkeit Sie den Reiz steigern können, wird Ihnen Ihr Hund anzeigen. Wichtig ist, dass Sie immer die Knallerei ausstellen BEVOR der Hund Stress hat.
Ein guter Indikator für das Befinden Ihres Hundes ist u.a. Futter. Versuchen Sie doch zeitgleich eine Gegenkonditionierung: Wenn Sie wissen, dass Sie gleich Geräuschtraining machen wollen, geben Sie Ihrem Hund vorher eine Schale oder einen Kong mit unglaublich leckerem Inhalt. Lassen Sie den Hund kurz vor Beginn der Knallerei anfangen zu fressen. Hört Ihr Hund bei Einsatz der Knallerei mit Fressen auf, schalten Sie sofort wieder aus (ohne hastig zu wirken oder Unruhe zu verbreiten) und machen künftig kleinere und leisere Schritte. Wenn der Hund weiter frisst ist das ein Zeichen, dass Sie die Geräusche noch ein BISSCHEN laufen lassen können. ABER Vorsicht, Stress baut sich schnell auf! Wenn Ihr Hund erst in seine Angst gefallen ist, fallen Sie im Training weit zurück! Wann immer wir versuchen, eine Angst abzubauen, müssen wir sehr sehr behutsam vorgehen. Gerade zu Beginn sind die Schritte winzig klein. Erst nach einer gewissen Gewöhnung werden die Schritte dann größer.
Nachdem der Hund schon liegen bleibt, verändern Sie das Training, stellen Sie das Abspielgerät mal in einen anderen Raum usw., aber weiterhin gilt eine behutsame Vorgehensweise. Um Ihrem Tier die Angst zu nehmen oder zumindest zu schmälern ist es unabdingbar, dass Sie lernen, sich in Ihren Hund hinein zu fühlen. Entwickeln Sie für die Stimmung Ihres Hundes ein Gefühl. Das ist gar nicht schwer, Sie müssen nur hinsehen (Blickkontakt, Atmenfrequenz, Körperhaltung, Muskelspannung etc.) Aber denken Sie daran, beim Geräuschtraining müssen Sie etwas tricksen, ein kurzer Blick ganz beiläufig muss reichen, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Alles andere würde der Hund sofort als eine gestellte Situation empfinden.
Wenn Sie es schaffen, dass Ihr Hund für die gesamte Dauer der Knallerei liegen bleibt, frisst oder sonst wie anzeigt, dass alles okay ist, spielen Sie weiterhin täglich bis zum 31. diese Knallerei im Hintergrund ab und machen Sie ihm diese Zeiten der Knallerei so angenehm wie möglich.
Dieses Training ist kein Garant für ein stressfreies Silvester, aber die beste Möglichkeit, die Knallerei so gut es geht zu verwinden. Lassen Sie aber bitte Ihren Hund Silvester auf keinen Fall alleine, sein Sie für ihn da. Reden Sie freundlich und ruhig mit ihm. Vielleicht bauen Sie ihm eine Höhle, in die er sich zurückziehen kann. Das Aufsuchen eines (vermeintlich) sicheren Ortes ist ganz natürlich und sollte auf keinen Fall verboten werden.
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28. Wut, das hinderliche Gefühl
Wer kennt diese Wut nicht, wenn sich der Hund wieder einmal wie ein (scheinbar!) Irrer verhält und wir uns bis auf die Knochen blamiert fühlen? Oder die Wut, weil der Hund (scheinbar) ungehorsam, aufmüpfig oder was auch immer ist. Es gibt so viele Situationen, in denen wir mit diesem trügerischen und zerstörerischen Gefühl der Wut zu kämpfen haben.
Wut ist ein Zustand gesteigerter Erregtheit und wie jeder von uns weiß, keine günstige Basis, um klar zu sehen oder um richtige Entscheidungen zu treffen. Oft machen wir gerade in solchen Emotionslagen die wirklich gravierenden Fehler, die manchmal nur schwer, manchmal gar nicht mehr korrigiert werden können. Fehlinterpretationen und Fehlentscheidungen sind fast immer die Folge.
Wut gänzlich zu vermeiden wird wohl kaum gelingen, aber vielleicht können Sie die nachfolgenden Regeln beachten:
Wirken Sie erst auf Ihren Hund ein, wenn Sie wieder völlig zur Ruhe gekommen sind UND, wenn Sie verstanden haben, WARUM Ihr Hund z.B. aus der Haut gefahren ist. Seien Sie gewiss, dass es definitiv kein Pöbeln war, wenn Ihr Hund einen Menschen oder einen anderen Hund angebellt hat. Pöbeln ist ein rein menschliches Verhalten, dass nicht von Hunden gezeigt wird. Jedes Verhalten hat eine Ursache, diese gilt es zu erkennen. Häufig ist z.B. aufgebrachtes Verhalten eine angstmotiviere Aggression, d.h. der Hund versucht durch sein lautes und wildes Auftreten einen (überlegenen) Gegner einzuschüchtern, um einen Kampf zu vermeiden. Mehr dazu in weiteren Texten.
Vermeiden Sie jedes Lautwerden Ihrerseits, jeden Leinenruck und alle anderen Formen von Schmerzzuführungen bzw. Bestrafungen, denn all das ist einzig dazu geeignet, die Probleme in jeder Hinsicht zu verstärken.
Sollten Sie Ihren Hund Ihre Wut spüren lassen, dürfen Sie sicher sein, dass
• Ihr Vertrauensverhältnis massiv beschädigt wird, weil Ihr Hund ganz sicher Ihr Verhalten nicht verstehen kann und Sie für unberechenbar hält
• das sich das eigentliche Problem verstärkt und von mal zu mal schwerer zu therapieren ist
• Sie es wahrscheinlich bitter bereuen werden, wenn Sie erst einmal das Verhalten Ihres Hundes richtig verstanden haben.
Und bitte vergessen Sie auch nie, dass Sie einen Hund nur dann gut trainieren können, wenn er Ihnen vertraut. Jedes Misstrauen blockiert das Lernverhalten. Ein Teufelskreis, der nur schwer zu durchbrechen ist.
Das Zusammenleben mit Hunden ist leider mit vielen Missverständnissen verbunden, die wiederum viele Möglichkeiten bieten wütend zu werden. Ein typisches Beispiel für ein Missverständnis und der daraus resultierenden Wut ist, wenn der Hund sich in unserer Abwesenheit etwas „geklaut“ hat. So eine Situation spielt sich in etwa immer gleich ab: Wir kommen nach Hause, der Hund begrüßt uns freudig an der Tür, wir begrüßen den Hund ebenso freudig, wir gehen ins Wohnzimmer und die Reste von der Pizzaverpackung sind überall verstreut. Wir brüllen: „Was hast du gemacht?“ und der Hund geht in Deckung, läuft weg oder zeigt aktive oder passive Demut. Und genau dieses Verhalten bestärkt uns in der Annahme, der Hund wüsste genau, was er falsch gemacht hat. In Wirklichkeit aber zeigt der Hund dieses Verhalten lediglich als REAKTION auf unseren bedrohlichen Wutanfall. Ich versichere Ihnen, hätte Ihr Hund gewusst, dass er sich die Pizzareste in Ihrer Abwesenheit nicht nehmen darf, hätte er es nicht gemacht! Und nun überlegen Sie sich bitte mal, was so ein Wutausbruch mit Ihrem Hund macht: Eben noch gestreichelt und im nächsten Moment von seinem Menschen massiv bedroht, ohne zu wissen warum.
Unser Beziehung zu Hunden ist wahrlich nicht immer leicht und irgendwie – das müssen wir zugeben – passen menschliche und hündische Bedürfnisse nicht immer zusammen. Wut ist somit vorprogrammiert. Vielleicht aber können Sie sich ein Ritual überlegen, dass Ihnen hilft Ihre Wut schneller zu überwinden, damit es Ihnen und Ihrem Hund wieder binnen kurzem gut geht .
Denken Sie immer daran: Wut ist alles andere, als eine günstige Basis, um klar zu sehen oder um richtige Entscheidungen zu treffen! Oft machen wir gerade in solchen Emotionslagen die wirklich gravierenden Fehler, die manchmal nur schwer, manchmal gar nicht mehr korrigiert werden können.
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29. Ein Tag aus dem Leben von Cora
• 6.20 Uhr der Wecker klingelt, Cora bleibt liegen ist aber aufmerksam
• 6.30 Uhr die Menschen stehen auf und gehen abwechselnd ins Bad und in die Küche
• 7.00 Uhr gemeinsames Frühstück, der Hund hat seinen Liegeplatz verlassen und liegt nun im Essbereich, die Blase ist voll, aber sie weiß, dass sie noch warten muss. Die Menschen haben sie an diesem frühen Tag noch nicht wahrgenommen.
• 7.23 Uhr endlich geht es nach draußen und Cora kann sich lösen. Alles riecht so gut und aufregend, aber der Mensch hat keine Zeit und zerrt sie mit. Cora trifft auf den netten Hund aus der Nachbarschaft, für eine Begrüßung ist keine Zeit. Cora wird vorbei geführt, alle Versuche zur kurzen Kontaktaufnahme verärgern den Menschen
• 7.37 Uhr wieder Zuhause, Cora hatte sich weder genug bewegt noch Gelegenheit, die Welt da draußen zu erschnuppern.
• 7.39 Uhr der Futternapf wird gefüllt
• 7.55 Uhr die Menschen verlassen die Wohnung, Cora bleibt allein zurück. Cora lauscht den Schritten ihrer Menschen und hört anschließend den Wagen wegfahren. Cora läuft noch etwas durch die Wohnung, sie fiept leise. Bis der erste Mensch zurück kommt wird sie 24 mal ihren Liegeplatz gewechselt haben, viel vor sich hin geschaut haben, etwas gedöst haben und auf fast alle Geräusche geachtet haben. So wartet sie Stunde um Stunde. Die Leere schier unerträglich.
• 16.36 Uhr der Erste kommt nach Hause. Cora freut sich riesig und die Blase ist voll. Nach einem kurzen über den Kopf streicheln wird sie ignoriert. Ihr Mensch geht in die Küche und macht sich einen Kaffee. Der Blasendruck mittlerweile unerträglich. Cora stellt sich vor die Terrassentür, die daraufhin geöffnet wird. Cora darf in den kleinen Garten. Gierig saugt sie alle Gerüche vom Boden und aus der Luft auf. Draußen ist ihre Welt.
• 16.42 Uhr Cora wird wieder hereingerufen. Der Fernseher ist an. Cora geht zu ihrem Mensch und versucht Kontakt aufzunehmen. Der Mensch streichelt sie kurz und ignoriert sie gleich wieder. Cora bettelt um Aufmerksamkeit und stupst ihren Menschen wiederholt an, was ihn mürrisch macht. Cora wird befohlen sich hinzulegen. Wieder liegen und nichts tun. Aber der Ton in der Stimme war barsch, sie weiß, dass es besser ist zu gehorchen. Bis der nächste Mensch kommt ist ihre einzige Aufgabe hinter ihrem Menschen herzulaufen, aber sie bleibt auf Distanz.
• 18.30 Uhr der zweite Mensch kommt Heim. Cora‘s Freude ist übergroß. Obwohl ihr mit 7 Jahren schon die Gelenke etwas weh tun springt sie in ihrer Freude ihren Menschen an. Sie wird gestreichelt und sie bekommt ein feines Leckerchen aus der Tüte. Hochmotiviert läuft sie nun hinter ihrem Lieblingsmensch her. Viel Aufmerksamkeit bekommt sie allerdings nicht.
• 19.06 Uhr es geht nach draußen. Cora‘s Freude ist kaum zu bremsen, sie zieht an der Leine, so viel gibt es nachzuholen, der Tag ist fast rum. Sie kennt die Runde und sie bemüht sich so viel wie möglich an Eindrücken aufzunehmen. Ihre Spaziergänge sind fast die einzige Zeit, in der sie sich nicht langweilt. Ihre Spaziergänge sind ihre Zeit. Und ihre Spaziergänge sind gemessen an den vielen Stunden sehr kurz. Ihre hohe Erwartungshaltung steht im krassen Gegensatz zu der Motivation ihres Menschen. Der möchte schnell nach Hause, da er lange gearbeitet hat.
• 19.49 Uhr wieder zu Hause. Es gibt wieder Futter. Die Menschen setzen sich aufs Sofa und sehen Fern. Cora liegt auf dem Teppich und schaut vor sich hin.
• 22.40 Uhr die Menschen gehen schlafen
…
Während Cora ihre Menschen immer wieder angesehen und beobachtet hat, auf einen kleinen Wink ihrer Menschen gewartet hat, der sie aus der Langeweile holt, wurde sie selbst wenig beachtet. Nicht, weil ihre Menschen sie nicht lieben oder wertschätzen, sondern weil Cora im Alltag nun mal „neben her laufen“ muss, da Mensch ja auch noch was anderes zu tun hat. So normal wie es ist, so tragisch ist es auch.
Mit diesem Text möchte ich daran erinnern, was wir in unserer hektischen Welt voller Terminkalender und enger Zeitfenster schnell einmal vergessen können: Unsere Hunde leiden unglaublich unter den vielen Stunden der absoluten Leere. Natürlich wird es sich nicht immer vermeiden lassen, dass wir sie sich selbst überlassen. Nicht jeder kann einen Zweithund aufnehmen und fast nie findet Arbeit zu Hause statt.
Doch unser Streben sollte immer dahin gehend sein, den Bedürfnissen unserer Hunde so gerecht wie möglich zu werden. Wir sollten auch die Aussage „ mein Hund kann locker 9 Std alleine bleiben“ kritisch sehen. Es stimmt: Ihr Hund kann alleine bleiben, aber locker kann er das nicht! Er bleibt alleine, weil er muss.
Wenn wir nur die 9 Std. Alleinsein während wir arbeiten hochrechnen, sind das schon 2.160 Stunden im Jahr. Wenn wir das auf 10 Jahre hochrechnen sind das 21.600 Std. der Leere! Das sind 900 Tage Lebenszeit in der Leben kaum stattgefunden hat… Und wie viele Stunden/Tage kommen noch dazu, in denen wir unterwegs waren?
Bitte überlegen Sie, wie Sie das Leben Ihres Hundes gestalten. Bitte bemühen Sie sich, den Bedürfnissen Ihres Hundes auf Gesellschaft, auf Interaktion, Bewegung und Zärtlichkeit so gut es geht nachzukommen. Bitte nehmen Sie Ihren Hund wahr, sprechen Sie mit ihm, spielen Sie mit ihm, raufen Sie mit ihm. Verstecken Sie Futter oder werfen es in den Garten. Verdammen Sie den Fressnapf und stopfen Sie das Futter stattdessen in irgendwelche Kauspielzeuge wie z.B. einen Kong Jede Kleinigkeit wird unendlich dankbar von unseren Tieren angenommen.
Unsere Hunde haben eine so viel kürzere Lebenszeit als wir und wir allein bestimmen, wie schön diese kurze Zeit ist.
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30. Von Hundehaltern, sozialer Kompetenz und Führungsqualitäten…
Wenn es darum geht, den Unterschied zwischen Menschen und Tieren deutlich zu machen, führen wir u.a. immer das Argument unserer einzigartigen Fähigkeit zur Kommunikation an. Aber was taugt dieses Sprachvermögen im grauen Alltag? Wie oft verlaufen Begegnungen unter Hundehaltern unschön und unfair ab? Unser Wortschatz umfasst eine Spanne von ca. 2000 – 20.000 Wörtern, aber wir sind nicht zuverlässig in der Lage Auseinandersetzungen untereinander friedlich und effektiv zu lösen. Sozialkompetenz ist offensichtlich keine menschliche Stärke. Hunde dagegen sind wahre Meister im sozialen Miteinander, der Konfliktvermeidung und der Konfliktlösung. Leider haben sie nur selten die Möglichkeit dazu, weil wir Menschen meistens dazwischenfunken.
Wenn unsere Hunde an der Leine laut oder wild werden, weil WIR eine freundliche bzw. ruhige Begegnung mit anderen Hunde unmöglich gemacht haben, reden wir vom pöbeln, was es in keinster Weise trifft! Wenn wir nicht in der Lage sind uns mit einem anderen Halter freundlich auseinanderzusetzen liegt die Ursache dafür immer bei dem Anderen. Wie wir Menschen es auch drehen und wenden, Schuld sind immer die Anderen.
Dabei wäre alles so einfach, wir müssen nicht einmal dieselbe Muttersprache beherrschen, ein paar Handzeichen, etwas Ruhe und ein Lächeln wären vollkommen ausreichend, um Begegnungen perfekt zu managen. Ausgerechnet der Mensch, der immer im Zusammenhang mit den Hunden so verbissen auf seinen Führungsanspruch pocht, versagt hier nicht selten. Führungsqualitäten setzen Übersicht, Weitsicht, Kenntnis, Ruhe, kognitive Fähigkeiten, Einfühlungsvermögen und noch einiges mehr voraus. Wie viele können das von sich behaupten? Es hat den Anschein, dass die menschliche Kommunikation im Wesentlichen an Ignoranz, Unverständnis, Verbohrtheit, Vorurteilen und Unkenntnis scheitert.
Was könnten wir also im Umgang mit unseren Hunden, Haltern und ganz allgemein besser machen?
Hundebegegnungen:
Wissen Sie eigentlich, was Ihr Hund braucht, damit er anderen Hunden angstfrei, stressfrei und ruhig begegnen KANN? Derjenige, der die Leine hält, muss die Voraussetzungen schaffen, dass eine ruhige Begegnung stattfinden kann. Der Hund kann es nämlich nicht, weil er angebunden und eingeschränkt ist. Ruhe, Zeit und Distanz sind in diesem Zusammenhang die Zauberworte.
Achten Sie im Zusammentreffen auf andere Hundehalter aber nicht nur gut auf Ihren Hund, sondern auch auf die Hunde und Menschen, die Ihnen entgegen kommen. Wird schon an der Leine gerissen? Ist der Hund schon in geduckter Haltung? und vieles mehr. Bleiben Sie ggf. frühzeitig stehen und reden Sie ruhig und freundlich mit Ihrem Hund. Das zeigt Führungsqualität! Versuchen Sie, wenn es die Situation erfordert, mit dem anderen Halter eine Lösung abzusprechen, wenn der Weg zu schmal ist, um eine ausreichende Distanz herzustellen. Wenn eine Absprache nicht mehr möglich ist, weil bereits zu laut gebellt wird, sind Sie es gewesen, der die Grenzen zu schnell unterschritten hat, d.h. beim nächsten Mal müssen Sie früher reagieren, bevor Ihr Hund dieses Verhalten zeigt. Im Grunde es die Lösung ganz einfach: Wenn wir aufhören unsere Hunde ungebremst und frontal in Begegnungen hinein zu führen und ihnen stattdessen Zeit und Ruhe geben, damit sie mit ihren Artgenossen kommunizieren und diese einzuschätzen können, schaffen wir die besten Voraussetzungen, damit künftige Zusammentreffen nicht im Fiasko enden.
Eines sollten Sie bei Hund-trifft-Hund-Begegnungen niemals unterschätzen: Viele Hunde haben wiederholt die traurigen Erfahrungen machen müssen, dass Hundebegegnungen schmerzhaft und gefährlich sind! Nicht weil die Hunde sich untereinander verletzen, sondern weil viele verzweifelte Halter einzig die Lösung in der Einschüchterung sehen, in Form von Schmerzimpulsen (Leinenruck etc) oder Lautstärke. Sie wissen ja Wahnsinn ist, wenn man immer wieder das gleiche macht und ein anderes Ergebnis erwartet, das hat schon Albert Einstein gut erkannt ;)
Wir haben es in der Macht, diese Zusammentreffen derart zu gestalten, dass alle mit einem guten Gefühl durchs Leben gehen können. Wir müssen uns nur etwas über das Sozialverhalten der Hunde lernen, uns einen kleinen Überblick verschaffen, wie sie miteinander kommunizieren und wir haben bereits die Hälfte des Weges geschafft.
Ein großes und schwieriges Thema sind freilaufende Hunde. Es kommt immer wieder vor, dass man auf Hundehalter trifft, die das Anleinen oder das Bemühen des Anderen etwas Distanz herzustellen rigoros ignorieren und ihren Hund einfach laufen lassen. Ganz sicher hat sein Hund einen freundlichen Charakter und führt nichts Böses im Schilde. Doch darum geht es in solchen Situationen gar nicht. Denn nur, weil der eine Hund völlig unbekümmert ist, heißt das nicht, dass es auch der andere ist. Und da eine Begegnung immer mindestens aus zwei Individuen besteht, reicht die freundliche Gestimmtheit von einem Hund nicht aus, um eine freundschaftliche Kontaktaufnahme zu gewährleisten. Es gibt viele Gründe, warum es trotz bester Laune des einen Hundes zu Auseinandersetzungen kommen kann. Solche Konflikte gehen dann ausschließlich auf das Konto desjenigen, der nicht gewillt war, kurz die Leine anzulegen. Damit will ich auf keinen Fall sagen, dass Hundekontakte immer vermieden werden sollten! Ich möchte einzig, dass wir uns darüber im Klaren sind, dass wir es sind, die diese Zusammenkünfte inszenieren. Solange wir nichts über den oder die Andere(n) wissen, auf die wir gerade treffen, sollten wir es überlegt und langsam angehen lassen.
Die soziale Annäherung unter Hunden ist im besonderen Maße ritualisiert, doch leider lassen wir den Hunden nur wenig Spielraum, um entsprechend miteinander umgehen zu können. Die sogenannten Beschwichtigungsgesten (calming signals), die der Konfliktvermeidung dienen, werden z.B. nicht im Lauf gezeigt! Somit kann der Hund, auf den zugerannt wird auch nicht eindeutig erkennen, ob das Herannahen in freundlicher Absicht geschieht. Diese „jungen Wilden“ –wie ich sie gerne nenne – haben schlicht nichts anderes im Sinn als schnellst möglich Kontakt aufzunehmen oder gar eine kleine Spieleinheit anzuzetteln. Diese Kühnheit hat nichts mit Dummheit, Dominanz oder Ungehorsam zu tun. Diese Hunde tun es einfach, weil sie entweder davon ausgehen, dass andere Hunde genauso sorglos wie sie selbst durchs Leben gehen oder weil sie ihre Bedürfnisbefriedigung über die der anderen stellen. Wenn ich nun als Halter weiß, dass ich so einen kleinen Rowdy habe liegt es in meiner Verantwortung, die Begegnung entsprechend zu managen (Führungsqualität ). Der vielzitierte Satz „die machen das unter sich aus“, trifft leider nicht zu, da wir Menschen bereits im Vorfeld die Voraussetzungen dafür zunichte gemacht. Bitte lassen Sie das nicht die Hunde ausbaden! Es gibt so einfache wie wirkungsvolle Regeln unter Hundehaltern, die das Miteinander nicht nur freundlicher machen, sondern auch Verletzungen und Streit vorbeugen. Sie alle basieren auf Rücksicht.
Welche Gründe könnte es geben, dass Hunde beim Zusammentreffen mit Artgenossen Distanz oder Zeit brauchen?
Es gibt alte Hunde, die keinen Wert mehr auf Kontakte mit Ihresgleichen legen, schon gar nicht mit Hunden die rempeln oder anders grobmotorisch sind. Das gleiche gilt für verletzte/ operierte Hunde. Darüber hinaus gibt es viele Hunde, die insgesamt scheuer oder ängstlicher sind und einfach etwas mehr Zeit brauchen, um sich in der Gegenwart anderer sicher zu fühlen. Und natürlich gibt es Hunde, die schon einmal durch einen anderen Hund verletzt wurden, was Ängste und Unsicherheit zur Folge hat, insbesondere dann, wenn der Sicherheitsabstand zu schnell unterschritten wird. Zu guter letzt möchte ich noch einmal daran erinnern, dass viele Hunde beim Zusammentreffen mit Artgenossen wiederholt schlechte Erfahrungen mit dem anderen Ende der Leine gemacht haben (Leinenruck, anschreien, herunterdrücken etc) und aus diesem Grund gar nicht mehr in der Lage sind solche Situationen stressfrei zu erleben.
Wir wissen nichts über den Menschen und den Hund, der uns da entgegenkommt, aber wir haben es in der Hand, diese Begegnung so angenehm und so profitabel wie möglich zu gestalten.
Angst vor Hunden
Viele Menschen fühlen sich unwohl, wenn freilaufende Hunde auf sie zukommen. Nicht nur Radfahrer, Inlineskater, Jogger sind dankbar, wenn die Halter für eine kurze Zeit ihren Hund sichern, auch viele Spaziergänger atmen erleichtert auf. Ein minimaler Einsatz reicht, um anderen Menschen zu helfen. Aussagen wie „der tut nichts“ sind völlig unnütz, weil Angst nicht immer rational ist. Ein kurzer Moment der Rücksichtsnahme und alle können mit einem Lächeln aneinander vorbeigehen. Keine Stürze mit dem Fahrrad, keine Tränen und kein Herzrasen. Warum es dennoch einigen Haltern so schwer fällt, sich in andere hinein zu fühlen und ihnen etwas entgegenzukommen, wird mir immer ein Rätsel bleiben.
Hundekot/Markieren
Rücksicht zeigt sich jedoch nicht nur in dem was wir tun, sondern auch indem was wir NICHT tun, z.B. die Hinterlassenschaften unserer Hunde zu entsorgen. Auch wenn ich selbst einen Hund habe, mag ich weder in einen solchen Haufen hineintreten, noch möchte ich solche auf meinem Grundstück. Leider kann diese Rücksichts- oder Gedankenlosigkeit der Halter, die den Kot nicht entsorgen, schreckliche Folgen für die Hunde haben. Denn die Wut der Hundehasser beruht u.a. auch genau darauf. Die Reaktion auf all die Haufen sind dann Giftköder oder Köder mit Rasierklingen. Leider sind sich Hundehasser nicht darüber im Klaren, dass die Hunde gar nicht anders konnten, als sich da zu erleichtern, wo der Mensch sie hingeführt hat. Stattdessen würde ich mir wünschen, alle würde solche „Haufenignoranten“ ansprechen und sie um Entsorgung bitten, doch das geschieht leider kaum. Auch hier zeigt sich einmal mehr, Menschen rächen sich nicht immer an den wahren Verantwortlichen, sondern an denen, an die sie sich herantrauen. Es ist ohne Frage weder schick noch praktisch, mit einem Kotbeutel herumzulaufen, aber es nicht zu tun ist rücksichtslos, ignorant und gefährlich für Hunde. Auch das Markieren von Zäunen, Häusern, Autos, Fahrrädern, Motorrädern etc. etc. etc. führt schnell zu Verärgerungen, achten Sie doch bitte darauf, dass das nicht passiert. Ihr Hund nimmt es Ihnen sicher nicht übel, wenn Sie ihn freundlich daran hindern.
Kinder
Liebe Eltern, bitte achten Sie darauf, dass Ihre Kinder lernen freundlich und unaufdringlich mit Hunden umzugehen. Hunde sind schnell verunsichert, wenn sich jemand rasant und/oder laut auf sie zubewegt, schließlich sind sie in der Regel angeleint und können nicht ausweichen. Auch möchten nicht alle Hunde von Kindern angefasst werden, wie auch umgekehrt nicht alle Kinder Kontakt mit Hunden haben möchten. Lassen Sie bitte Ihre Kinder auch nicht auf angebundene Hunde zulaufen oder solche anfassen, diese Hunde sind nicht selten mit dem Angebundensein überfordert und können mit Verteidigungsverhalten reagieren. Bitte tragen auch Sie dazu bei, dass Hunde stressfrei lernen können, dass von Kindern keine Gefahr ausgeht, auch wenn sich diese lauter und schneller bewegen als Erwachsene.
Bitte behalten Sie immer die Konsequenzen Ihres Tuns oder Nichtuns im Auge und verhalten Sie sich so, wie Sie wünschen, dass sich andere verhalten.
Wir selbst müssen die Veränderung sein, die wir in der Welt sehen wollen. (Gandhi)
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31. Symbiose
Unsere Alltage sind oftmals so durchorganisiert, „zeitgemanaged“, dass wir für eine tiefe Beziehung zu einem so empfindsamen Wesen, wie einem Hund, gar keine Zeit haben. In diesem alltäglichen Gehetze, bemerken wir nicht einmal, wie oft wir dabei unsere Hunde stressen oder sie sich gar vor uns fürchten. Wenn uns erst bewusst würde, wie häufig sich unsere Hunde durch unsere Unachtsamkeit schon geängstigt haben, könnten wir ihnen kaum noch ins Gesicht sehen.
Aber wir bemerken in unserer ständigen Eile auch nicht, wie gut uns die Andersartigkeit unseres Hundes tun könnte. Wir stecken zu tief in unserem Sumpf aus Gewohnheiten und Erwartungshaltungen anderer, leiden unter der Oberflächlichkeit des Miteinanders und vergessen ganz, dass es jemanden gibt, dem wir einfach mehr Aufmerksamkeit schenken müssten, um uns von seiner Gelassenheit anstecken zu lassen.
Wenn wir eine Liste zusammenstellen würden, aus der hervorgeht, was alles anders sein müsste, was wir alles haben müssten, damit wir wirklich glücklich wären, was denken Sie wie lang wäre diese? Und wenn wir dann unsere Hunde befragten, was denken Sie, wie lang wäre diese Liste?
Die Menschen waren niemals so einsam, unzufrieden und traurig wie heute, wenn man Umfragen Glauben schenken mag. Und dabei gibt es fast nichts, was ihnen wirklich fehlt, materiell betrachtet. Und trotzdem kommen wir aus dieser Endlosschleife der Unzufriedenheit nicht mehr heraus. Doch die, von denen wir wirklich lernen könnten, nämlich unsere Hunde -und das meine ich absolut ernst- würden wir uns niemals als Beispiel nehmen. Dabei dürfte keinem Hundehalter entgangen sein, wie unvermittelt und lebhaft sich sein Hund über einen halbverwesten Ball, einen Stock oder auch nur etwas gemeinsames Raufen mit seinem Menschen gefreut hat. Wenn doch der Hund ganz offensichtlich ein größeres Talent besitzt, um glücklich oder zufrieden zu sein, warum schauen wir es uns nicht einfach ein wenig von ihm ab?
Warum versuchen wir nicht einfach, unser Zusammenleben mit unserem Hund als eine einzigartige Symbiose zu sehen? Dann würden wir auch aufmerksamer, rücksichtsvoller und geduldiger mit ihm umgehen und unser Hund würde sich niemals mehr vor uns fürchten.
Wir sollten unseren Hunden viel viel mehr Zeit widmen, als wir es im Allgemeinen tun. Wenn wir endlich von unserem hohen Ross herunter kommen und wir unser albernes Machtverständnis überdenken, können wir eine Beziehung eingehen, die uns vielleicht das Glück schenkt, dass wir offensichtlich noch nicht gefunden haben.
Das Zusammenleben mit unseren Hunden könnte unser Leben geradezu revolutionieren, wir müssen es nur zulassen.
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32. Von Sklaven und vom freien Willen
Keiner würde seinen Hund als Sklaven bezeichnen und trotzdem sind wir stets darauf bedacht, den freien Willen des Hundes im Keim zu ersticken. Unsere Angst, unsere Machtposition zu verlieren, hat schon etwas Verbissenes an sich. Unsere Kontrollsucht hat schon etwas Närrisches an sich, finden Sie nicht?
An dieser Stelle die immer gleiche Frage: Woher kommt unsere Verblendung? Meine immer gleiche Antwort lautet: Aus den „Fach“büchern, den Fernsehshows, von den „Fach“leuten, den Hundetrainern, den Videos und und und… Es ist müßig und uneffektiv, sich mit den immer gleichen Fragen zu beschäftigen, daher belasse ich es damit und widme mich der häufigen Frage: Darf ein Hund einen eigenen Willen haben? Die Antwort ist ganz einfach: Jedes Lebewesen ist von Natur aus mit einem eigenen Willen ausgestattet. Somit ist die Frage schon falsch gestellt, denn, wenn Sie der Meinung sind, dass das nicht sein dürfte, widersprechen Sie eindeutig der Natur aller Lebewesen. Der freie Wille gehört zu einem Lebewesen, wie sein Recht auf Leben überhaupt. Und da macht auch der Hund keine Ausnahme.
Die Frage müsste also richtigerweise lauten: Wie viel freien Willen DARF ich meinem Hund erlauben? Meine Antwort ist ganz klar: So viel wie möglich!
Ich liebe meinen Hund, ich allein bin dafür verantwortlich, wie gut oder schlecht, das Leben meines Hundes ist. Ich habe kein Eigentum an meinem Hund sondern ich teile mein Leben mit ihm. Ich habe kein Recht, meinen Hund oder ein anderes Lebewesen, derart einzuschränken, dass es in seinem Bestreben nach dem bestmöglichen Leben, behindert wird.
Natürlich habe auch ich ein Recht auf ein glückliches Leben. Und die Bedürfnisse von Menschen und Hunden decken sich nicht in jedem Fall. Es braucht daher Kompromisse, wie in jeder Partnerschaft.
Es braucht im Zusammenleben mit anderen immer Kompromisse und wir haben etwas falsch verstanden, wenn wir meinen, dass das Zusammenleben mit einem Hund starr unseren Regeln, unseren Wünschen und unseren Eigenarten unterworfen werden muss.
Unser Leben ist in vielerlei Sicht kompliziert und lässt uns mehr oder weniger Spielraum für eigene Interessen. Beruf, Verpflichtungen, Rituale und vieles mehr machen einen Großteil unseres Lebens aus und setzen unseren eigenen Entscheidungen und unserem freien Willen deutliche Grenzen. Innerhalb dieser Grenzen sollten wir alle aus dem Leben rausholen, was uns zu unserem Glück fehlt. Wir sollten dabei aber niemals vergessen, dass unser Glück nicht auf dem Unglück anderer aufbauen darf. Auch nicht auf dem Unglück unserer Hunde. Und genau, wie wir danach streben, ein gutes Leben zu führen, sollten wir anerkennen, dass Hunde (und alle anderen Lebewesen) exakt das gleiche Recht auf Glück haben. Ohne freien Willen ist Glück jedoch unmöglich.
In den meisten Fällen sind die Hunde viel zu oft alleine oder ihrer Langeweile ausgeliefert. Nicht immer können wir das verhindern. Doch wenn wir Zeit mit unserem Hund verbringen, sollten wir ihm auch immer mal wieder seinen freien Willen lassen, z.B. wo lang er gehen möchte, ob er ins Wasser möchte, ob er Kontakt mit anderen Hunden haben möchte, ob er sich im Gras wälzen möchte oder wie lange er an einer Stelle schnüffeln möchte. Das sind wirklich keine großen Entscheidungen, die wir unseren Hunden damit zubilligen und trotzdem ignorieren leider (und bestraften teilweise) viele Hundehalter selbst die aller kleinsten Anzeichen eines eigenen Willens…
Bitte ignorieren Sie die ständigen Mahnungen, dass Sie Ihren Hund immer klein halten müssen, damit er nicht dominant wird. Solche Aussagen sind falsch.
Ich wiederhole mich in fast allen meinen Texte, weil ich es nicht oft genug schreiben kann: Ich habe in all den Jahren noch keinen einzigen Hund erlebt, der einem Erwachsenen gegenüber Dominanz gezeigt hätte. Nicht einer, nicht mal im Ansatz! Und nicht mal von Hunden, die es körperlich mit einem Erwachsenen hätten aufnehmen können.
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33. Ist das Training das Richtige für meinen Hund?
Es gibt einen zuverlässigen Hinweis, ob das Training das Richtige für Ihren Hund ist – wenn es klappt. Das klingt simple, ist es im Grunde auch, trotzdem gibt es noch einiges dazu zu beachten.
Generell sollten Sie IMMER kritisch bleiben, bei allem, was man Ihnen zu Ihrem Hund, über Ihren Hund oder über Hunde im Allgemeinen sagt. Wenn Sie Tipps oder Anleitungen bekommen, die auf Schmerzzuführung, Einschüchterung oder Erschrecken abzielen, sollten Sie sie sofort wieder verwerfen, da daraus nur noch größere Probleme entstehen (Angst, Vertrauens- und Bindungsverlust, Nervosität, Unsicherheit, Schreckhaftigkeit, Misstrauen….). Alle anderen Empfehlungen verdienen es erst einmal, überdacht und vielleicht sogar umgesetzt zu werden.
Häufig machen wir allerdings den Fehler, die Übungen wieder abzubrechen, weil wir nicht schnell genug Erfolge sehen. Bitte denken Sie aber daran, dass ein über längere Zeit gezeigtes Verhalten nicht von heute auf morgen und manchmal nicht mal von einer Woche zur nächsten verändert werden bzw. aufgelöst werden kann. Achten Sie auf Kleinigkeiten, kleine Veränderungen, die Ihr Hund möglicherweise schon zeigt. Häufig hat sich das Verhalten ihres Hundes über die Jahre immer mehr und mehr gesteigert. So könnte schon ein NICHTSTEIGERN ein Hinweis sein, dass Sie richtig liegen.
Generell kann man sagen: Wenn Sie ein Verhalten korrigieren möchten, müssen Sie mit dem entgegengesetztem Verhalten reagieren (Feuer-Wasser-Prinzip). Beispiel: Ihr Hund fährt aus der Haut - Sie strahlen totale Ruhe und Freundlichkeit aus. (Natürlich bei gleichzeitigem Distanzaufbau zu dem, was den Hund in dieses Gefühlschaos gestürzt hat!!!). Angst braucht Sicherheit (keine Ignoranz!), Lustlosigkeit braucht Engagement und so weiter und so weiter.
Den absolut wichtigsten Hinweis, ob das Training für Ihren Hund das Richtige ist, liefert allerdings Ihr Hund selbst: Schauen Sie genau hin, beobachten Sie gut. Wenn Ihr Hund entsprechend Ihren Vorstellungen reagiert, sind Sie auf dem richtigen Weg. (Hilfestellung: Wenn Ihnen hinsehen nicht hilft oder Sie unsicher sind, ob Sie das, was Sie sehen, auch richtig einschätzen können, prüfen Sie z.B. den Herzschlag und/oder die Muskelspannung.)
Wenn Sie den richtigen Kurs eingeschlagen haben, brauchen Sie nur noch Geduld und Sie können das Maximum für und mit Ihrem Hund erreichen.
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34. Fahrradanhänger für Hunde
Ein Fahrradanhänger für Hunde kann eine wahre Bereicherung sein, für Hund und Mensch. Nicht nur alte Hunde profitieren davon, auch unsichere Hunde können durchaus an einer Schutzhütte auf Rädern Gefallen finden. Die Möglichkeiten sind vielfältig, trotzdem sieht man solche Anhänger kaum.
Der Grund dafür ist wahrscheinlich, dass viele Halter nach zwei drei Versuchen, mit dem Hund eine Tour zu drehen, aufgeben. Vielleicht weil der Hund lautstark seinen Stress raus bellt oder weil der Hund aufgrund seines hohen Stresslevels sich direkt seinen Weg nach draußen frei beißt. In den meisten Fällen reagieren Hunde so, wenn sie einfach in den Anhänger hinein gesteckt wurden, statt sich dem rollenden Käfig erst einmal vorsichtig nähern zu dürfen. Wenn Sie also Ihren Hund in einem Anhänger durch die Lande ziehen wollen, nehmen Sie sich bitte etwas Zeit, um Ihren Hund daran zu gewöhnen. Sollten Ihr Hund schon einmal Angst vor dem Anhänger entwickelt haben, wird die Gewöhnung schwieriger, aber nicht unmöglich.
Doch bevor ich die Gewöhnung an einen Fahrradanhänger erkläre, möchte ich noch einige Hinweise geben, die Sie bei der Wahl des Anhängers berücksichtigen sollten.
Kaufen Sie den Fahrradanhänger groß genug, lieber zu groß, als zu klein, damit Ihr Hund sich darin drehen und hinlegen, vielleicht sogar darin stehen kann. Bei sehr großen Hunden kann das schwierig werden, hier muss vielleicht eine Spezialanfertigung in Erwägung gezogen werden. Achten Sie darauf, dass der Anhänger sowohl von vorne, als auch von hinten bestiegen werden kann, das ist besonders für ältere Hunde eine große Erleichterung. Manche Hunde lieben Cabrio fahren, ein Dach dass sich öffnen lässt ist daher eine tolle Sache. Nach meinen Erfahrungen sind die Qualitätsunterschiede nicht sehr groß, es muss also nicht unbedingt der Teuerste sein.
Wenn Sie den richtigen Anhänger gefunden haben stellen Sie sich diesen erst einmal ohne Räder und Deichsel in die Wohnung. Wenn Ihr Hund sowieso schon eine Höhle hat können Sie diese gegen den Anhänger austauschen, legen Sie auf jeden Fall eine weiche Decke oder ein weiches Kissen rein, dass sich das Liegen darin richtig gut anfühlt. Manchmal macht es Sinn beide Eingänge offen zu lassen, manchmal nicht, das müssen Sie individuell abstimmen. Aber lassen Sie den Hund auf jeden Fall ein- und aussteigen, wie er es gerne möchte. Drängen Sie Ihren Hund nicht hinein, aber legen sie häufig einen lecker gefüllten Kong in den Anhänger. Manchmal dauert es Stunden, manchmal Tage oder Wochen, dass sich der Hund darin gerne aufhält.
Wenn Ihr Hund darin gerne liegt stellen Sie den Anhänger in den Garten, beide Eingänge offen und lassen Sie Ihren Hund spielerisch hindurch laufen. Bauen Sie nun die Räder und die Deichsel an und lassen Sie Ihren Hund in seinen weichgepolsterten Anhänger hineinspringen. Geben Sie ihm einen unglaublich leckeren Kong (denken Sie daran, ein satter Hund hat wenig Interesse an einem Kong!). Warten Sie einen kleinen Moment bis Ihr Hund wirklich in dem Anhänger angekommen ist und ziehen Sie diesen ein paar Meter mit der Hand. Strahlen Sie dabei Ruhe und Selbstvertrauen aus und reden Sie freundlich mit Ihrem Hund. Vermeiden Sie unbedingt das übliche „feiiiiin“ oder sonstige Freudenrufe, diese pushen nur und motivieren ihren Hund möglicherweise zum Hinausspringen. Ihre Stimme sollte ruhig und leise sein. Solange sich Ihr Hund entspannt dem Kong widmet ist alles gut und Sie können ihn langsam hinter sich herziehen. Aber sehen Sie genau hin. Achten Sie auf seinen Blick und seine Körperspannung. Brechen Sie das ganze ab, wenn er auch nur kleinste Anzeichen von Unruhe zeigt. Fordern Sie ihn dann freudig auf hinauszuspringen und toben Sie eine Runde mit ihm, dann kann er den aufgebauten Stress gleich wieder abbauen. Beenden Sie das Training für den Tag und versuchen Sie es in genau den gleichen kleinen Schritten, die nächsten Tage weiter.
Wichtig: Je positiver die kleine Fahrt war, desto leichter haben Sie es in den nächsten Tagen!
Wenn Sie den Anhänger hinter dem Fahrrad haben, steigern Sie die Zeiten und das Training langsam, fahren Sie nicht gleich an eine vielbefahrene Straße. Gewöhnen Sie Ihren Hund langsam daran, dass er nun hinaus in die weite Welt gezogen wird.
Und fahren Sie einen großen Bogen um alles, was den Hund stressen könnte. Wenn er ängstlich oder aggressiv auf andere Hunde reagiert, fahren Sie einen sehr großen Bogen und machen Sie den Anhänger zu (wichtig, tun Sie das ruhig und freundlich!) bis Sie an dem Hund vorbei sind. Notfalls können Sie umdrehen. Bedenken Sie immer, die Fahrt muss positiv sein, sonst geht Ihr Hund wohlmöglich nicht mehr hinein. Und vergessen Sie auch niemals Ihren Hund im Anhänger am Brustgeschirr fest zu machen.
Es gibt keinen groben Zeitplan, an dem man sich orientieren kann. Jeder Hund hat seine eigene Geschwindigkeit, in der er neues lernen kann oder sich an beängstigende Situationen gewöhnen kann. Aus meiner Erfahrung allerdings kann ich sagen, dass häufig kleinere Schritte schneller ans Ziel führen.
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35. Die Sprachbarriere in unserem Kopf
Haben Sie sich schon einmal mit einem Menschen unterhalten, obwohl sie gar nicht seine Sprache beherrschten? Das funktioniert! Okay, ohne die Sprache des Anderen zu beherrschen ist es nicht möglich, detailreiche Diskussionen oder ähnliches zu führen, aber Kommunikation generell ist möglich. Über Gestik, Mimik, Körpersprache und anderen Tricks (Geräusche, aufmalen, Pantomime oder was auch immer). Viele Informationen, die wir austauschen wollen, laufen auf der Gefühlsebene ab. Das heißt, je intensiver das Gefühl füreinander, desto erfolgreicher und desto einfacher ist die Kommunikation. Natürlich kann es Missverständnisse geben, aber diese schleichen sich ebenso schnell und häufig ein, auch wenn die gleiche Sprache gesprochen wird. Einfach, weil Worte nicht für jeden die gleiche (gefühlsmäßige) Bedeutung haben.
Kommunikation ist so viel mehr, als das Teilen von Wörtern, das sollten wir uns immer wieder in Erinnerung rufen. Und wenn wir mit unserem Hund kommunizieren wollen oder müssen, sind wir oftmals schlicht und ergreifend zu kopflastig. Statt diverse Versuche zu starten, um die vielen Tipps abzuarbeiten, sollten wir unseren Kopf besser einmal leerbekommen und uns gefühlsmäßig ganz und gar auf unser Tier einlassen.
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36. Der Hundepelz an Ihrem Kragen
Meine Arbeit mit Hunden basiert auf meiner Liebe zu Hunden. Und ich widme sie den Hunden dieser Welt. Diese Liebe teile ich auch mit allen anderen Tieren auf dieser Welt, für die ich mich ebenso einsetze, um ihr Leiden zu verringern.
Bald schon wieder kommt die Zeit der Pelzkragen, Pelzbesätze, Pelzbommel. Eine schier unerträgliche Zeit für all diejenigen, die die Bilder dieser „Produktion“ im Kopf haben. Ich bin sicher, dass die Menschen das nicht wollten, wenn sie informiert wären. Doch diejenigen, die an diesem schrecklichen Verbrechen verdienen (das sind nicht nur diejenigen, die die Tiere so unglaublich quälen, sondern auch Modehäuser, Zwischenhändler, Werbebranchen und und und) leisten ganze Arbeit, die Wahrheit zu verschleiern und zu beschönigen. Dazu kommt, dass wir einfach manchmal gedankenlos etwas unterstützen, was wir – wenn wir darüber nachdächten – niemals wollten.
Nachfolgende finden Sie einen Text von der Organisation peta, die die Fakten zu dem Thema Pelz zusammengestellt haben. Die Bilder aus diesem Text habe ich bewusst weggelassen, weil sie fast unerträglich sind. Aber Bilder sagen mehr als tausend Worte, sollte Sie der Text nicht überzeugt haben, schauen Sie sich bitte die dazugehörigen Bilder an. Danach, davon bin ich fest überzeugt, wissen Sie auch, warum es mir so wichtig war, dieses Thema auf meiner Seite mit aufzunehmen.
10 Wahrheiten über Pelze
Wenn man einen Pelzmantel in einem Hochglanzmagazin oder im Schaufenster sieht, wird einem nicht immer gleich klar, dass Tiere dafür erschlagen, mit Elektroschocks getötet oder lebendig gehäutet wurden. Sind Sie bereit herauszufinden, was hinter den Kulissen im Namen der Mode passiert? Hier finden Sie zehn schockierende Wahrheiten über Pelz, die Sie beim nächsten Einkauf wahrscheinlich zweimal nachdenken lassen, ob Sie wirklich eine Tierleiche in Form von Pelzbesatz, als Mantel oder „Accessoire“ tragen möchten:
Sogenannte Pelztiere durch anale und genitale Elektroschocks zu töten, ist eine grausame Tötungsmethode, die Pelzfarmer regelmäßig anwenden, um Schäden am Fell zu verhindern.
85 Prozent der Häute aus der Pelzindustrie stammen von Tieren, die auf Pelzfarmen gefangen gehalten werden. Dort verbringen sie ihr Leben in engen, dreckigen Drahtkäfigen und müssen täglich mit ansehen, wie ihre Artgenossen vor ihren Augen getötet und später oft lebendig gehäutet werden.
Etwa eine Milliarde Kaninchen werden jedes Jahr weltweit getötet, damit man ihr Fell zu Kleidung und Pelzbesätzen an unterschiedlichen Gegenständen verarbeiten kann.
Mangels Tierschutzgesetzen gibt es keine Strafen für Personen, die Tiere auf Pelzfarmen in China misshandeln – China ist der weltweit größte Pelzexporteur, verarbeitet und fertigt damit 80 Prozent aller Pelzprodukte.
Im Jahr 2011 wurden schätzungsweise 54 Millionen Nerze weltweit von der Pelzindustrie vergast und erschlagen. Trauriger Spitzenreiter ist unser Nachbar Dänemark mit 15 Millionen getöteten Tieren. (1)
In China werden mehr als 2 Millionen Katzen und hunderttausende Hunde erschlagen, erhängt und oft bei lebendigem Leib gehäutet, um ihre Felle verarbeiten zu können; viele Tiere lässt man ausbluten.
Nachdem ein Tier getötet wurde, behandelt man die Haut mit giftigen Chemikalien, wie Schwefelsäure, Ammoniumchlorid oder Bleiazetate, um ein Zersetzen oder Schimmeln zu verhindern.
Der Kot der Nerze trägt zur Verschmutzung des Wasserkreislaufs bei. Gefährliche Bestandteile dieser Ausscheidungen sind Nitrate und Phosphate, welche bei unsachgemäßem Betrieb in die Natur gelangen und verheerende Schäden in Bächen und Flüssen anrichten. Auch in Deutschland wurden wegen Gewässerverschmutzungen Pelzfarmen mit Auflagen belegt oder gar verurteilt.
Die Herstellung eines Mantels aus Tieren von Pelzfarmen benötigt 20-mal mehr Energie als die Produktion eines Kunstpelzes. Gesamtheitlich betrachtet fließen der Transport von Futtermitteln auf Farmen, die Müllverwertung, Elektrizität für Gebäude und Tötungsapparate, der Einsatz von Pestiziden, Impfstoffen und Antibiotika und der Abtransport von Kadavern in die mangelhafte Umweltbilanz von Echtpelz mit ein. (2)
Weltweit werden Jahr für Jahr Millionen von Waschbären, Kojoten, Wölfe, Rotluchse, Biber, Otter und andere so genannte Pelztiere durch aufgestellte Fallen für die Pelzbekleidungsindustrie getötet. Beim Waldspaziergang geraten auch häufig Hunde in die hinterhältigen Tötungsapparate.
(www.peta.de/pelzwahrheiten)
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37. Die Frage nach dem Zweithund
sollten wir keinesfalls leichtfertig ab tun, aber auch auf keinem Fall zu skeptisch gegenüber stehen. Solche Vorhaben werfen immer ein paar Überlegungen, Vorbehalte und Unsicherheiten auf. Es ist gut, abzuwägen und die derzeitige Lebenssituation genau zu analysieren.
Und dennoch, wie so oft im Leben, können wir uns den Kopf bis tief in die Nacht zerbrechen, Hin-und Wieder wohl abwägen, zig Meinungen hören oder lesen und trotzdem muss uns klar sein, dass wir eine Entscheidung treffen, bei der es einiges gibt, dass man nicht planen kann. Eine Gleichung mit ein paar Unbekannten sozusagen. Aber das soll Sie unter gar keinen Umständen davon abhalten, diesen Gedanken weiter zu verfolgen.
Natürlich müssen die wichtigen Grundfaktoren, Zeit, Platz, Geld, genauestens hinterfragt werden. Allerdings habe ich noch nie einen Fall erlebt, wo die anschließenden Probleme daraus resultierten, dass die Grundvoraussetzungen nicht reiflich überlegt wurden.
Auch sehe ich generell kein Problem darin, zwei Hunde aneinander zu gewöhnen, was nicht heißen soll, dass dies immer völlig unkompliziert oder gar immer möglich ist. Aber es ist in den meisten Fällen weit aus unspektakulärer, als wir es uns ausgemalt hatten.
Vielleicht können Ihnen die nachfolgenden Fragen helfen, eine Antwort zu finden.
Die wahrscheinlich wichtigste Frage zu diesem Thema ist: Sind Sie bereit, sich auf einen Hund einzulassen, von dem Sie im Grunde nur wissen, wie er aussieht? (Auf die Charakterbeschreibungen von Züchtern, Tierheimmitarbeitern oder Vermittlungspersonen, dürfen wir uns aus vielerlei Gründen nicht verlassen.) Nehmen Sie sich bitte ausreichend Zeit, um diese essentielle Frage zu beantworten. Überlegen Sie gut, ob Sie die Geduld und die Nerven für einen weiteren Hund haben. Bedenken Sie, dass der oder die Neue Angstprobleme mitbringen könnte (z.B. Umgebungsängste, Angst vor dem Alleinsein und / oder gegenüber Fremdhunden oder fremden Menschen, die Liste ist lang). Ebenso könnte der Zuwachs in seiner Wildheit, seinem Temperament alles toppen, was Sie bis dato kannten. Möglicherweise muss der neue Hund auch noch vieles lernen, wie Stubenreinheit, Alleinsein, laufen an der Leine etc.)
Eine weitere Frage, die vielleicht merkwürdig anmutet: Haben Sie die Liebe für einen weiteren Hund? Diese Frage wird besonders dann aktuell, wenn die Entscheidung für einen Zweithund aus Liebe zu dem Ersten erwachsen ist. Als Spielpartner, als Gesellschafter oder als Ersatz für einen verlorenen Freund. Hunde sind sehr viel feinfühliger, als es uns oft bewusst ist. Ich halte es für ausgeschlossen, dass ein Hund ein großes Ungleichgewicht in der Zuneigung nicht spüren würde. Und hat nicht jedes Lebewesen ein Recht darauf, seiner selbst willen geliebt zu werden?
Und noch eine Frage, der Sie sich kritisch stellen sollten: Hoffen Sie, dass ein neuer Hund die Probleme Ihres jetzigen Hundes löst? Ohne Frage sind solche Konstellationen möglich, aber da Sie oftmals wenig bis gar nichts über das Wesen, den Charakter des neuen Hundes wissen, sind solche Versuche nicht zwingend erfolgreich. Sie sollten sich auch darüber bewusst sein, dass ein weiterer Hund, die bestehenden Probleme verschärfen kann, z. B. wenn Ihr erster Hund Probleme hat, auf Artgenossen zu treffen. Gezeigtes Stressverhalten, wie Bellen oder ähnliches, können sich auf den Zweiten übertragen und somit verstärken. Sie wissen ja, Stimmungen übertragen sich.
Generell kann man wohl sagen: Je detaillierter Ihre Vorstellungen und Ihre Erwartungen von dem Zweithund sind, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sie enttäuscht werden.
Es ist immer gut, vorbereitet zu sein. Einen Plan B zu haben. Hundehalter mit Garten und Auto haben schon aufgrund dieser Umstände bessere Chancen, auf schwierige Umstände zu reagieren. Eine kleine Mietwohnung, irgendwo inmitten einer belebten Stadt, bietet dagegen schon weitaus weniger Möglichkeiten, auf Unvorhergesehenes adäquat zu reagieren.
Bitte wählen Sie als Plan B nicht selbstverständlicher weise die Rückgabe des Hundes! Wir holen uns ein fühlendes Wesen, das möglicherweise schon lange auf der Suche nach einem liebevollen Zuhause ist. Die Rückgabe, Weitergabe, Abgabe -wie auch immer- wird jetzt schon viel zu häufig und viel zu emotionslos praktiziert.
Auch wenn ich zum Thema Zweithund kritische Fragen gestellt habe, würde ich unter Berücksichtigung der oben genannten Fakten, immer dazu raten.
Wenn Sie nun nach diesen Fragen für sich entschieden haben, dass ein Zweithund einziehen soll, ist noch die Frage offen, welcher Hund passen könnte.
Verzeihen Sie, wenn ich dabei nicht auf Rassevorlieben oder Aussehen eingehe, da mir diese nicht wirklich relevant erscheinen (auch hier wieder ein Verweis auf meine vorangegangen Texte, in denen ich dazu Stellung bezogen habe). Dennoch gibt es ein paar Überlegungen, die helfen können, ein freundliches Miteinander zu ermöglichen.
Grob kann man sagen, dass es ratsam ist, einen Hund zu suchen, der vom Alter und von der Körpergröße gut zu Ihrem Hund passt. Ein alter Hund möchte nicht mehr groß toben, da ihm oft schon die Knochen und Gelenke weh tun, er braucht seine Ruhephasen. Ein junger Hund kann in seinem Bestreben sich zu bewegen und zu spielen schnell über das Ziel hinaus schießen und alle Abwehrsignale ignoreren. Alt und jung ist daher oft problematisch und frustrierend.
Ein großer Körperunterschied kann beim Spielen nicht nur deprimierend sein, sondern auch gefährlich. Es kommt nicht oft vor, dass der Größere den Kleineren versehentlich im wilden Spiel verletzt, aber es passiert immer mal wieder.
Brachyzephale Hunde (verkürzte Nasen wie Mops, Pekinese etc), die unter Atemproblemen leiden können mit einem übereifrigen Spielpartner überfordert sein. Die erschwerte Atmung nimmt bei Anstrengung zu und kann lebensbedrohlich werden.
ABER, es muss auf keinen Fall die gleiche Rasse sein oder ein Hund von demselben Züchter! (Bitte denken Sie auch über einen Hund aus dem Tierschutz nach).
Zu guter Letzt müssten Sie nun nur noch Ihren Hund fragen, aber wer würde bei einem neuen Freund schon nein sagen?! Selbst, wenn die Freundschaft nur schleppend in Gang kommt, oder vielleicht auch nicht die große Liebe wird, glaube ich, dass das Leben mit einem Artgenossen an seiner Seite einfach schöner ist.
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38. Wie verhalte ich mich richtig im Umgang mit einem Hund, der mir droht?
Gleich vorweg, Drohgebärden, wie die auf dem Foto, sind kein Aggressionsverhalten sondern einzig Kommunikation. Ein Hund, der uns droht zeigt lediglich seine Grenzen auf. Es ist wichtig, dass wir dieses Verhalten verstehen, entsprechend darauf reagieren (Grenzen respektieren) und vor allem einem Hund nicht durch rüde Maßnahmen diese Form der Konfliktvermeidung abgewöhnen. Ein Hund, der bei jedem Knurren, jedem Anzeichen derartiger Signale mit Warnfunktion gemaßregelt wurde, wird möglicherweise dieses soziale Regulativ nicht mehr zeigen und aggressiv reagieren.
Solche Drohgebärden sind in verschiedenen Kontexten denkbar, meist in Situationen, die der Hund als Bedrohung erlebt, aber auch bei der Verteidigung des Nachwuchses, Rivalität oder dem drohenden Verlust einer kostbaren Ressource.
Die Drohmimik des gezeigten Hundes ist wahrscheinlich die Verteidigung einer Ressource. Dieses Drohverhalten wird defensiv gezeigt, d.h. der Hund will einzig seinen Anspruch geltend machen ist jedoch nicht an einer kämpferischen Handlung interessiert. Wahrscheinlich ist sein Körpergewicht deutlich auf die Hinterbeine verlagert, was im Ernstfall eher auf einen Rückzug hinweisen würde. Was jedoch nicht heißen muss, dass sein Verhalten nicht auch in die Offensive kippen kann. Ein weiteres Merkmal ist seine deutlich gezeigte Zungenspitze, die seine Drohung erkennbar abmildert. Solch ein Zungenblitzen nennt man licking intention und wird in verschiedenen Varianten gezeigt. Die Botschaft von licking intention ist Beschwichtigung. Solche Mischgefühle sind keine Besonderheit sondern genauso häufig anzutreffen, wie ungemischte Emotionslagen. Ein zusätzlich wichtiges Indiz, auf das wir immer achten sollten, sind die Mundwinkel. Auf dem gezeigten Bild sind diese zurückgezogen. Lefzenwinkel, die dagegen nach vorn gezogen werden, deuten offensives Drohverhalten an.
Ungeachtet, ob der Hund nun defensives oder offensives Drohverhalten zeigt, wir sollten in jedem Fall, wie oben bereits geschrieben, die Grenzen einhalten. Solange wir das tun, kommunizieren wir respektvoll miteinander. Überschreiten oder unterschreiten wir die Grenzen, wird sich der Konflikt verschärfen.
Zeigt ein Hund dieses Verhalten ohne eine erkennbare Verteidigung einer Ressource oder seines Nachwuchses, ist der Auslöser wahrscheinlich Angst. Angst ist leider sehr verbreitet bei Hunden, was nicht verwunderlich ist, wenn man sich einmal anschaut, wie oft sie Gewalt erfahren, in Form von Leinenrucken oder anderen körperlichen Strafen. Aber auch verbale Einschüchterungen führen dazu, dass der Hund mehr und mehr verunsichert und sich möglicherweise zu einem Angsthund entwickelt. Jedes Mal, wenn wir den Hund stimmlich grob zurechtstauchen, tun wir nichts anderes, als der Hund auf dem Foto: wir drohen. (Ein gut erzogener Hund ist häufig nichts anderes, als ein gut EINGESCHÜCHTERTER Hund!)
Sollte der Hund, der Ihnen gegenüber steht keine Ressource (Futter, Spielzeug, Ort etc) verteidigen können Sie ziemlich sicher sein, dass dieses Verhalten angstbedingt gezeigt wird. In diesem Fall drehen Sie sich leicht seitlich zum Hund, schauen Sie freundlich ohne zu fixieren und bauen Sie langsam Distanz auf indem Sie sich weg bewegen, seitlich oder rückwärts. Vermeiden Sie es, dem Hund den Rücken zuzuwenden und führen Sie keine hektischen Bewegungen aus, die Arme lassen Sie hängen. Leises freundliches Reden kann die Situation zusätzlich entspannen. Auch Demutsgesten wie Kopf leicht wegdrehen oder die Zungenspitze zeigen können dem Hund das Gefühl vermitteln, dass auch Sie den Konflikt beenden wollen.
Sollte der Hund ressourcenverteidigendes Verhalten zeigen gilt im Grundsatz das Gleiche: Wahren Sie Distanz oder bauen Sie sie auf und akzeptieren Sie die Grenze.
Es ist weder klug noch fair, auf solche Unstimmigkeiten mit der typischen Gewalt zu reagieren, nur weil wir Dank Mutter Natur der Überlegene in der Auseinandersetzung sind.Das führt lediglich dazu, dass die Kommunikation mehr und mehr in einem Sumpf von Missverständnissen und Unvermögen erstickt. Stattdessen sollten Sie freundlich und geduldig solche konfliktträchtigen Situationen trainieren. Das schafft Bindung und ist der sicherste Weg, derartige Schwierigkeiten in der Zukunft zu vermeiden.
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39. Euthansie / Einschläferung
Diese Begriffe sind immer mit Schmerz und großer Unsicherheit verbunden. So eine Entscheidung treffen zu müssen liegt nicht in unserer Natur und hat das Gegenteil zur Folge, von dem, was jeder der liebt, sich wünscht. Und doch kann die Entscheidung zur Einschläferung das Ergebnis ehrlich empfundener Liebe sein.
Eine Entscheidung solchen Ausmaßes kann ich nicht leichter machen, so sehr ich es mir auch wünschte. Es gibt keinen Fragenkatalog, den wir einfach durchgehen müssen, um zu erkennen, ob und wann eine solche Entscheidung getroffen werden sollte. Wie sollte so eine allgemeingültige Liste mit Fragen auch formuliert sein, wenn wir die Einzigartigkeit jedes Individuums( und somit auch des Hundes) berücksichtigen? Die Fragen, die ich mir stellen werde sind: Überwiegt die Freude am Leben oder der Schmerz? Was sagt mir mein Hund? In seinem Blick, in seiner Bewegung, in seiner Anteilnahme am Geschehen? Und natürlich: Besteht berechtigte Hoffnung auf eine Verbesserung der Lebensumstände?
Auch ich muss mich langsam mit diesem Gedanken des Abschiednehmens befassen. Den Luxus der Verdrängung wird sich nur leisten, wer keinen Hinweis auf einen baldigen Abschied erkennen kann. Und so sehr mich dieser Gedanke bestürzt und in tiefe Traurigkeit versinken lässt, so schenkt er mir auch einen Funken Trost. Zu wissen, dass mein geliebter Hund nicht länger leiden muss, nicht qualvoll auf „die andere Seite“ wechselt, in meinem Arm, sanft hinübergleiten darf, ist eine Gnade, die ehrlicher nicht sein kann, wenn wir lieben.
Der Tag wird kommen, an dem ich es nicht mehr herausschieben, wegschieben kann. Eine Gewissheit ohne jeden Hauch eines Zweifels ist für mich unvorstellbar und dennoch wird es einen Punkt geben, an dem ich nach besten Wissen und Gewissen den Arzt benachrichtige.
Ich wünsche mir, dass es mir gelingt, meine tiefe Traurigkeit so gut wie möglich kontrollieren zu können. Ganz verbergen kann ich sie sicher nicht vor meinem geliebten Hund, der ein Leben lang meine Stimmung gut einschätzen konnte. Ich wünsche mir, dass der Hausbesuch des Arztes meinem geliebten Hund keinen weiteren Stress verursacht und der Tierarzt Ruhe uns Warmherzigkeit ausstrahlt. Ich wünsche mir, dass mein geliebter Hund, sanft in meinem Arm einschläft.
…
Bitte liebe(r) HundehalterIn, informieren Sie sich rechtzeitig und gut bei Ihrem Tierarzt. Stellen Sie Fragen zu dem Euthanasiemittel, dass zum Einsatz kommen soll, da Sie sicher Ihrem Tier einen qualvollen Tod ersparen wollen.
Bitte lesen Sie dazu:
http://www.ltk-hessen.de/fileadmin/www_ltk_hessen_de/altbestand/pdf/Euthanasie.pdf
"Es ist ein Weg ohne Rückkehr und nur wer informiert ist, ist auch angstfrei und kann mit gutem Gewissen und freiem Kopf entscheiden."
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40. Angstreduktion durch Flooding?
Flooding ist der englische Begriff für eine Reizüberflutung. Bei der Methode des Floodings wird der Hund so lange mit einem stark negativen / meist angstauslösenden Reiz ausgesetzt bis keine Angstreaktionen mehr gezeigt werden. Die Ausweglosigkeit führt dazu, dass sich das Tier regelrecht aufgibt. Das Ausbleiben der anfänglich gezeigten Angstreaktionen wird fälschlicherweise oft als Entspannung und Überwindung der Angst angesehen.
Leider erfreut sich diese Therapieform in Hundetrainerkreisen größter Beliebtheit. Die Hunde werden mit ihren Ängsten in Extremform konfrontiert und die Folgen sind verheerend.
Der größte Irrtum bei der positiven Bewertung dieser Methode liegt m.E. bei den Vergleichen zur menschlichen Angstbewältigung. Doch hier gibt es gravierende Unterschiede!
Flooding als Verhaltenstherapie wird bei menschlichen Angstpatienten ausschließlich angewandt, wenn der Patient sich dazu bereit erklärt und wenn keinerlei gesundheitlichen Probleme bestehen. Darüber hinaus wird dem Patient die genaue Vorgehensweise erklärt und der ständige Beistand eines qualifizierten Therapeuten zugesichert. D.h. der Patient weiß genau, worauf er sich einlässt und dass er zu keinem Zeitpunkt wirklich in Gefahr sein wird er wird.
Die Heilungschance liegt bei 60 % (Dorsch).
Flooding beim Hund ist somit etwas ganz anderes. Der Hund wird NICHT aufgeklärt, dem Hund wird NICHT die Zusicherung gemacht, dass auf ihn aufgepasst wird und der Hund weiß NICHT, dass er im Grunde in SICHERHEIT ist. Der Hund wird REAL mit seiner Angst in höchster Intensität konfrontiert (ohne Fluchtmöglichkeit oder einer anderen Bewältigungsstrategie).
Die Belastung für Herz und Kreislauf sind wohl kaum auf andere Weise steigerbar. Auch körperliche Verletzungen, angebunden oder frei, sind nicht einschätzbar. Das Verhalten des Hundes ist in dieser lebensbedrohlich empfundenen Situation nicht mehr kontrollierbar. Was die absichtlich herbei geführte Todesangst für seelische und geistige Folgen hat, ist ebenso wenig überschaubar.
Da ein Hund seine Erfahrungen ganz individuell interpretiert und verknüpft ist auch die Gefahr einer weiteren Angstreizverknüpfung denkbar, was die Angsttherapie noch einmal erschwert oder gar unmöglich macht. Und nicht zuletzt der Vertrauensverlust zum Halter, der niemals ausgeschlossen werden kann und der nur sehr selten völlig umkehrbar ist.
Die Hauptvoraussetzung, dass Flooding überhaupt Erfolg zeigt, ist ein intaktes Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Therapeut (Walter 2004, Verhaltenswissenschaft).
Dieses Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Arzt wird aufgebaut, indem sich ausreichend Zeit genommen wird, das Verfahren der Angstkonfrontation zu erläutern und offene Fragen zu beantworten. Der menschliche Patient versteht genau worum es geht und lässt sich ausschließlich darauf ein, wenn er seinem Therapeuten vertraut. Und der Mensch lässt sich nur darauf ein, weil er sich einen Erfolg davon verspricht.
Diese Grundvoraussetzungen können bei einem Tier niemals erreicht werden, was somit laut aktueller Verhaltensbiologie einen Erfolg ausschließt.
Bitte liebe Hundehalter, bleiben Sie kritisch – Ihrem Hund zuliebe.
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41. Entspannt oder doch gestresst?
Innerliche Katastrophen zeigen sich nicht immer mit vergleichbarer Wucht auch an der Oberfläche. Wir machen bei der Beurteilung des Gemütszustandes unserer Hunde häufig den Fehler, dass wir meinen, dass mit unserem Hund alles in bester Ordnung ist, weil er sich scheinbar unauffällig oder gar nicht bewegt oder weil er keinen Ton von sich gibt. Sätze wie „plötzlich rastet der Hund aus, ohne jede Vorwarnung“ sind das Resultat. Und es ist erneut ein Indiz dafür, wie wenig wir unsere Hunde kennen und wie schnell wir bereit sind sie zu diskreditieren.
Es ist immer das gleiche traurige Spiel: Dass wir in der Beziehung zu den Hunden die meisten Fehler machen, ist uns nicht bewusst und käme so manch einem wohl auch nie in den Sinn. Wir sind häufig fest davon überzeugt, dass wir unsere Hunde bestens einschätzen und beurteilen können, ohne eine Ahnung davon zu haben, wie falsch wir nicht selten damit liegen. Dieser Umstand ist allerdings weniger unserer Unfähigkeit geschuldet, als vielmehr das Resultat jahrelanger Fehlinformationen zum Thema Hund.
Ich möchte Sie bitten, genauer hinzusehen. Ein Hund, dem es nicht gut geht, weil er Angst oder anderweitigen Stress hat, ist das anzusehen. An seiner Art sich zu bewegen oder seiner Art sich nicht zu bewegen (Muskelspannung, Körperhaltung), an seinem Blick, an seiner Atem- oder Pulsfrequenz. Ich erlebe immer wieder Hunde, die von ihren Haltern als entspannt beschrieben werden und die in Wirklichkeit gestresst sind. Um Stress zu erkennen müssen wir also genau hinsehen und wir müssen wissen, welche Verhaltensweisen bei Hunden Stress anzeigen können (wichtig: Hunde sind individuell, so ist auch ihre Körpersprache spezifisch, eine starre Betrachtung der Körpersprache kann uns auf die falsche Spur bringen). Auch sollten wir wissen, dass ein Hund durchaus in tiefster Verzweiflung stecken kann, ohne dass es dafür deutliche Hinweise geben muss. So zeigt ein Hund z.B. in wiederkehrend belastenden Situationen keinerlei oder nur noch äußerst geringfügige Anzeichen für Stress, da diese in einer sogenannten erlernten Hilflosigkeit nicht mehr gezeigt werden. Solche Situationen sind prädestiniert, um Anspannung mit Entspannung zu verwechseln.
Laut psychologischem Wörterbuch wird Entspannung folgendermaßen definiert: „...kurzfristiger (phasisch) oder länger anhaltender Zustand reduzierter metabolischer, zentralnervöser unbewusster Aktivität. Entspannung ist auf subjektivverbaler, physiologischer und motorischer Ebene mess- und definierbar. Entspannungszustände sind nicht mit den Schlafphasen gleichzusetzen, Entspannung geht mit wachem Verhalten einher, wenngleich auch die Schlafphasen subjektiv als entspannend erlebt werden können. Muskuläre, autonome und subjektive Entspannung müssen nicht korrelieren“. [Dorsch 1992, S. 176]
Entspannung findet also immer auf mehreren Ebenen statt: Auf der körperlichen, der seelischen und der geistigen Ebene und betrifft somit körperliche Vorgänge und Verhaltensweisen sowie Emotionen und Denkprozesse. Die körperliche Entspannung ist gekennzeichnet durch ein Nachlassen der Muskelanspannung, einer Senkung der Herzfrequenz und des Blutdrucks sowie einer Verlangsamung der Atemfrequenz. Die emotionale Entspannung ist charakterisiert durch Gefühle des Wohlbefindens, der inneren Ruhe, Gelassenheit und Gelöstheit. Darüber hinaus reduziert sich die Gehirnaktivität und damit die Kopfarbeit (an alles oder nichts denken), Denkabläufe finden gelockert statt. Außenreize werden vermindert wahrgenommen und lösen nur noch erschwert eine Reaktion aus.
Wenn Sie nun künftig das Verhalten Ihres Hundes bzw. seinen Gemütsverfassung hinsichtlich eines Entspannungszustandes beurteilen wollen, sollten Sie das unter diesen Aspekten tun.
Zum besseren Verständnis nachfolgend eine Erläuterung zum Thema (Dis-)Stress, der Kehrseite zur Entspannung.
(Dis-)Stress ist definiert als ein Spannungszustand, der durch die Befürchtung entsteht, dass eine aversive, zeitlich nahe oder bereits eingetretene subjektiv lang andauernde Situation als nicht vollständig kontrollierbar erlebt wird, deren Vermeidung aber subjektiv wichtig erscheint“. (vgl. Aichinger, 2003)
Stress bewirkt immer einen subjektiv empfunden Zustand des „inneren Kampfes“ und kann je nach Intensität, Dauer und individuellem Empfinden zu Hyperaktivität oder Lethargie in Verbindung mit einer Depression führen. Charakteristisch für akuten (Dis-)Stress ist u.a. ein erhöhter Muskeltonus, erhöhte Wachsamkeit, erhöhte Atem- und Pulsfrequenz, verminderte Darmtätigkeit und erhöhte Nervosität.
Nun ist der sogenannte Disstress nicht immer ein Gefühl höchster Not, doch ein anfänglich minimales Stressempfinden kann zu einer massiven Belastungsstörung heranwachsen, wenn sie andauert. Und je höher der Stresslevel, je länger der Zustand des Gestresstseins, desto schwieriger wird es, diesen wieder aufzulösen.
Eine korrekte Einschätzung der Gefühlslage unserer Hunde ist nicht nur wichtig, weil sie uns Aufschluss darüber gibt, welche Verhaltensweisen zu erwarten sind und somit welche Vorkehrungen evtl. zu treffen sind ( Vorsorge ist besser als Nachsorge), sondern auch, weil dieses Verständnis die Grundvoraussetzung bildet, um dem Hund in bestimmten Situationen helfen zu können (Training von Alternativerhalten).Wir vergessen immer wieder, dass ein Problem nur gelöst werden kann, wenn wir das Prinzip dahinter auch verstanden haben.
Abschließend noch zwei kurze Beispiele, wie schnell wir Anspannung mit Entspannung verwechselt werden können.
Ein Hund muss immer dicht an Fußgängern vorbeigehen. Die Körperhaltung ist leicht geduckt, die Muskeln sind angespannt und die Pulsfrequenz ist erhöht. Der Hund ist in erhöhter Alarmbereitschaft, d.h. gestresst. Diese Veränderungen können allerdings nur wahrgenommen werden, wenn der Halter auf seinen Hund achtet und genau hinsieht. Da wir in der Regel jedoch selbst schauen müssen, wohin wir gehen, werden diese Anzeichen für Stress nicht gesehen. Die trügerische Einschätzung des Halters lautet: Mein Hund hat überhaupt kein Problem, sich sicher durch dichtes Menschengedränge zu bewegen. Bis dann eines Tages „aus heiterem Himmel“ der Hund Verteidigungsverhalten in Form z.B. von Schnappen gezeigt hat, weil die andauernde Belastung nicht mehr aushaltbar war.
Ein anderes Beispiel ist die häufige Annahme der Halter, dass ihr Hund locker allein bleiben kann, weil das Ausbleiben von bellen, jaulen oder fiepen mit Entspannung gleichgesetzt wird. Ein Hund, der gestresst ist, muss dies nicht zwangsläufig über Lautäußerungen preisgeben! Hunde können völlig lautlos in Gefühlen wie Verlassensein, Angst oder Einsamkeit ausharren.
Es gibt sicher noch eine Fülle an weiteren Beispielen, in denen wir Anspannung mit Entspannung verwechseln. Solche Fehlinterpretationen sind deshalb so tragisch, weil sie ein sinnvolles Training und einen fairen Umgang mit unseren Húnden unmöglich machen.
Bitte denken Sie immer daran: Nur wenn wir die Notwendigkeit erkennen, wirklich hinzusehen, werden wir auch fair mit unseren Hunden umgehen können.
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42. Wenn Hunde älter werden
Auch beim Älterwerden unserer Hunde ist es hilfreich den Vergleich zu uns Menschen herzustellen. So entspricht ein einjähriger Hund ungefähr einem 14 Jahre alten Menschen. Dieser enorme Alterungsprozess nimmt bei Hunden allerdings auch wieder ab. Im mittleren Hundealter nähert sich diese Entwicklung der geläufigen 7:1 Regel (1 Menschenjahr entspricht 7 Hundejahren). Und ein 10jähriger Hund altert ca noch 4 Jahre schneller als wir. Selbstverständlich sind das nur Richtwerte. Der individuelle Verlauf des Älterwerdens ist abhängig von der Haltung, dem Gesundheitszustand und der genetischen Disposition. Doggen z.B. werden selten älter als 6 Jahre, auch andere großwüchsige Tiere haben eine geringere Lebenserwartung als kleinere Hunde..
Welche Veränderungen finden im Körper eines alternden Hundes statt?
• Durch die verzögerte Zellerneuerung verringert sich der Muskelanteil sowie das Binde- und Stützgewebe.
• Abnahme der Nervenzellen.
• Der Anteil an Fettgewebe erhöht sich zu Lasten der Muskelmasse.
• Der Stoffwechsel verändert sich, Nahrungsbestandteile können nicht mehr so gut verwertet werden, die Ausscheidungsfähigkeit von Medikamentenrückständen oder Giften nimmt ab und der Verdauungsapparat wird insgesamt träger.
• Die Fähigkeit Wasser zu speichern nimmt ab.
• Alle Sinnesorgane verlieren zunehmend ihre Wahrnehmungsfähigkeiten.
• Haut, Knochen, Bänder, Sehnen etc degenerieren, was eine deutlich geringere Körperbelastbarkeit zur Folge hat.
• Schmerzhafte entzündliche Abnutzungsprozesse insbesondere an Hüften, Ellenbogen, Knien, Schulter und Wirbelsäule (Arthrose) häufig in Verbindung mit schmerzhaften Muskelverspannungen durch Fehlhaltungen.
Diese Aufzählung ist nicht vollständig, viele weitere körperliche Veränderungen begleiten und erschweren das Leben des alternden Hundes.
Arthrose spielt im Alter fast immer eine Rolle, daher möchte ich dazu noch ein wenig mehr informieren. Von Arthrose sprechen wir, wenn sich der Gelenkknorpel über die Jahre immer mehr abgenutzt hat. Der Knorpel hat die Aufgabe, die Bewegungen ab zu federn und so die Gelenkknochen zu schützen. Gelenkschmiere hält den Knorpel geschmeidig. Knochenabsplitterungen, zu wenig Gelenkschmiere oder Gelenkfehlbildungen sind die Hauptgründe dafür, dass der Knorpel sich mehr und mehr durch Reibung abnutzt. Eine extrem schmerzhafte Entzündung der Gelenkhaut ist die Folge. Schwierigkeiten beim Aufstehen, Steifbeinigkeit, Gelenkknacken und vieles mehr deuten bereits auf eine fortgeschrittene Arthrose hin. Darüber hinaus führen häufig Fehlhaltungen sogenannte Schonhaltungen zu äußerst qualvollen Muskelverspannungen und damit wiederum zur stärkeren Abnutzung der weniger degenerierten Gelenke und Knochen.
Bei Arthrose sind mehrere kürzere Gänge über den Tag verteilt sinnvoller, als lange Spaziergänge. Wichtig ist, dass die Beweglichkeit und die Muskeln erhalten bleiben. Bewegungsvermeidung ist daher nicht sinnvoll. Schwimmen ist beispielsweise bestens geeignet dem Muskelabbau entgegenzuwirken ohne die Gelenke zu belasten. Auch langsames Gehen auf weichem Untergrund ist förderlich. Eine sinnvolle Unterstützung bieten auch Physiotherapeuten und Tierärzte.
Da Vorsorge immer besser ist als Nachsicht möchte ich an dieser Stelle kurz einen gedanklichen Abstecher machen und auf typische und alltägliche Bewegungen im Leben von jungen Hunden hinweisen, die insbesondere die Vorderbeine belasten und damit die Entstehungen von Arthrose begünstigen.
• Ball- bzw. Wurfspiele sollten wir auf ein Minimum begrenzen, da dieses abrupte Stoppen aus dem vollen Lauf die Vorderbeingelenke extrem belasten! Mittlerweile würde ich sogar soweit gehen, dass ich solche Spiele ganz aus dem Repertoire streiche. Weitaus besser geeignet sind Such- und Fährtenspiele und Aufgaben bei denen die Spielutensilien im ruhigen Lauf apportiert werden. (Denken Sie bitte immer daran, Hunde zeigen in der Regel erst sehr spät über das Lahmen oder Humpeln an, dass eine Belastung über das Maß hinaus stattgefunden hat und die Gesundheit bereits in Mitleidenschaft gezogen ist.)
• Treppenlaufen insbesondere kurzbeinige Hunde und Hunde mit einer ungesunden Anatomie, aber auch große Hunde mit einer gesunden Anatomie können bei häufigen Treppenlaufen früher Gelenkprobleme ausbilden.
• spezielle Hundesportarten
• Springen speziell herunterspringen von Möbelstücken, aus dem Auto oder von sonstigen erhöhten Flächen. Leider machen wir uns selten bei jungen Hunden darüber Gedanken, wenn sie ausgelassen und übermütig von bzw. auf Sofas, Betten, Stühle oder sonstigem springen. Die Verletzungsgefahren und die zahlreichen Auswirkungen, die sich möglicherweise erst später zeigen, sind uns nur selten bewusst. Es gilt: Je kurzbeiniger - sprich ungesünder die Anatomie des Hundes - desto wahrscheinlicher werden sich diese Sprünge irgendwann rächen, z.B. mit frühzeitiger Arthrose. Dann helfen ggf. nur noch Medikamente und auch diese werden nur bedingt Erleichterung schaffen. Wenn Sie Ihrem Hund den Zugang zum Sofa bzw. Bett ermöglichen möchten, trainieren Sie von Anfang das Laufen über Rampen oder zumindest das Abspringen auf eine weiche Matratze oder einem entsprechendem Kissen.
Zurück zu den Seniorenhunden.
Bleiben wir beim Springen. Besonders ältere Hunde werden uns dankbar sein, wenn sie bei der Überwindung von Höhenunterschieden gehoben werden oder über Rampen laufen dürfen. Aber nicht nur das Herunterspringen, sondern auch das Hochspringen sollte vermieden werden, da hochspringen mit zunehmendem Alter beschwerlicher wird und weil diese Bewegung diverse Verletzungsgefahren (Kreuzbandriss etc) birgt. Maßgeschnittene Schaumstofframpen können hier zum Einsatz kommen und gute Dienste leisten. Größere Hunde, die Sie nicht tragen können oder wenn gerade keine Rampe zur Hand ist, sollten Sie Sprünge mit festem Griff am Brustgeschirr abfangen oder unterstützen.
Neben den vielen körperlichen Einschränkungen und Auswirkungen, die wir beachten sollten verändert sich jedoch auch das Verhalten der Hunde im Alter. Wie viele Menschen auch entwickeln Hunde im Alter Ängste. Diese Tatsache ist wenig verwunderlich, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass auch Hunden durchaus bewusst ist, dass sie in (vermeintlich) gefährlichen Situationen sich schlechter wehren bzw. flüchten können, sie werden regelrecht zu Opfern. So können Hundebegegnungen problematischer werden, weil präventiv versucht wird, sich andere vom Leib zu halten, was sich in Drohverhalten unterschiedlichster Ausprägung zeigen kann (bitte nicht den Hund dafür bestrafen!). Auch Freiläufe auf entsprechenden Plätzen mit jungen Wilden werden seltener von Seniorenhunden geschätzt, da aufgrund der schmerzenden Knochen nur noch wenig Interesse an stürmischen und ungestümen Spielen besteht. Heftiges und wildes anrempeln, schubsen oder gegenseitiges jagen und auf den Boden drücken ist mit Schmerzen und nicht zuletzt mit Verletzungsgefahr verbunden und es finden sich immer ein paar Rowdys unter den Hunden, die auf die körperlichen Wehwehchen ihrer älteren Artgenossen keine Rücksicht nehmen. Dagegen sind seniorengerechte Formen des Spiels oder Kontakte selbstverständlich auch im Alter noch je nach Gesundheitszustand eine willkommene Ablenkung von der vielen Langeweile, die ein Hund so erleidet.
Auch Geräuschängste wie Feuerwerk, Schüsse, Straßenverkehr usw. können sich durchaus im Alter entwickeln. Insgesamt ist die Palette der möglichen Reize, die mit zunehmendem Alter als beängstigend oder bedrohlich eingestuft werden können, endlos. Wenn Sie Ihren Hund aufmerksam beobachten, werden Sie sicher herausfinden, was Ihr Hund braucht, da er es Ihnen deutlich mitteilen wird.
Es gibt viele Möglichkeiten, das Leben eines alternden Hundes zu erleichtern und Schmerzen zu minimieren. Mit einem speziellen Brustgeschirr, das eine sehr breite Auflagefläche unter der Brust bietet, können Sie z.B. dem Hund z.B. helfen Treppen zu laufen oder Höhenunterschiede zu überwinden, indem Sie einfach ein Teil seines Gewichtes mittragen. Maßgeschneiderte Schaumstofframpen verhindern unfallträchtige und schmerzhafte Sprünge. Orthopädische Unterlagen oder Hundebetten und vieles mehr kann das Altwerden für Ihren Hund etwas angenehmer gestalten.
Auch kann eine langsame Umstellung des Futters ratsam sein, da die Speichelproduktion nachlässt was dazu führt, dass speziell trockene Nahrung schlechter herunter geschluckt werden kann (Erstickungsgefahr). Auch die Kaukraft – wenngleich es sich hierbei um einen der stärkste Muskel überhaupt handelt - lässt nach. Oft reicht es aus, das Trockenfutter einzuweichen. Ebenso können Zahnprobleme (bitte unbedingt vom Tierarzt untersuchen lassen) und die verminderte Fähigkeit zur Geschmackswahrnehmung eine Umstellung des Futters sinnvoll machen. Und nicht zuletzt verändert sich auch der Stoffwechsel bei alternden Hunden, so können z.B. Nahrungsbestandteile nicht mehr so gut verwertet werden. Verteilen Sie Ihre Futtergaben über den Tag hinweg, größere Futtermengen können zu Verdauungsproblemen führen, da auch der Verdauungsapparat seine Leistungsfähigkeit im Alter einbüßt. Beachten Sie bitte auch, dass Hunde - wie wir - im Alter weniger Kalorien verbrauchen und das Übergewicht zusätzlich die Gelenke und die Organe belastet sowie das Diabetesrisiko fördert.
Zusammenfassend kann man also sagen, dass das Altern sich nachteilig auf
• die Sinneswahrnehmungen, also Sehkraft, Hörfähigkeit, Tastsinn, riechen/schmecken
• die Motorik, also Beweglichkeit, Kraft, Geschicklichkeit
• das Gehirn, also Gedächtnis, Reaktionsfähigkeit, Koordination, Informationsverarbeitung
auswirkt.
Doch das hässlichste Gesicht des Älterwerdens ist wahrscheinlich die häufige und oft andauernde Schmerzbelastung, die in der Regel kontinuierlich ansteigt. Nach vielen Gesprächen mit Tierärzten bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass eine Gabe von entzündungshemmenden und/oder schmerzlindernden Medikamenten sinnvoll sein kann. Auch dauerhaft. Letztlich müssen wir für und wider immer gut abwägen. Bitte informieren Sie sich bei Ihrem Tierarzt, ob und wann eine medikamentöse Behandlung der Schmerzen angesagt ist, denn ein Leben voller Schmerz ist kein Leben mehr.
Beobachten Sie Ihren Hund und fühlen Sie sich in seinen alternden vielleicht schmerzenden Körper hinein. Bedenken Sie immer dabei, dass Hunde ihren Schmerz lange nicht so deutlich zeigen, wie wir Menschen es in der Regel tun. Manchmal sind es Kleinigkeiten, die auf Schmerzen hinweisen: Lecken von Gliedmaßen oder Körperstellen, häufiges Liegen, einrollen der Zehen im Liegen, langsamere und Bewegungen, nachlassen der Bewegungsfreude. Lahmheit wird – wie bereits erwähnt- erst sehr spät gezeigt. Wahrscheinlich gibt es nur ausgesprochen wenige Menschen, die das Leben mit einer vergleichbaren Schmerzintensität noch so tapfer meistern würden, wie es unsere Hunde tun! Doch genau diese Tapferkeit birgt auch zugleich die große Gefahr, dass die Menschen nicht erkennen, dass ihr Hund hier und da Hilfe oder so manche Veränderungen braucht.
Wie sich das Älterwerden gesundheitlich bemerkbar macht, ist selbstverständlich individuell. Aber eine Aussage kann allgemeingültig getroffen werden: Altwerden ist nichts für Feiglinge, das gilt auch für Hunde. Berücksichtigen Sie das vermehrte Ruhebedürfnis, achten Sie auf eine Altersgerechte Bewegung und schauen Sie, wo Ihr Hund Hilfe braucht oder wo eine Umstellung der Gewohnheiten sein Leben verbessern könnte.
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43. Die Bezeichnung Problemhund ist problematisch
Die Anzahl der Hunde, die üblicherweise als Problemhunde bezeichnet werden, steigt gewaltig. Und tatsächlich ist es erschreckend, wie viele Hunde unter uns leben, die wahrlich große Probleme im Umgang mit uns Menschen oder in der Begegnung mit Ihresgleichen haben.
Ich mag diese Bezeichnung gar nicht, da ihr die Aussage anhaftet, der Hund sei das Problem. Doch das ist falsch. Der Hund ist nicht das Problem, sondern der Hund hat Probleme, bei deren Bewältigung er unsere Hilfe braucht. Und leider fehlt auch viel zu oft die Einsicht, dass i.d.R. wir Menschen es waren, die den Hunden so viele Probleme gemacht haben, dass sie verhaltensauffällig wurden. Es handelt sich also häufig um Hunde, die mit Problemmenschen Kontakt hatten.
Erinnern Sie sich an den „Problembären“ Bruno, wie Herr Stoiber ihn nannte? Dieser Name wurde ihm verliehen, weil er von Menschen als Problem gesehen wurde, weil er zu nah, zu anders, zu groß, zu braun und was weiß ich noch alles war. Und er wurde so betitelt, weil er völlig verkannt und bewusst verteufelt wurde. Das alles bezahlte er mit dem Leben. Was das mit Hunden zu tun hat? Mehr als Sie vielleicht denken. Auch Hunde bezahlen viel zu oft mit ihrem Leben, weil sie falsch trainiert, falsch behandelt, falsch eingeschätzt und bewusst verunglimpft wurden.
Aus diesen Gründen mag ich diese Bezeichnung überhaupt nicht. Ich finde sie sehr negativ und gänzlich ungeeignet.
Welche Hunde gelten als Problemhunde?
Als Problemhunde gelten alle Hunde, deren Verhaltensauffälligkeiten dazu führen, dass der Umgang mit ihnen von uns mehr Aufmerksamkeit oder mehr Einsatz fordert. Und alle Hunde, die teilweise oder gänzlich Widerstand zeigen, wenn sie in das zuweilen arg begrenzte Leben der Menschen integriert werden sollen. Dabei sei angemerkt, dass dieser Widerstand oftmals nicht auf einer Entscheidung des Hundes basiert, sondern dem Umstand der Andersartigkeit geschuldet ist. (Allein von den Bedürfnissen passen Hunde und Menschen nur bedingt zusammen, z.B. Bewegungsfreude.)
Wie kann ich einem Hund mit Problemen helfen?
Einzig, indem das eigentliche Problem des Hundes erkannt wird. In erster Linie sind es Angstprobleme, die sich in Verteidigungsverhalten, Weigerung, oder Aggression äußern. Es muss also immer das auslösende Gefühl (häufig Angst) analysiert und dann entsprechend therapiert werden.
Welche Fehler werden häufig bei sogenannten Problemhunden gemacht?
1. Das eigentliche Problem wird gar nicht analysiert, falsch interpretiert oder schlicht standardisiert.
2. Das Problem wird durch Strenge, Einschüchterung und Gewalt in jeder Form (auch stimmlich) „aus der Welt geschafft“ .Diese gängige Praxis hat immer zur Folge, dass sich das Problem verstärkt und/oder noch weitere hinzukommen.)
Um einem Hund mit Problemen helfen zu können ist es ratsam, genau zu beobachten und vorschnelle Interpretationen bewusst zu vermeiden. Es gibt keinen Problemkatalog, in dem wir einfach mal nachschlagen können. Jedes Problem ist individuell: In seinem Anfang, seiner Ursache und seiner Auswirkung. Mit der richtigen Problemanalyse steht und fällt somit alles. Nachdem Sie das ursächliche Problem für das Verhalten verstanden haben, sollten sie konsequent freundlich und für den Hund verständlich ein Alternativverhalten bzw. Angstreduktion trainieren.
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44. Sein Sie Ihrem Hund ein netter „Chef“
Und dieses Prinzip können Sie 1:1 auf das Zusammenleben mit Hunden übertragen.
Oder sind Sie ein "Chef", der unaufhörlich seine Führungsposition deutlich macht, weil er Angst hat diese Position könnte ihm durch einen Moment der Freundlichkeit abhanden kommen? Und wenn Sie so ein "Chef" (geworden) sind, entspricht das Ihrem ureigenen Wesen? Verhalten Sie sich Ihrem Hund gegenüber so, weil es Ihrem Charakter entspricht? Oder verhalten Sie sich so, weil man Ihnen eingetrichtert hat, dass man so mit Hunden verfährt, weil sie sonst bei der kleinsten Schwäche die Macht übernehmen?
Übernimmt er dann die Gewalt über den Inhalt Ihrer Vorratskammer oder des Kühlschranks? Verwehrt er Ihnen den Zutritt in die Schlafgemächer? Oder hindert er Sie gar daran, das Haus nach Belieben zu verlassen? Oder lässt er gar die Schlösser in Ihrer Abwesenheit auswechseln und hängt anschließend ein Bettlaken mit der Aufschrift „dieses Haus ist besetzt“ aus dem Fenster?
Was für ein trauriges Hundeleben.
Bauen Sie das Training folgendermaßen auf.
Setzen Sie sich mit Ihrem Hund im Haus oder in der Wohnung in Ruhe hin (keine Ablenkung durch Geräusche wie Fernsehen, Radio oder sonstiges und auch keine Ablenkung durch andere Personen). Wählen Sie als Belohnung etwas GROSSARTIGES und UNGLAUBLICHES, etwas was Ihr Hund sonst NIE bekommt. Schneiden Sie dieses in lohnenswerte Häppchen und legen Sie los.
Pfeifen- füttern. Kein reden, kein loben, nur Geräusch und Futter. Und die Futtergabe erfolgt UNMITTELBAR nach dem Pfeifton. Wiederholen Sie das 14 Tage lang in mehreren Sequenzen (ca 70 Stückchen pro Tag). Nach 14 Tagen im Haus sollten Sie 1000 Wiederholungen geschafft haben und Sie können davon ausgehen, dass eine solide Konditionierung auf diesen Pfeifton stattgefunden hat. (Hinweis: Es ist ratsam den Hund in dieser Zeit abends zu füttern. Je mehr Appetit der Hund tagsüber hat, desto effektiver das Trainingsergebnis!)
Danach rufen Sie draußen Ihren Hund mittels Pfiff unter langsamer Reizsteigerung ab, d.h. zu Beginn pfeifen sie nur, wenn Ihr Hund ohnehin nichts anderes zu tun hat, als sich ein Leckerlie abzuholen. Wichtig: Wenn Sie gepfiffen haben erfolgt IMMER die Belohnung, und zwar DIE Belohnung, die Sie trainiert haben. Setzen Sie die Pfeife also nur ein, wenn ein Abruf notwendig bzw. wichtig ist.
Einsatz eines Maulkorbes jedoch nur bedingt geeignet, um dieses Thema aus der Welt zu schaffen. Denn das Tragen eines Maulkorbes wird in den meisten Fällen von den Hunden als sehr unangenehm empfunden, häufiger mit der Folge eines erhöhten Stresslevels. Stress wiederum kann schnell neue Probleme bescheren, die weit schlimmer sind, als das ursprüngliche.
NEIN!
Sie müssen sich also ganz alleine auf den Weg machen, um die Antwort zu finden. Und diese kann Ihnen auch ausschließlich Ihr Hund geben.
Ich hatte gestern so einen Tag. Als erstes bin ich mit dem Fuß umgeknickt, was recht schmerzvoll war. Später ließ sich mein Hund in einem Moment der Unachtsamkeit einen Kothaufen schmecken, was mich wirklich sehr ekelt, zumal… naja ich erspare Ihnen jetzt weitere Details ;)
Denn, was wir häufig vergessen: Aus Opfern werden schnell Täter. So wie bei meinem Hund.
Und als ich so mit den Rücken zu den Hunden stand und zärtlich meinen Hund streichelte, gab der große stabile Zaun nach und mein Hund war binnen Sekunden unter den Hunden begraben. So ein kollektiver Überfall endet nicht selten tödlich, weil sich die Hunde gegenseitig pushen. Ich war mir daher fast sicher, dass in diesem Augenblick mein Hund neben mir in Stücke gerissen wurde. All mein Bemühen, die Hunde wegzuschieben scheiterte, mein Hund war nicht mehr zu sehen und gab auch keinen einzigen Ton von sich.
…
Doch mein Hund überlebte diesen Angriff. Der Tierarzt brauchte drei Stunden, um all die Wunden zu nähen. Aber mir war die ganze Zeit klar, dass die seelischen Wunden viel viel schlimmer sein würden. Ich fing mit meinem Training bei ihr nicht nur erneut bei Null an, sondern noch viel weiter dahinter. Es war derzeit uneinschätzbar, was diese Minuten der Todesangst mit meinem Hund machen würden. Ob sie möglicherweise sich niemals mehr von mir anfassen lassen würde, denn ich war es, die sie in diesem Moment im Stich gelassen hatte. Und ich war es, die sie in diese Situation hineingeführt hatte. In dem Moment ihres größten Vertrauens ist ihr das Schlimmste passiert! Ich wusste nicht, ob sie jemals wieder das Haus verlassen würde oder wie sie auf die nächste Hundebegegnung reagieren würde oder oder…
…
Wir können heute im Wald und im Feld wieder jedem Hund begegnen, sie zeigt mir, wie viel Sicherheitsabstand zu braucht und den billige ich ihr selbstverständlich zu. Wenn der andere Hund ruhig bleibt, bleibt sie es auch. In den Straßen gestaltet es sich bis heute deutlich schwieriger, was damit zusammenhängen kann, dass der besagte Zaun zu einem Haus gehörte und die Gefahr in Verbindung mit einem oder mehreren Häusern verknüpft wurde.
Insgesamt ist es seitdem schwieriger großen hellen Hunden zu begegnen, was die gestrige Situation noch einmal verdeutlich hat. Die ersten Jahre reagierte sie auf diese fast panisch.
Heute reagiert sie zwar nicht mehr panisch, aber immer noch sehr gestresst (sehr hoher Puls, zittern und totale Muskelspannung.) So lange ich sie jedoch an der Leine führe oder einfach nur an ihrer Seite stehe meistern wir auch solche Begegnungen verhältnismäßig gut.
Doch wenn ich ihre Leine nicht halte und sie nicht den Schutz durch mich spürt, greift sie an. Nicht, weil sie sich rächen will oder wütend ist, sondern weil sie darin ihre einzige Chance sieht, diese Begegnung zu überleben. So übertrieben wie das auf den ersten Blick klingen mag, genau das ist der Grund.
Das hilft natürlich nicht weiter. Gut ist es dann, das Erlebte mit jemanden zu teilen, der es sachlich analysiert. Bei einer sachlichen Analyse wäre noch mal verdeutlich worden, dass zumindest körperlich niemand zu Schaden gekommen ist und –was jeder von uns in solchen Situationen wohl braucht – der Hinweis, dass wirklich niemand fehlerfrei ist.
Und mit diesen Erkenntnissen kann die innere Ruhe zurückkehren, um dann den einzigen Vorteil aus diesem Erlebnis zu ziehen: Eine weitere kostbare Erfahrung, die uns möglicherweise vor schlimmeren bewahren kann.
Die Hoffnung stirbt zuletzt und das ist auch gut so, denn was wären wir ohne Hoffnung? Und was spricht dagegen, an einer Sehnsucht festzuhalten?
Die Frage, ob ich an Tierkommunikation glaube, würde ich erst einmal mit JA beantworten. Allerdings würde ich diesem JA sogleich ein ebenso überzeugtes ABER folgen lassen.
Ich schließe nicht aus, dass es Menschen gibt, die auf eine besondere Art und Weise mit Tieren in Kontakt treten können, die den meisten Menschen verborgen bleibt.
Paranormale Phänomene oder Parapsychologie sind ohne Frage sehr spannende Themen, die viele in ihren Bann ziehen. Doch es ist (und bleibt wahrscheinlich) eine Grenzwissenschaft, weil die Existenz übersinnlicher Fähigkeiten noch nicht in seriösen wissenschaftlichen Tests bewiesen werden konnten. Und das aus einem ganz simplen Grund: Derartige Phänomene konnten bis heute nicht willentlich herbei geführt werden, was am Ende immer das Scheitern des Versuchs zur Folge hatte. Dennoch will ich deren Existenz absolut nicht verleugnen. Im Gegenteil, ich glaube fest daran, dass es noch einiges gibt, was wir uns nicht erklären können.
An dieser Stelle sollte ich erwähnen, dass Tierkommunikation (ebenso wie Reiki) ein Teil meiner Ausbildung. Und meine Erfahrungen, die ich dort machen durfte, haben mich in dieser Überzeugung nur bestärkt. In diesem Zusammenhang „unterhielten“ sich Mitauszubildende mit meinem Hund und erzählten mir die haarsträubende Geschichten, die selbst einer sehr oberflächlichen Analyse nicht standhalten konnten. Eine Kollegin erzählte mir von meinem verstorbenen Hund und wie er heute auf einer grünen Wiese Ball spielt. Ich gebe zu, dass diese Vorstellung mir für einen kurzen Moment ein warmes Gefühl bereitet hat. Doch dieser schöne Moment war nur von kurzer Dauer und wurde jäh von einem Gefühl des Unglaubens und des Betrogenwerdens ausgelöscht. Darüber hinaus war ich fast gekränkt, wie leicht sie glaubte mich täuschen zu können und wie wenig originell die grüne Wiese „auf der anderen Seite“ war. Ich verkniff mir die Frage, ob mein Hund wieder jünger geworden wäre, denn mit dem Ball hatte sie zuletzt gar nicht mehr spielen können.
Dennoch möchte ich Tierkommunikation nicht gänzlich verteufeln, denn ich kann nichts Falsches daran erkennen, wenn Menschen den schmerzlichen Verlust eines Tieres besser verkraften, wenn sie derartiges hören. Und wer weiß, vielleicht gibt es diese grüne Wiese irgendwo wirklich. Eines ist sicher: Wer daran glauben kann und möchte ist sicher besser für die vielen traurigen Momente des Lebens gewappnet.
Warum ich mich mit Tierkommunikation kritisch auseinander setzen möchte ist, weil häufig den Kunden völlig unseriöse und folgenreiche Geschichten verkauft werden, die das Leben des Hundes einmal mehr nachteilig beeinflussen. Geschichten, die einzig dazu geeignet sind, das Missverstehen zwischen Mensch und Hund zu vergrößern und das Leben des Hundes zu erschweren. Und wahrlich, dafür sorgt schon eine sehr große Anzahl von sogenannten Hundeprofis.
Darum hier meine dringende Bitte: Seien Sie immer kritisch, wenn Ihnen mittels Tierkommunikation erklärt wird WARUM sich Ihr Hund so oder so verhält. Seien Sie kritisch, wenn Ihnen gratis zu dem verkauften Kontakt noch Trainings- oder Erziehungstipps mit auf den Weg gegeben werden. Geben Sie das Schicksal Ihres Hundes nicht aus den Händen, sondern bemühen Sie sich weiter um ein Verstehen. Glauben Sie mir, Ihr Hund bemüht sich nach Kräften und wartet bereits auf der Hälfte des Weges auf Sie!
Hunde haben es oftmals schon schwer genug in unserer menschendominierten Welt. Viele Antworten, die wir in Hinblick auf unsere geliebten Hunde suchen können wir allein durch Hinsehen und Hin-Fühlen beantwortet bekommen. Dafür brauchen wir keine verborgenen Kanäle sondern nur ein wenig Gefühl.
Nicht einmal der härteste Richter der Welt verurteilt ein Verhalten, wenn der Täter gar keine Alternative hatte!
Fast niemandem geht es darum, zu verstehen.
(entweder hat der Hund noch nicht gelernt stubenrein zu sein oder Stressverhalten)
2. Ihr Hund zieht, weil er ein bestimmtes Ziel schnell erreichen möchte (Feld, Wald, Hundekumpel etc. etc.)
3. Ihr Hund zieht, da an ihm über einen längeren Zeitraum Leinentraining in Form von Stehenbleiben, Leinenruck, Umdrehen, Kreislaufen etc. ausprobiert worden ist. Diese Art von Training ist häufig die Ursache, dass ein Hund noch mehr zieht!
4. Ihr Hund zieht, weil er Stress/ Angst hat.
5. Ihr Hund zieht, weil es Gewohnheit geworden ist.
Und zu letzt die Variante „Schepperdose“. Tatsächlich werden auch Gegenstände wie Schlüssel, Schepperdosen oder was auch immer genutzt um den Hund immer wieder zu erschrecken. Die einzige Folgen, die derartige Bemühungen haben sind: Schreckhaftigkeit, Nervosität und Angst-Aggressions-Störungen.
Ganz einfach, wir haben es hier mit gegensätzlichen Bedürfnissen zu tun. Der Eine will schnell, der Andere langsam. Wir akzeptieren keinen Kompromiss, der Hund soll sich unserer Geschwindigkeit (die i.d.R. für einen Hund viel zu langsam ist) anpassen. Ja und der Hund, hat schon wieder zig Stunden Langeweile im Haus, in der Wohnung, im Büro oder dem Arbeitsplatz etc. ausgehalten und möchte endlich ein wenig seine Bedürfnisse stillen, seine Geschwindigkeit laufen und am eigentlichen Leben teilhaben.
Und sie wächst, die Angst, Tag für Tag. Bis sie irgendwann nicht mehr ausgehalten wird und der Hund zuschnappt. Ein verzweifelter Versuch den Gegner einzuschüchtern, nicht um ihn zu verletzen! Nichts anderes. Eine Situation, die fast immer durch Menschen provoziert wurde. Nicht unbedingt durch den, den es trifft. Eine Situation, in der ein Hund so tief in seiner Angst ist, dass er sich mit einem so überlegenen Gegner wie einem Menschen anlegt. Selbst der große starke Wolf geht dem Menschen aus dem Weg, weil er ihn für überlegen hält.
Aber das sehen wir nicht. Das hinterfragen wir nicht. Das verstehen wir nicht.
Verstehen ist immer der Anfang.
Ich habe schon oft erlebt, dass ein Hund wieder an eine Tierschutzorganisation oder einen Züchter zurückgegeben wurde, weil die Beschreibungen zu dem Hund und/oder die Erwartungen an ihn nicht erfüllt wurden. Erwartungen zu wecken ist somit immer riskant. Und genauso gefährlich ist es, Erwartungen zu haben. Je detailreicher unsere Vorstellungen und Wünsche an etwas, desto höher ist das Risiko enttäuscht zu werden. Doch die große Gefahr einer regelrecht vorprogrammierten Enttäuschung - mit all seinen hässlichen Gesichtern - ist wahrscheinlich demjenigen gar nicht bewusst, wenn er einen Hund schlicht falsch beschreibt.
Wohlmöglich würden wir uns auch ohne Erwartungen gar nicht erst für einen Hund entscheiden. Es ist also völlig in Ordnung Erwartungen zu haben, aber diese sollten bewusst immer recht vage gehalten werden. Letztlich ist die Entscheidung für einen Hund ein Blinddate, nur mit dem Unterschied, das es hier nicht nur um ein paar gemeinsame Stunden geht, sondern hoffentlich um etliche gemeinsame (und glückliche) Jahre.
Die Beschreibungen, die von Tierheim- oder Tierschutzmitarbeitern, Pflegestellen, Züchtern oder oder oder den Hunden verpasst werden, sind de facto selten richtig. Und häufig nicht einmal annähernd zutreffend. Das hat viele Gründe, böse Absicht würde ich hier niemanden unterstellen.
Ich glaube auch, dass oftmals nach besten Wissen und Gewissen das Wesen der Hunde beschrieben und ihr Alter angegeben wird. Nur machen sich ganz offensichtlich viel zu wenige darüber Gedanken, welch verheerenden Auswirkungen es haben kann, wenn ein Hund, als freundlich, verträglich mit Katzen, Kinderlieb -und weiß der Himmel was noch alles- beschrieben wird, wenn es der Hund letztlich gar nicht leisten kann. Denn der künftige Adoptant hat sich wohlmöglich auch aufgrund der wohlklingenden Beschreibung auf der Internetseite Hals über Kopf in den Hund verliebt. Es überleben leider die wenigsten Hund-Mensch-Beziehungen, wenn nach der Eingewöhnungszeit der Hund langsam auftaut und zeigt, dass er tatsächlich Katzen sehr gerne mag, aber nur, wenn er sie vor sich herjagen darf etc.
Der Mensch fühlt sich (zu recht) betrogen und der Hund wird abgeschafft und lernt einmal mehr, dass er sich auf Menschen nicht einlassen sollte und ihnen auch nicht vertrauen darf.
Mein Wunsch wäre es, dass die Menschen aufhörten etwas über einen Hund auszusagen, wenn sie es nicht mit Sicherheit sagen können. Das Problem aber an der Sache wird wohl sein, dass jeder, der in der Vergangenheit Hunde beschrieben hat, auch sicher war, es richtig eingeschätzt zu haben. Daher wird das wohl ein frommer Wunsch bleiben.
Aber ein Anfang wäre gemacht, wenn Tierschutzseiten nur solche Angaben machen würden, die wirklich und wahrhaftig sind, wie Größe, Alter und ggf. Vorgeschichte.
Das Alter ist in vielen Fällen nur eine (vage) Schätzung, was den Haltern jedoch oftmals kaum bewusst ist. Problematisch dabei ist, dass auch kein Tierarzt eine sichere Einschätzung abgeben kann, zumindest nicht, so lange er diese Einschätzung aufgrund von Äußerlichkeiten vornimmt. Alterungsprozesse wie Zahnabnutzung, Fellverfärbung, Bewegungsabläufe usw. sind individuell und können nicht zur Altersbestimmung herangezogen werden.
Auffällig ist, dass die meisten Hunde aus dem Tierschutz 1-2 Jahre sein sollen. Ich habe hier meine Zweifel. Spielt hier möglicherweise der weitverbreitete Wunsch nach einem jungen Hund eine Rolle? Und selbst wenn es so wäre, könnte man es den Organisationen wirklich übel nehmen? Alles was diese Menschen tun ist einzig dem Wunsch geschuldet, eine verlorene Seele zu retten. All diese Menschen im Tierschutz wünschen sich nur, dass diese Hunde noch einmal etwas anderes kennenlernen als Hunger, Durst, Kälte, Hitze, Angst, Verzweiflung und Gitterstäbe. Ich habe großen Respekt vor diesen helfenden Menschen, die sich bemühen die Welt ein klein wenig besser zu machen, in dem sie einer verzweifelten Seele das ermöglichen, wonach wir uns alle sehnen: Ein Leben.
Aber ist es gefährlich, einen Hund als jung zu verkaufen, obwohl ihm möglicherweise schon aufgrund seines fortgeschrittenen Alters die Knochen weh tun. Ältere Hunde brauchen auf eine besondere Art unsere Hilfe und Unterstützung.
Ich hatte einmal einen Fall, in dem ein sehr großer Hund von seinem Halter als faul eingeschätzt und entsprechend getrietzt wurde. Man hatte ihm den Hund als 1 max. 2 jährig verkauft. Der Hund wurde immer wieder von seinem Halter gestresst und zu Leistungen gezwungen, zu denen er nur noch unter Schmerzen in der Lage war. Als der Halter dann einen Tierarzt aufsuchte, da ihm Zweifel kamen, bekräftigte dieser fatalerweise das junge Alter des Hundes.
Große Hunde altern sehr viel schneller, teilweise werden sie nur 6 Jahre alt. Somit ist jede Zucht in diese Richtung m.E. auch verantwortungslos.
Meine Bitte: Bleiben Sie was Altersangaben betrifft skeptisch und halten Sie es für möglich, dass Ihr Hund älter (vielleicht sogar viel älter) sein könnte.
Auch lese und höre ich immer wieder von den vermittelnden Stellen, dass zu dem Besuch einer Hundeschule geraten wird, was ich – vorsichtig formuliert – für unangebracht halte. Leider wird in kaum einer Hundeschule Individualität berücksichtig. Und Hunde werden häufig in Hundeschulen mit Gewalt trainiert (Leinenruck, Runterdrücken, Schmerzzuführungen, Anbrüllen etc etc etc) was nicht selten dazu führt, dass weitere Verhaltensauffälligkeiten geschaffen werden, wie Schreckhaftigkeit, Vertrauensverlust und Angstaggressionen usw. und das alles ohne dass die ursächlichen Probleme behoben werden konnten. Wenn Sie Hilfe brauchen, suchen Sie sich einen Therapeuten/Trainer der individuell mit Ihnen und Ihrem Hund arbeitet. Ob ein Trainer gut ist erkennen Sie u. an. daran, dass gänzlich ohne psychischer / physischer Gewalt arbeitet und daran, dass sich das Verhalten Ihres Hundes entsprechend verändert. Und das selbstverständlich innerhalb einer angemessenen Frist, d.h. wenn Sie nach 2-3 Wochen keine (wenn auch kleine) Veränderung bei Ihrem Hund sehen, ist das Training wahrscheinlich nicht das richtige.
Mit unseren Beziehungen zu unseren Hunden ist es wie mit unseren Beziehungen zu Menschen: Wir dürfen unsere Erwartungen nicht zu hochstecken. Aber genau das ist häufig das eigentliche Problem: Die Menschen haben Erwartungen an ihre Hunde, die sie selbst nicht zu leisten imstande wären!
Mit anderen Worten: Solche Ängste bauen sich mit jedem freilaufenden Hund auf, der sich zu schnell nähert, auch wenn dieser nichts Böses im Schilde führt. Und die Verantwortung, dass ängstliche Hunde dadurch immer ängstlicher werden, trägt einzig der Halter des unangeleinten Hundes!
• der tut nix
• ist nicht mein Problem
oder oder…
Die einen sehen immer und immer wieder Fotos an, bringen Poster des geliebten Hundes an oder errichten eine Art Schrein.
Andere stürzen sich in die Arbeit, verreisen oder begraben ihren Schmerz unter sonstigem Aktionismus.
Und wieder Andere beweinen und betrauern den Hund, bis der Schmerz über den Verlust langsam nachlässt.
Welchen Vergleich wir auch immer anstellen, der Neue kann nicht punkten. Und welchen Vergleich wir auch immer anstellen: Der Vergleich an sich ist schon unfair.
Diese Aussage lässt uns vielleicht schmunzeln und wird wahrscheinlich von (fast) allen verstanden.
Und trotzdem scheint es uns nicht möglich zu sein, diesem Wahnsinn abzuschwören. Er ist uns womöglich nicht einmal bewusst. Und wenn er uns bewusst wird, wird es schwer, ihn uns einzugestehen.
Tragischerweise sind es unsere Hunde, die unter dieser besonderen Art menschlichen Wahnsinns zu leiden haben. Unsere Köpfe sind zum Bersten voll mit den immer gleichen Überzeugungen, die uns im Umgang mit unseren Hunden ganz offensichtlich nicht hilfreich sind- im Gegenteil. Und doch klammern wir uns an all diese Dogmen, als wären sie der letzte Strohhalm, der uns von dem endgültigen Ertrinken rettet.
Wir reißen an der Leine, schüchtern den Hund auf jede erdenkliche Art ein. Wir tun ihm weh, wir entziehen sein Essen und sein Trinken. Wir quälen ihn mit tagelanger Missachtung. Sperren ihn in enge Käfige. Wir zwingen die Hunde wieder und wieder in angsteinflößende Situationen und schnüren ihnen gleichzeitig die Luft ab. Und all das tun wir in der Hoffnung, dass sie fortan mehr Angst vor uns haben, als vor den Außenreizen. Wenn wir das geschafft haben, haben wir einen fügsamen Hund. Fügsam, unglücklich und im Grunde noch ängstlicher. Haben wir das wirklich jemals so gewollt?
Bitte seien Sie kritisch, wenn es um Ihren Hund geht. Bitte üben Sie sich in einer gesunden Skepsis und hören Sie auf Ihr Gefühl. Nur weil etwas fast überall zu lesen ist, überall zu hören ist…. ist es noch lange nicht richtig. Wir Menschen geben nur allzu leicht Gehörtes bzw. Gelesenes. ungeprüft weiter. Doch im Hinblick auf unsere Hunde dürfen wir das nicht länger tun, denn sie sind es, die darunter zu leiden haben. Verabschieden Sie sich von Standards wie „Angst muss man ignorieren“, der Rudelführertheorie und der Dominanz durch die Hunde. Das alles ist schlicht Unsinn.
Schauen Sie genau hin, überlegen Sie gut, hinterfragen Sie alles. Seien Sie offen, wenn jemand – wie ich – neue Wege mit Ihnen und Ihrem Hund gehen möchte.
Hundeverhalten ist keine Wissenschaft, deren Rätsel wir nicht lösen können. Ob ein Training richtig ist, für Mensch und Hund, ist überprüfbar! Wenn Sie schon zig Mal an der Leine geruckt haben, den Kehlkopf und die Wirbelsäule Ihres Hundes schon mehrfach gestaucht haben, und der Hund sein Verhalten immer noch nicht geändert, dann ist es Wahnsinn zu glauben, dass man es nur noch öfter wiederholen muss, bis ein anderes Ergebnis dabei heraus kommt.
Mein Bemühen ist es, Ihnen und Ihrem Hund neue Wege aufzuzeigen, die das Verhalten Ihres Hundes verändern, ohne ihn dabei einzuschüchtern. Mein Bemühen ist es, dass Sie verstehen, warum sich Ihr Hund so oder so verhält. Und mein Bemühen ist es, dass Sie lernen für Ihren Hund verständlich zu werden.
Mehr braucht es nicht.
- Deprivation ist verbreiteter, als man glaubt und in den unterschiedlichsten Ausprägungen anzutreffen. Es handelt sich dabei jedoch nicht um ein typisches Tierschutzhund-Handicap. Die Bezeichnung Deprivation bedeutet Mangel bzw. Entzug. In der Verhaltensforschung/Neurobiologie spricht man von Deprivationsschäden bzw. Deprivationssyndrom.
Deprivierte Hunde sind in ihrer geistigen Entwicklung zurück, da sie in ihrer Welpenzeit (und oft noch darüber hinaus) mehr oder weniger reizarm aufgewachsen sind.
(z.B. Zwingerhunde, typische „Züchter-Überbleibsel-Hunde“, Hunde aus Tötungsstationen oder Shelter, Hunde aus Stall- , Wohnungs- oder Kellerhaltung etc. etc. etc.).
Ein Gehirn wächst mit seinen Aufgaben, dementsprechend sind die Gehirne dieser Hunde nicht so entwickelt, wie sie sein sollten. In der Hirnforschung besteht keine übereinstimmende Meinung darüber, ob diese unzureichende Entwicklung des Gehirns irreversibel (unumkehrbar) ist, oder nicht.
Deprivierte Hunde hatten keine Chance Umweltfaktoren (akustische, optische, olfaktorische) kennenzulernen und als ungefährlich einzustufen. Darüber hinaus fehlten deprivierten Hunden Sozialkontakte mit fremden Menschen, Hunden, anderen Tieren. Somit kann der Kontakt mit all diesen unbekannten Außenreizen und /oder anderen Lebewesen auch nur als äußerst beängstigend empfunden werden. Fluchtverhalten oder Angstaggression sind die häufigsten Reaktionen. Auch Apathie kann als Reaktion gezeigt werden, ist jedoch weitaus seltener.
Deprivation ist immer individuell ausgeprägt und wird daher auch individuelle Verhaltensauffälligkeiten zur Folge haben. In Fällen, in denen Hunde massivem Reizmangel ausgesetzt waren, spricht man von dem sogenannten Deprivationssyndrom. Bei Hunden, die nur wenige Reize kennengelernt haben, z.B. nur im Garten gehalten wurden, spricht man dagegen eher von Deprivationsschäden. Aber letztlich ist die Ausprägung immer individuell. (Zwei Hunde können das gleiche Martyrium durchgemacht haben und dennoch unterschiedlich entwickelte Gehirne haben und unterschiedliches Verhalten zeigen.)
Die Auswirkungen von Deprivation sind vielfältig: -
allgemeine Ängstlichkeit (insbesondere Neophobie, die Angst vor allem Neuen) - allgemeine Nervosität
- hohe Stressempfindlichkeit / niedrige Toleranzschwelle
- gestörte Angstkontrolle
- gestörte Erregungskontrolle
- gestörte Frustrationskontrolle
- verstärkte Angst-Aggression
- Zwangsverhalten
- Hyperaktivität / Hypersexualität
- Apathie
- Meideverhalten
- erhöhte Wachsamkeit
- Neigung zu Trennungsangst
- Neigung zu Phobien
Wenn die früheren Lebensumstände des Hundes unbekannt sind, kann wahrscheinlich nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob die Verhaltensauffälligkeiten eines Hundes aufgrund von Deprivation gezeigt werden. Ich würde von einer Deprivation ausgehen, wenn sich ein Verhalten auch nach längerer, angemessener Zeit (Wochen oder Monaten) trotz sorgfältigster Desensibilisation, kaum oder gar nicht verändert hat.
Es gibt viele haltlose Prognosen und Mythen, die sich um dieses Thema ranken. Aufgrund meiner Erfahrung behaupte ich, dass generell eine Verbesserung des Lebensgefühls der Hunde möglich ist, wenn die fehlenden Umweltreize und/ oder die fehlenden sozialen Reize (Begegnungen) in entsprechend kleinen Portionen nachträglich so präsentiert werden, dass sie als ungefährlich eingestuft werden können. Wichtig für den Erfolg sind viele kleine Schritte, sprich eine sehr vorsichtige Annäherung an die jeweiligen Reize.
Eine hohe Wiederholungsrate mit minimaler Steigerung der Reizintensität garantiert somit den größtmöglichen Erfolg. Rituale die das Leben einschätzbar machen sind dabei unverzichtbar. Diese Hunde fallen bei den kleinsten Veränderungen im Tagesablauf schnell in tiefe Angst und Verzweiflung.
Ein Beispiel: Ein Hund hat Angst vor Menschen, weil er lange Zeit nur Kontakt mit einer einzigen Person hatte (und dieser Kontakt war womöglich noch gewaltvoll).
Dieser Hund braucht geduldige Menschen, die erst einmal NICHTS von dem Hund erwarten, die NICHT auf ihn zugehen, NICHT nach ihm greifen und schon gar NICHT mit ihm rausgehen oder ständig Besuch empfangen. Dieser Hund braucht die Möglichkeit einen Rückzugsort auszuwählen (unter der Eckbank, dem Sofa, unter dem Bett etc.) Der Hund muss selbst entscheiden dürfen, wann er sich traut, diesen vermeintlich sicheren Ort zu verlassen. Dieser Hund wird beobachten, hinhören und alles und jeden genau studieren, um herauszufinden, wer oder was (bzw. ob überhaupt irgendetwas oder irgendwer) gefährlich ist. Manchmal dauert dieses „Studium“ Stunden(ehr die Ausnahme), manchmal Tage oder Wochen. Diese Hunde kommen anfangs nur dann aus ihrem Versteck, wenn alle schlafen. In der Nacht fressen und trinken sie und verrichten ihr Geschäft. Ich habe einen solchen Hund kennengelernt, der mehrere Wochen hinter einem Sofa zugebracht hat. Dieser Hund wurde nicht bedrängt, nichts wurde erwartet, er durfte einfach in Ruhe ankommen. Es dauerte, aber er kam in seinem neuen, liebevollen Zuhause an. Alles was er lernen musste, durfte er in seiner Geschwindigkeit lernen. Dieser Hund ist heute ein fröhlicher Hund, der Spazierengehen genießt und der nur noch in wenigen Situationen Überforderung zeigt. Begegnung mit Menschen, kann er Mithilfe seiner Menschen bestens meistern. Von Fremden möchte er bis heute nicht angefasst werden, aber es reicht ihm völlig, wenn er zu den Menschen den für ihn notwendigen und individuellen Abstand halten kann (z. B. durch Bogenlaufen).
Fazit: Je kleiner die Trainingsschritte, je kleiner die jeweilige Dosis oder das Quantum des angstauslösenden Reizes, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Angst davor verringert werden kann
Zeit, seine neue Umgebung zu überprüfen, ob Gefahren lauern, welche Möglichkeiten der Integration bestehen. Oder schlicht, wie die Dinge laufen.•
Zeit, falls es weitere tierische Bewohner gibt, diese kennenzulernen und einschätzen zu können•
Zeit, sich an Abläufe, Geräusche, Gerüche und vor allem an Berührungen zu gewöhnen.
Erst wenn ihr Hund angekommen ist, sich einigermaßen sicher fühlt, können Sie mit Ihrem Hund anfangen das eine oder andere zu üben (sitz., platz, aus pfui ist noch völlig unwichtig in dieser Phase!) Vielmehr ist das Einüben von Ritualen wie Brustgeschirr anziehen, „Geschäfte verrichten“, Füttern etc. gemeint. Rituale sind enorm hilfreich und ermöglichen die schnellst möglichen Erfolge! (Mehr dazu auf www.hun-d-gerecht.com.)
Diese Phase des Ankommens kann – je nach Hund- Tage, Wochen ja sogar Monate dauern. Hunde, die schwersttraumatisiert sind, brauchen manchmal Jahre, um ein einigermaßen „normales Leben“ zu führen. Und bei einigen Hunden stellt sich dieses Gefühl der Sicherheit auch gar nicht mehr ein. Diese Hunde sollten einfach nur liebevoll durch den Tag gebracht werden. Von ihnen sollten wir nichts verlangen und ihr Leben so gestalten, dass sie die bestmögliche Restle-benszeit haben.
Nur so können wir weitestgehend sicherstellen, dass wir den Hund mit seinem Einzug bei uns nicht gleich in Angst und Schrecken versetzen. Nur so legen wir den Grundstein für das best-mögliche Zusammenleben.
Wichtig: Wir können anfangs kaum zu wenig, aber ganz schnell zu viel machen!
In der Realität allerdings wird kaum ein Hund so behutsam in sein neues Leben eingeführt.
Stattdessen werden die Hunde gleich mitten in das neue Leben regelrecht hinein katapultiert. Heute angekommen, im Anschluss spazieren gehen durch die (belebten) Straßen, morgen geht’s zum Einkaufen, anschließend Kaffeklatsch mit den Nachbarn und ihren Kindern.
Ich habe Fälle erlebt, wo sich die Hunde vor lauter Angst im Garten eingegraben haben und die Kinder den Hund dort zitternd eine neue Frisur verpasst haben.
Das Problem liegt darin, dass wir mit der Adoption eines Hundes oft UNSERE Bedürfnisse bedienen. Über die des Hundes, der in dieser Phase sich nichts anderes wünscht, als in Sicherheit zu sein, denken wir nicht nach.
Bitte machen Sie das nicht!
Angst ist ein individuelles Gefühl. Angstabbau ein individueller Prozess. Das kennen wir doch von uns selbst. Wichtig ist, dass wir begreifen, dass jedes Individuum seine eigenen Wege sucht, den Ängsten zu begegnen. Und dieser Weg ist lang oder kurz. Eine Abkürzung gibt es nicht. Wir können aber dem Hund dabei helfen, indem wir ihn dosiert an die angstauslösenden Reize- in angemessener Art und Weise (Distanz, Häufigkeit etc)- heran führen.
Mit Erwartungen oder gar Forderungen sollten wir uns zurückhalten. Für einen (Angst)-Hund braucht man sehr viel Geduld.
Eine neue Beziehung durchläuft immer mehrere Phasen.
1. Phase ANKOMMEN
Der Hund darf in seiner Geschwindigkeit das neue Leben und seine neuen Mitbewohner ken-nenlernen. Er darf sich nähern, er darf sich zu-rückziehen. Von ihm wird nichts gefordert, er darf einfach sein. Er wird nur angefasst, wenn er es einfordert. Seine Angst ist der Maßstab, in welcher Geschwindigkeit und in welcher Form neue Eindrücke und Erfahrungen gemacht wer-den. Evtl. erst einmal nur auf dem eigenen Grundstück bleiben. Stubenreinheit stellt sich in der Regel von ganz alleine ein.
2. Phase ANGSTABBAU/VERTRAUENSAUFBAU
Hierzu finden Sie detaillierte Tipps auf meiner Seite www.hund-gerecht.com.
3. Phase TRAINING
Bedenken Sie bitte, dass viele Hunde, bevor sie bei uns eingezogen sind, niemals angeleint waren. An einen Menschen festgebunden zu sein, dem der Hund noch nicht vertraut, kann als extrem beängstigend empfunden werden. Wenn der Hund dann noch festgebunden mit all den Außenreizen konfrontiert wird, welche er möglicherweise in der Vergangenheit schon gefürchtet hat (Menschen, Autos, Zweiräder, andere Hunde, Geräusche, Gerüche etc.) endet das schnell in einer Katastrophe. Für Hund und Mensch.
Lassen Sie es LANGSAM angehen! Gehen Sie nicht gleich durch die belebten Straßen. Gehen Sie nicht gleich große Runden. Gehen Sie nur so weit, wie es für Ihren Hund angenehm ist. Ziehen an der Leine, Hecheln, häufiges stehen bleiben etc. sind oft Hinweise für Stress.
Beobachten Sie Ihren Hund genau, achten Sie auf Stresssignale, Körperhaltung (in erster Linie Kopfhöhe, Schwanzhöhe, Beschwichtigungssig-nale, Muskelspannung, häufiges Schütteln, Blick, Herzschlag).
Üben Sie ggf. Ausweichen, Ruhephasen draußen und etablieren Sie auch draußen Rituale, wie z.B. bei Straßenkreuzungen erst einmal stehen bleiben, orientieren/checken lassen. (Das Sitzenlassen bevor es über die Straße geht macht keinen Sinn, weil der Hund auch nach jahrelangem Training dieses Verhalten von sich aus nicht zeigen wird). Üben Sie stattdessen den Hund je nach Gegebenheit mal links und mal rechts zu führen.
Und vor allem: Trainieren Sie keine Leinenführigkeit, wenn der Hund zieht, weil er Stress hat!!! (Stress ist der Hauptgrund fürs Ziehen!) Sollte der Hund Stressziehen zeigen, Spazierengehen deutlich verkürzen, ruhigere Wege etc…(oder mich rufen ;))
Üben Sie stattdessen HALT oder UMDREHEN, üben Sie Konfrontation durch ausreichende Distanz. Üben Sie sich darin, Ihrem Hund adäquat zur Seite zu stehen und seine Körpersprache zu studieren.
Und üben Sie sich auch in der Beobachtung der entgegenkommenden Hunde, den auf diese wird ihr Hund individuell RE-agieren. Entgegenkommende Hunde zeigen über die Distanz ihre Gestimmtheit, dass kann Unterwürfigkeit, Interesse am Kennenlernen oder gar eine Kampfansage sein.
Auf meiner Seite finden Sie detaillierte Hinweise, wie Hunde lernen, wie optimales Lernen statt-finden kann und welche Fehler häufig gemacht werden.
Die Einhaltung dieser Schritte erleichtert nicht nur Ihren Hund das Leben, sondern ist auch der Garant dafür, dass das Zusammenleben mit Ihrem Hund so angenehm und bereichernd wie möglich wird.
die wir uns stellen sollten, ist das Wort: WARUM. Wir reagieren ständig auf unsere Umwelt, auf Menschen und im Besonderen auf Tiere, ohne uns mit dieser überaus wichtigen Frage auseinanderzusetzen: WARUM.
In meiner Arbeit mit Hunden stelle ich immer wieder die Frage WARUM. Warum zieht der Hund an der Leine (und wahrlich es gibt viele verschiedene Antworten darauf, die ein individuelles Training voraussetzen). Warum zeigt der Hund Angst- oder Aggressionsverhalten, warum macht er in die Wohnung, warum bellt er, warum reagiert er nicht, wie wir es wollen etc. etc. etc. Aber die Mehrheit agiert und wirkt ein ohne verstanden zu haben, WARUM der Hund sich so verhält. Und genau aus diesem Grund sind die Ergebnisse am Ende auch oft nicht zufriedenstellend. Mehr noch, weil wir uns nicht diese überaus wichtige Frage WARUM gestellt haben, ist es fast immer der Hund, der zu leiden hat.
Warum aber stellen wir uns so selten die Frage nach dem WARUM? Weil wir meinen die Antwort zu kennen? Wahrscheinlich. Aber leider interpretieren Menschen das Verhalten oft falsch. Sie gehen in vielen Fällen von (böser) Absicht oder Ungehorsam aus. Eine Interpretation, die ich noch nie bestätigen konnte.
Der zweite Grund, warum wir diese wichtige Frage so selten stellen ist ganz einfach Desinteresse. Menschen haben nicht das Interesse ihren Hund zu verstehen, sie haben nur das Interesse, das Zusammenleben so zu gestalten, wie es für sie angenehm ist. Und das nennen wir Liebe.
Der körperlich Unterlegene, also der Hund wird den Menschen immer mehr studieren. Hunde versuchen zu verstehen und Zusammenhänge zu begreifen, da es ihre einzige Möglichkeit ist, gut mit dem anderen Wesen MENSCH zurecht zukommen. Sie MÜSSEN verstehen, damit sie sich nicht in Gefahr bringen (Bestrafungen und Bedrohung durch den Menschen). Wir dagegen müssen nicht zwingend verstehen, wir sind körperlich überlegen und können die Hunde allein durch unsere Dominanz in Schach halten und weitestgehend kontrollieren.
Ich glaube dennoch, dass nicht zwingend mangelnde Liebe der Grund ist, dass wir uns so selten mit dem WARUM beschäftigen. Es ist wohl eher Gedankenlosigkeit und Unwissenheit.
Mein Credo lautet also: Bevor wir auf den Hund einwirken, auf ihn re-agieren, sollten wir immer verstanden haben, WARUM er sich so verhält. Erst dann sind wir in der Lage adäquat darauf zu re-agieren. Erst dann können wir faire Partner werden.
Verstehen ist der Anfang, Verständigung das Ziel.
ist ein Gefühl, dass sehr belastend und schwer auszuhalten ist. Ein Gefühl, dass uns Menschen oft zu unschönen Reaktionen veranlasst. Aber sie ist auch ein Gefühl unter dem Hunde zu leiden haben. Manche Hunde ertragen es kaum, wenn sie plötzlich ihren geliebten Menschen mit einem weiteren Menschen teilen müssen, oder einem weiteren Hund.
Es gibt Menschen, die es für unmöglich halten, dass Hunde unter Eifersucht leiden können, aber sie irren sich. Hunde kennen wahrscheinlich jedes Gefühl, das uns Menschen bekannt ist.
Wichtig ist, dass wir verstehen, dass Eifersucht nicht abzutrainieren ist. Wir können lediglich adäquat damit umgehen. Und das sollten wir auch unbedingt, um den Hund dieses quälende Gefühl zu ersparen und um das Miteinander harmonischer zu gestalten.
Im Grunde wissen wir alle, was wir selbst brauchen, wenn uns die Eifersucht quält. Wir alle wissen, wie sich die Dinge ändern müssen, damit wir dieses schreckliche Gefühl endlich loswerden. Und einige von Ihnen werden wissen, dass selbst hunderte von guten Ratschlägen und zahlreiche Therapiestunden, uns nicht das fehlende Selbstbewusstsein bescheren, das nötig wäre, um aus dem Eifersuchtsdrama auszusteigen.
Bei Hunden verhält es sich ganz genauso. Mit dem Unterschied jedoch, dass wir die Eifersucht nicht erkennen oder leugnen. Oder mit dem Unterschied, dass wir meinen es ihnen austreiben zu können, weil es ja nun mal „nur“ Hunde/Tiere sind. Wieder einmal erwarten wir etwas von den Hunden, was wir oft selbst nicht leisten können.
Ich möchte hier zwei Gründe von Eifersucht behandeln: Die Eifersucht auf einen neue(n) Partner*in oder Freund*in und die Eifersucht auf einen weiteren Hund
Eifersucht auf einen Menschen
Im Grunde ist es ganz leicht: Denken Sie daran, was Sie brauchten, wenn Sie plötzlich nur noch die zweite Geige spielen. Schenken Sie Ihrem Hund so viel Aufmerksamkeit wie möglich. Berühren Sie ihn zärtlich, wenn er die Nähe des „Eindringlings“ zu Ihnen schwer aushalten kann, während Sie die andere Person berühren. Sprechen Sie Ihren Hund immer wieder an, schenken Sie ihm Aufmerksamkeit, während sie mit der anderen Person reden oder Ihre Aufmerksamkeit schenken. Geben Sie Ihrem Hund das Gefühl, dass nichts von dem was er vorher hatte verloren ist. In ganz schweren Fällen schenken Sie Ihrem Hund anfangs mehr Aufmerksamkeit, als Ihrem neuen Partner Ihrer neuen Partnerin. Wenn der Hund den/die neue(n) Lebensgefährten/gefährtin fürchtet, lassen Sie es langsam angehen. Hier ist Abwarten und Ruhe die beste Herangehensweise. Immer wieder locken funktioniert eher selten bis gar nicht.
Wenn die neue Person nicht von Hund gefürchtet wird, kann sich die Person gerne positiv einbringen, vielleicht zum Spielen einladen, vielleicht besondere Futtergaben etc.
Wie ich schon schrieb, im Grunde wissen wir alle, was wir an der Stelle des Hundes brauchten. Fühlen Sie sich hinein, Ihr Hund braucht lediglich das, was wir an seiner Stelle auch brauchten.
Eifersucht auf einen weiteren Hund
Wenn ein neuer Hund einzieht verhalten Sie sich ähnlich, wie bei der Eifersucht gegenüber Menschen. Im Grunde ist egal, auf wen oder was man eifersüchtig ist, das, was wir dann so dringend brauchen, ist immer das Gleiche.
Lassen Sie den neuen Hund erst einmal ankommen, schenken Sie ihm nicht die gleiche Aufmerksamkeit, wie dem „Alten“. Dieser Fehler wird leider oft gemacht und hatte teilweise verheerende Auswirkungen, die blutig endeten oder zur Abgabe des neuen Hundes führten. Gehen Sie behutsam mit der Zusammenführung um, gehen Sie sie langsam an, überlegt und empathisch. Der Neue ist ohnehin mit dem Ankommen und allen neuen Reizen in der Regel genug beschäftigt. Der neue weiß nichts über sein neues Leben und ist oft dankbar, wenn man ihn erst einmal in Ruhe lässt. In Fällen, wo der neue Körpernähe und Kontakt verzweifelt sucht, geben Sie ihm diese so, dass der andere Hund sich nicht zurückgestellt fühlt. Hier gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die individuell angepasst und eingesetzt werden sollten. Eine Standardlösung gibt es nicht (gibt es NIE, auch nicht bei anderen Konflikten!) Wenn mehrere Personen im Haushalt leben, können die Hunde gleichzeitig Aufmerksamkeit und Streicheleinheiten bekommen. Wenn nur eine Person vor Ort ist, kann der eine sich mit einem Futterspielzeug beschäftigen während der andere gestreichelt wird. Manchmal hilft es auch, den einen zu streicheln und den anderen zärtlich währenddessen anzusprechen. Beruhigend, kein feiiiiiiiin! In anderen Fällen kann man beide Hunde gleichzeitig streicheln. Jeder Hund, jede Situation ist anders, fühlen Sie sich hinein und reagieren Sie intuitiv, so machen wir selten Fehler.
In vielen Fällen haben Hunde von Anfang an gar kein Problem mit dem Einzug eines weiteren Hundes. Im Gegenteil, er wird freudig angenommen (vorausgesetzt die Zusammenführung war ruhig, überlegt und für beide positiv). Doch dann macht der Mensch Fehler, ohne dass es ihm bewusst ist, ohne dass er es will. Und diese Fehler können so gravierend sein, dass sich die Hunde verletzen und am Ende für immer getrennt werden müssen. Solche Fälle hatte ich leider auch schon und Sie können mir glauben, solche Entscheidungen sind kaum auszuhalten. Ein Weltuntergang für Hunde und Menschen. Was hatte dazu geführt?
Ganz einfach, einer der beiden Hunde wurde immer wieder vorgezogen. Er war der Liebling, der Kleinere, der Süßere, der Schwächere, der Ältere….Es ist sicher schwer, vielleicht unmöglich, zwei Hunde (oder zwei Menschen) gleich intensiv zu lieben. Das ist per se aber nicht unbedingt ein Drama, es ist wohl menschlich. Dramatisch wird es erst, wenn es von dem weniger geliebten bemerkt wird. Wenn Sie so fühlen, lassen Sie es den Anderen auf KEINEN FALL spüren. Füttern sie zeitgleich, streicheln Sie beide Hunde gleich viel, schenken Sie beiden Hunden die gleiche Aufmerksamkeit. Niemand hat es verdient zurückgestellt zu werden! Und niemand hält das gut aus.
Sollte einer der beiden Hunde mehr Schutz brauchen, weil er kleiner, älter, schwächer oder ängstlicher ist, gestalten Sie den Schutz so, dass sich der Andere nicht wertloser fühlt. Das geht! Viele Situationen lassen sich im Vorfeld vermeiden, in dem Ruhe vermittelt wird oder die Situationen überlegt gemanagt werden.
Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Wenn über einen längeren Zeitraum ein Hund immer bevorzugt wurde, gibt es oftmals kein Zurück. Wenn sich erst einmal durch Bevorzugung Frust und Traurigkeit festgesetzt haben, ist dieses quälende Gefühl der Eifersucht und der damit einhergehenden Wut oft nicht mehr auslöschbar. Wie bei uns Menschen auch. Eine Beziehung die zerstört ist, ist zerstört. Lassen Sie es nicht soweit kommen, forcieren Sie so ein Drama gar nicht erst. Bedenken Sie bei all Ihrem Tun, dass sie es mit fühlenden Wesen zu tun haben, die viele Jahre der Entbehrung, der Einsamkeit und der Trostlosigkeit hinter sich haben könnten.
Doch trennen Sie bitte Ihre Hunde auch nicht vorschnell, verändern Sie ggf. erst einmal Ihren Umgang mit beiden und schauen Sie, ob sich das Verhältnis nicht wieder verbessern lässt. UND bestrafen Sie niemals den Hund, der Aggressionsverhalten aufgrund von Eifersucht zeigt, denn damit verschlimmern Sie definitiv das Problem. Versuchen Sie – wie schon gesagt – stattdessen Ruhe und eine gleichmäßige Verteilung Ihrer Zuneigung einzuführen.
Geordnete Abläufe, Gleichmäßigkeit und Wiederholungen in Form von Ritualen können enorm hilfreich sein, um einen Hund an ein neues Zuhause zu gewöhnen. Insbesondere Hunde, die Gewalt und Angst ausgesetzt waren, profitieren von Gleichmäßigkeit und einer gewissen, gut durchdachten Disziplin. Je genauer ein Ritual eingehalten wird - das den Hund nicht überfordert - desto schneller kommt der Hund zur Ruhe. Rituale machen das Leben für den Hund einschätzbar, überschaubar. Unsicherheiten und Ängste können durch immer gleiche Wiederholungen (die nicht als beängstigend oder stressig empfunden wurden) nach und nach abgebaut werden. Tatsächlich ist nichts besser geeignet, um Ängste und Unsicherheiten zu verringern oder gar zu nehmen.
Etwas, das sich ständig wiederholt, ohne dass es dem Hund Angst gemacht hat oder gestresst hat, kann als ungefährlich eingestuft werden.
Damit ein Ritual so schnell wie möglich als wiederkehrende Handlung verstanden wird, ist es ratsam so gleichmäßig wie möglich die einzelnen Schritte auszuführen.
Hierzu einige Beispiele:
Zieht ein Hund neu ein versuchen Sie den Tagesablauf für die nächsten Tage (vielleicht Wochen) so identisch wie möglich zu gestalten. Lassen Sie ihn erst einmal ankommen, damit er die unbekannten Menschen in seinem neuen Leben studieren kann. Empfangen Sie nicht gleich Besuch, gehen Sie nicht gleich mitten durch die belebte Welt. Lassen Sie ihn Haus, Garten und alles was es in seinem unmittelbaren Zuhause zu erkunden gibt, in Ruhe auskundschaften. Gehen Sie bei extrem ängstlichen Hunden anfangs einen Bogen um ihn herum, reden sie leise und auf die immer gleiche unaufgeregte Art mit ihm. Füttern Sie ihn auf die gleiche Art, berühren Sie ihn – wenn es der Hund wünscht – auf die gleiche Art. Bewegen Sie sich auf die gleiche Art, so weit es möglich ist.
Leine/Brustgeschirr
Viele Hunde haben in der Vergangenheit Menschen gewaltvoll und angsteinflößend erlebt. Anleinen ist daher häufig mit viel Angst oder Stress verbunden. Manche Hunde versuchen mit Angst-Schnappen diese vermeintlich gefährliche Situation abzuwenden. Überlegen Sie sich ein ruhiges Ritual, nicht im engen Flur, lieber in einem ruhigen Raum. Reden Sie leise mit ihm, damit er anhand Ihrer Tonlage Ihre freundliche (ungefährliche) Absicht erkennen kann. Beugen oder hocken Sie sich seitlich (nicht von vorne, nicht über den Hund gebeugt) neben Ihren Hund, halten Sie ein Superleckerchen in der einen Hand und streifen Sie mit der anderen Hund das Brustgeschirr ruhig über den Kopf. Lassen Sie Ihren Hund Futter vom Boden aufnehmen, während Sie - weiterhin leise und freundlich mit ihm redend - die Schnappverschlüsse schließen. Langsame ruhige Bewegungen und eine identische Vorgehensweise sind das A und O. Identisch heißt: Immer im gleichen Raum, immer auf der gleichen Seite hockend oder gebeugt, immer Futter, immer die gleiche unaufgeregte, zärtliche Ansprache. Achten Sie dabei darauf, dass Sie im Ton nicht noch oben gehen, also kein feiiiiin, sondern lassen sie die Worte am Ende im Tonfall abfallen, z.B. alles ist guuuut. Reden Sie mit ihm, wie man mit Ihnen reden müsste, wenn Sie sich ängstigen. Das Anleinen erfolgt auf die gleiche Art.
Draußen
Gehen Sie, bis Ihr Hund keine Unsicherheit, Ängstlichkeit draußen mehr zeigt, immer den gleichen, ruhigen Weg. Führen Sie ihn wenn möglich so, dass Sie immer zwischen ihm und den Autos, dem Verkehr sind. Führen Sie ihn nicht an der langen Leine. Suchen Sie eine geeignete Stelle, an der Sie die Straße ggf. überqueren können und überqueren Sie fortan immer genau an dieser Stelle (wenn es die Situation zulässt. Führen Sie Stopps ein an den immer gleichen Stellen (Verkehrsschild, Mauer, Zaun was auch immer) und bieten Sie ihm Futter an. Führen Sie Ihren Hund so ruhig wie möglich, immer auf der gleichen Seite und lassen Sie ihn schnuppern, wann immer es etwas zu erkunden gibt. Sollte Ihr Hund in der ersten Zeit (Tage, Wochen, Monate) aufgrund von Stress ziehen, üben Sie auf KEINEN FALL Leinenführigkeit! Ein Training in der Zeit verschlimmert die Situation immens. In solchen Fällen verkürzen Sie die Runde oder bleiben erst einmal im Garten oder mindestens nah beim Haus.
Hundebegegnungen
Ritualisieren Sie auch die Begegnung mit Hunden. Sie wissen nicht, ob Ihr Hund es gelernt hat angeleint sich einem fremden Hund zu nähern (dazu diverse Texte auf meiner HP). Ruhe, Gleichmäßigkeit und Distanz sind die Zauberworte. Bringen/zwingen Sie Ihren Hund NICHT ins Sitz oder Platz. Stellen Sie sich ggf. seitlich zwischen ihm und den anderen Hund und nehmen Sie dabei so viel Raum wie möglich ein, indem Sie ein Bein weiter vorne aufstellen. Bieten Sie Futter an und reden Sie leise und UNAUFGEREGT mit Ihrem Hund. Bedenken Sie: Ihr Hund wird jede Situation auch danach bewerten, wie Sie sich verhalten, bzw. wie Sie sie bewerten. Sind Sie aufgeregt, wird es Ihr Hund wahrscheinlich auch sein.
Menschenbegegnungen draußen
Führen Sie in der ersten Zeit den Hund erst einmal auf die andere Straßenseite und benennen Sie dieses Ausweichen, damit es einschätzbar wird. Nennen Sie es „rüber“, „Distanz“ oder was auch immer und führen Sie ihn dann aus der „Schusslinie“. Beobachten Sie das Verhalten des Hundes, seine Anspannung, Aufregung oder vielleicht auch Gelassenheit. So werden Sie erkennen, wann und bei wem ein Seitenwechsel evtl. nicht mehr erforderlich ist.
Besuch
Das Klingeln an der Tür ist der Beginn für das Besuchsritual. Führen Sie Ihren Hund, am Besten am Brustgeschirr von der Tür weg und bringen Sie ihn zu seinem Platz, der ruhig gelegen sein sollte (nicht im Flur oder einer engen Stelle, an dem der Besuch vorbei marschiert). Bringen Sie ihm durch Rituale bei, dass er erst einmal auf Distanz bleiben soll. Das tut in der Regel nicht nur dem Hund gut, sondern auch vielen Besuchern. Bedenken Sie auch hier: Je genauer Sie sich dabei an Gleichmäßigkeit halten, desto schneller wird es dankbar als Ritual erkannt und angenommen. Auch zu diesem Thema finden Sie auf meiner HP unter der Rubrik „Grundsätzliches“ weitere hilfreiche Tipps. Kleinere Hunde können durchaus dankbar sein, wenn Sie erst einmal auf den sicheren Arm dürfen, vorausgesetzt Ihr Hund kennt das und vertraut Ihnen. Auch das wäre ein hilfreiches Ritual.
Es gibt noch viele weitere Situationen wie Autofahren, Tierarzt oder was auch immer, bei denen Rituale äußerst hilfreich sind. Sobald der Hund sich deutlich entspannt hat, können Sie die Gleichmäßigkeit etwas vernachlässigen, aber bitte nicht zu früh. Besuchsrituale sollten unbedingt beibehalten werden. Auch Hundebegegnungen sollten niemals ganz aufgehoben sondern nur entsprechend den Situationen angepasst werden.
Soul, stellvertretend für viele ihrer Leidensgenossen (und Genossinnen) wurde auf der Straße, zusammen mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern in der Türkei von Hundefängern eingefangen und in einen städtischen Zwinger gebracht. Wir können uns wohl alle vorstellen, dass ein städtischer Hundezwinger in der Türkei kein schöner Ort ist. Viele Hunde überleben diese Inhaftierung dort nicht. Soul und ihr kleines Rudel (Mama und Geschwister) aber hatten Glück, sie wurden von einer hiesigen Tierschützerin dort rausgeholt und in ein privates Tierheim gebracht, wo das Leben weit weniger gewaltvoll und angstbesetzt ist. Doch für Soul war auch diese Unterbringung mit viel Angst verbunden, denn die Hunde leben dort in einer großen Gruppe, wo Stärke und Selbstbewusstsein regieren. Beides Eigenschaften, die Soul gar nicht kennt. Die Übergriffe der anderen Hunde auf Soul waren so massiv, dass man sie nach geraumer Zeit nur noch bei den Welpen unterbringen konnte. Doch auch hier fühlte sie nicht sicher und war konstant in Angst. Da es auch inmitten der Welpen keinen Ort gab, an dem sie sich vor den Attacken in Sicherheit bringen konnte, grub sie sich in den Boden ein. Soul lag immer allein in ihren ausgebuddelten Gruben, fand niemals Anschluss und konnte wahrscheinlich niemals ein Gefühl von Bindung aufbauen. Nicht mal zu ihren Geschwistern und ihrer Mutter, die ja auch – jeder für sich- um das nackte Überleben gekämpft hatten.
Als wir Soul endlich hier bei uns hatten, blieb sie fast 48 Stunden wach. Sie hatte so große Angst, dass sie nicht schlafen konnte. Sie heulte wie ein Wolf und zitterte konstant. Sobald ich den Raum verließ suchte sie verzweifelt einen „Ausgang“, während sie in unsere Nähe weitestgehend bewegungslos blieb. Wir liefen wochenlang einen deutlichen Bogen um sie herum, redeten leise und sanft mit ihr, um ihr so gut es geht unsere freundlichen Absichten zu verdeutlichen.
Nachdem ich sie die ersten Tage nach draußen brachte, damit sie lernen konnte, draußen ihre Geschäfte zu verrichten, entschied ich mich, ihr diese zusätzliche Belastung zu ersparen und sie durfte sich erst einmal nur in der Wohnung ein sicheres Plätzchen suchen. Rausgehen bedeutete mit einer Leine an mich gebunden zu sein und dafür fürchtete sie mich einfach noch viel zu sehr.
In den nächsten Wochen zeigte ich ihr die belebte Welt nur durch die Fensterscheibe oder vom Balkon aus der zweiten Etage. Sobald sich irgendetwas draußen bewegte setzte wieder ein heftiges Zittern ein. Ihre Geschäfte machte sie notgedrungen in die in die Wohnung, was ich jedes Mal ruhig und ohne schnelle Bewegungen beseitigte. Nach ca. 3 Wochen versuchte ich es erneut mit ihr raus zu gehen, nur auf dem Hauseigenen PKW-Abstellplatz, und sie lernte schnell sich dort zu erleichtern. Die Welt hinter dem Zaun zu erkunden, also durch die Straßen gehen, war absolut unmöglich, sie konnte vor lauter Angst keinen Schritt tun. Nicht nur, dass sie die Straßen mit all ihren Reizen ohnehin als gefährlich kennengelernt hat, sie war nun auch noch festgebunden an einen Menschen, dem sie immer noch nicht vertrauen konnte!
Diese Angst hat sich nach fast drei Jahren gebessert. Während sie in den Straßen immer noch sehr unsicher ist, läuft sie im Wald und in der Feldmark recht sicher und ruhig. Für all jene, die denken, nach 3 Jahren muss jetzt aber mal „gut sein“: Wenn wir durchgemacht hätten, was Soul und all die anderen Hunde durchgemacht haben, würden wir wahrscheinlich nicht mehr das Haus verlassen. Wir sollten nichts erwarten, was wir selbst nicht leisten könnten!
Wie bei menschlichen Angstpatienten auch, gibt es Hunde die besser oder schlechter lernen können, ihre Ängste abzubauen. Eine völlige Angstüberwindung dagegen ist ausgesprochen selten, wenn überhaupt möglich. So müssen wir bei Hunden wie Soul immer im Hinterkopf behalten, dass sie mehr oder weniger immer in diesem Gefühl des Ausgeliefertseins hängen bleiben werden. Es wird daher – mehr oder weniger- stets meine Aufgabe sein, Soul so durch das Leben zu führen (und mich Soul so gegenüber zu verhalten), dass sie sich sicher fühlt.
Wie Ängste abgebaut werden können finden Sie in vorangegangen Texten.
Doch, wie es die Überschrift schon vermuten lässt, ist nicht nur die Angst eine große Baustelle von Soul, es ist auch ihre Freudlosigkeit. Freude ist immer mit dem Gefühl von Sicherheit verbunden! Soul liegt den größten Teil des Tages abseits auf ihrem kleinen erhöhten Sofa in der hintersten Ecke der Wohnung. Wände geben Sicherheit.
Soul reagiert so gut wie gar nicht auf Ansprache, einzig Futter lässt sie kommen. Schnell könnte man dieses Verhalten als ignorant, dickköpfig oder starrsinnig bezeichnen, aber all das trifft nicht zu. Soul kommt nicht, weil sie nicht gelernt hat, eine Beziehung aufzubauen. Soul hat sich zeitlebens in sich zurückgezogen, war allein inmitten von einer Welt, die sie fürchtete. Soul hat wahrscheinlich vor uns niemals ein Gefühl von Glück oder Freude empfunden, sie kennt diese Gefühle schlicht nicht.
Soul‘s Freudlosigkeit zeigt sich auch in ihrer Bewegungsarmut. Sie geht nicht einfach an der Leine wie andere Hunde. Soul geht ausgesprochen langsam und sie bleibt sehr oft stehen, um zu schauen und Gerüche in der Luft zu analysieren. Für Soul ist die Welt kein verheißungsvolles Abenteuer. Sie hat keine Freunde, auf die zu treffen hofft. Keine Orte, die es zu erkunden gilt.
Doch wie so oft zahlt sich Beharrlichkeit, Geduld und Liebe aus. Nach nun fast drei Jahren, fängt sie an mir in die Augen zu sehen, nicht nur für einen flüchtigen Moment, um mich einzuschätzen, sondern weil sie mit mir anfängt zu kommunizieren. Und sie hat nun auch schon zwei drei Mal auf mein Rufen reagiert, ohne dass ich Futter in der Hand hielt. Wahre Glücksmomente für mich. Soul möchte irgendwie berührt werden, aber hält es auch kaum aus. Sie spannt die Muskeln an und traut sich nicht mehr zu bewegen. Das heißt: Weniger ist mehr. Nur kurz, nur zart und aufhören.
Mein nächstes Ziel ist so etwas wie Spielfreude in ihr zu wecken. Auch daran arbeite ich schon lange. Ich werfe kleine Leckerchen auf den Boden, hinter denen sie her laufen soll. Die meisten Häppchen davon muss ich selbst wieder aufheben, weil sie nicht mitspielt. Aber neuerdings gelingt es mir immer öfter sie aus ihrer Lethargie zu reißen und sie trabt los. Nicht schnell, nicht wirklich begeistert, aber immerhin.
Warum schreibe ich so ausführlich über meine Soul? Weil es viele Hunde mit schlimmen Schicksalen und schweren Traumata gibt! Das größte Problem ist, wenn diese Hunde dann auf Menschen treffen, die sich einen Hund geholt haben, weil sie einen Hund „haben wollen“ und entsprechend Erwartungen an diese richten. Solche Konstellationen enden selten glücklich. Der Mensch ist von seinem scheinbar „undankbaren“ Hund enttäuscht, während das Martyrium des Hundes nicht endet.
Hunde wie Soul müssen verstanden und „gerettet“ werden. Erst viel später, wenn sich ein Gefühl von Sicherheit und vielleicht auch etwas Freude im Leben des Hundes eingestellt hat, können wir uns unseren Erwartungen widmen und schauen, ob sich ein paar davon mit dem Hund umsetzen lassen. Wir dürfen nie vergessen, dass die Hunde aufgrund ihrer Unterlegenheit dem Menschen gegenüber, immer die Opfer waren und schnell durch unsere Gedankenlosigkeit weiter die Opfer bleiben.
Hunde wie Soul können uns aber auch auf eine ganz besondere Art berühren, wenn sie durch unsere besonnene Art, Ruhe, Geduld und Liebe doch noch aus ihrer Freudlosigkeit erwachen. Wenn man das erste Mal so etwas wie Glück in ihren Augen sieht. Wenn man die Momente teilt, in denen die Hunde langsam zu leben beginnen.
Wenn wir in der Lage sind zu lieben, obwohl der Hund solche Gefühle lange nicht erwidern kann, können daraus Beziehungen stehen, die tiefer gehen, als wir uns es je hätten vorstellen können.
Es sind viele kleine Schritte nötig, um diese Hunde aus ihrem Gefängnis der Freudlosigkeit zu befreien. Um etwas in ihnen zu wecken, was vorher noch nie da war: Glück.
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Meist sind es Hundebegegnungen, die mit „Herrchen“ gut klappen und mit dem „Frauchen“ so gar nicht. Oder umgekehrt. Die weitverbreitete Überzeugung ist, dass das schlicht daran liegt, dass der Eine dem Hund mehr Sicherheit geben kann, während der Andere seine eigene Angst auf den Hund überträgt.
Aggressionsverhalten gegenüber Artgenossen ist in den allermeisten Fällen eine Angst-Aggression. Wenn der Hund also aufgrund von Angst dieses Verhalten zeigt, ist es das A und O dem Hund so viel Sicherheit wie möglich zu geben. Fühlt er sich sicher, wird er entweder ruhig an dem anderen Hund vorbei gehen oder hin wollen, weil er Kontakt möchte.
Mein Leitsatz: Erst verstehen, dann handeln. Und am besten vorschnelle Interpretationen tunlichst vermeiden, denn wie in diesem Beispiel sind viele Überzeugungen schlicht falsch!
Natürlich spürt, hört, riecht der Hund unsere Angst und natürlich kann eine Angstverstärkung oder gar eine Angstübertragung stattfinden. Aber ist das in diesem Fall wirklich die einzig richtige Erklärung? NEIN.
Das Phänomen „bei mir macht er das nicht“ basiert in den meisten Fällen auf einer ganz anderen Tatsache: Der Hund fürchtet den Menschen am anderen Ende der Leine mehr, als das, was ihm entgegen kommt.
Machen wir uns nichts vor: Gewalt und Einschüchterung durch Leinenruck, stimmlicher Drohung, Schmerzzuführung durch würgen, schlagen, kneifen, runterdrücken etc. sind die Mittel der Wahl, um Hunde unter Kontrolle zu halten und zu „trainieren“.
Wenn Sie es also schaffen, dass der Hund SIE mehr fürchtet als alles andere, dann wird er sich nicht trauen „aus der Reihe“ zu tanzen.
Der Satz „bei mir macht er das nicht“ kann also durchaus einen sehr dramatischen Hintergrund haben und ist in der Regel nichts, worauf wir stolz sein könnten.
…
Nun können Sie sich vielleicht ungefähr vorstellen, wie es ist, wenn ein Hund irgendwo neu einzieht. Und ein Hund war weder auf den Umzug vorbereitet noch war es seine Entscheidung!
Statt dem Hund die Regeln in Ruhe und freundlich beizubringen, fällt uns nichts anderes ein, als ihm jedes Mal stimmlich zu drohen. Denn ob AUS oder NEIN, die Wirkung dieser Worte liegt einzig in der darin mitschwingenden Drohung. Für Hunde, die ohnehin ausreichend schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht haben- und das sind die meisten- ist diese Vorgehensweise absolut ungeeignet. Diese Hunde sind ständig auf der Hut, kommen nicht zur Ruhe, weil sie nicht wissen, was erlaubt ist und was nicht. Diese Hunde laufen jederzeit Gefahr, wieder bedroht zu werden.
So eine angespannte Gefühlslage blockiert den Hund zusätzlich in seiner Lernfähigkeit. Und diese Lernblockade verschärft die ganze Situation noch einmal, weil der Hund nicht sicher zuordnen kann was er falsch gemacht hat! Somit wird er weit länger brauchen, um unsere Drohungen mit seinem Verhalten sicher zu verknüpfen.
Dem Ganzen setzen wir dann noch die Krone auf, indem wir behaupten der Hund wäre dreist, dominant, unverschämt oder bestenfalls „nur“ dumm. Diese Fehlinterpretationen haben zur Folge, dass der Mensch künftig noch lauter, noch drohender und vielleicht auch noch gewaltvoller reagieren wird. Ein Teufelskreis.
Am Ende kommt der Hundetrainer mit Schepperdose, Wurfkette, Wasserpistole und ähnlicher Spezialausrüstung und erklärt Ihnen voller Entrüstung, dass Ihr Hund dominant ist bzw. Ihnen auf der Nase rumtanzt. …
Ich erspare es Ihnen das Ganze hier noch einmal aus der Sicht der Hunde zu verdeutlichen. Wir müssen den Hunden nur in die Augen sehen, dann wissen wir Bescheid.
Meine wiederholte Bitte:
Nehmen Sie sich Zeit und denken Sie sich in die Situation des Hundes! Denken Sie sich IMMER in die Situation des Hundes hinein, bevor Sie auf ihn einwirken. Betrachten Sie das Geschehene aus SEINEN Augen. Es ist so einfach fair zu sein. Sie werden staunen und wohlmöglich beschämt sein.
Wie könnte man es also besser machen? Ganz einfach: Pfeifen Sie, schnalzen Sie, sagen Sie einfach PIEP oder machen Sie ein anderes Geräusch, um ein Verhalten zu unterbrechen. Einem Geräusch schwingt nie eine Drohung mit (es sei denn der Hund hat gelernt, dass z.B. nach dem Pfiff immer etwas Übles folgt). Wichtig ist, dass nach dem Piep/Signalton/Geräusch dem Hund ruhig und freundlich gezeigt wird, was er nicht soll bzw. was er soll. So sieht effektives Training aus.
Beispiele:
• Vorderbeine auf dem Tisch->Piep->ruhig und freundlich vom Tisch wegschieben…
• Hund kaut am Teppich->Piep->ruhig und freundlich den Fuß auf die Teppichstelle stellen oder Hand/ Buch oder sonstiges darauf legen.
• Hund springt auf den Lieblingssessel->Piep-> ruhig und freundlich herunter heben oder freundlich herunter schieben…
• Hund will sich in der Wohnung erleichtern->Piep-> ruhig und freundlich rausbringen oder tragen.
• usw.
So lernt der Hund Ihre Regeln (und ich sage bewusst Ihre Regeln, denn ob der Hund mit aufs Sofa oder Bett darf, ist alleine Ihre Entscheidung). Behalten Sie auch im Hinterkopf, dass es immer einige Wiederholungen braucht, bis eine Regel verstanden wurde. Und behalten Sie bitte auch im Hinterkopf, dass weiche insbesondere erhöhte Plätze von Hunden ganz besonders geliebt werden (Höhe gibt Sicherheit). Bei Dingen, die dem Hund sehr wichtig sind, wie erhöhte Plätze oder Futter, sollten Sie bei Regelverstößen wohlwollend, freundlich und ein wenig geduldiger sein.
Anmerkung: Wenn ein Verhalten aufgrund von Stress gezeigt wird, gilt all das natürlich nicht! In solchen Fällen versuchen Sie den Hund stimmlich zu beruhigen (feiiiiiiiin ist nicht beruhigend! Sagen Sie stattdessen „alles ist guuuuuuuut“ im Tonfall abfallend, ruhig und leise gesprochen), bringen Sie insgesamt Ruhe in die Situation, evtl. Distanz aufbauen und vielleicht auch Leckerchen ins Spiel bringen.
Zu drohen und zu strafen im Umgang mit Hunden (Tieren) ist für uns völlig normal. Uns fällt gar nichts anderes mehr ein, um ein unerwünschtes Verhalten zu verändern. Nur drohen und strafen. Gehen Sie in die Hundeschule lernen Sie drohen und strafen. Schauen Sie TV-Shows lernen sie drohen und strafen. Fragen Sie Ihren Nachbarn lernen Sie drohen und strafen.
Völlig normal.
Nur wir wollten niemals so behandelt werden.
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