21. Wie gewöhnen Sie Ihren Hund an angstauslösende Situationen?
Führen Sie Ihren Hund an das, was er fürchtet, langsam und ruhig heran. Bleiben Sie mit Ihrer ganzen Aufmerksamkeit bei Ihrem Hund, ruhig, leise und freundlich redend. Beobachten Sie dabei genau sein Verhalten. Sowie sich seine Körperspannung, seine Atmung (Hecheln), seine Körperbewegungen verändern, bleiben Sie stehen. Die Annäherung sollte grundsätzlich in kleinen Schritten erfolgen. Lassen Sie Leckerlies auf den Boden fallen, solange er diese in seiner üblichen Art frisst ist es gut (wird er hektischer im Aufnehmen des Futters, ist sein Stresspegel schon deutlich erhöht, d.h. nicht näher herangehen!). Bleiben Sie immer nach einigen Schritten stehen und schätzen Sie die Befindlichkeit Ihres Hundes ein (Körperspannung, Stressanzeichen etc.). Wenn Sie anhand des Ausdrucksverhalten Ihres Hundes merken, dass sich sein Stresspegel erhöht hat, gehen Sie wie folgt aus der Situation heraus: Nehmen Sie eine Handvoll Futter in die halbgeschlossene Hand, halten Sie ihm diese Futterhand vor die Nase, sodass er sich sein Futter nach und nach „herausarbeiten“ kann und führen Sie ihn an der Futterhand aus der Situation WEIT GENUG hinaus.
Jedes Mal, wenn Sie wieder auf den angstauslösenden Reiz treffen, führen Sie Ihren Hund 1-2 Schritte näher heran. (Beachten Sie, dass jedes Tier seine eigene Geschwindigkeit hat, in der er sich an etwas gewöhnen kann, daher ist die Angabe von 1-2 Schritten nur eine vage Angabe! Möglicherweise können Sie erst nach einer gewissen Anzahl an derartigen Konfrontationen mit der Distanzverringerung anfangen.) Lassen Sie immer wieder Futter zu Boden fallen, reden Sie freundlich-leise und gehen Sie wie oben beschrieben wieder aus der Situation heraus. Ist der Hund „hochgefahren“, war der Versuch vergebens, denn Gewöhnung funktioniert ausschließlich, wenn das Tier keinen Stress dabei empfunden hat.
Die Gewöhnungszeit ist – wie bereits beschrieben - ganz individuell, es können Wochen, Monate oder Jahre sein, je nachdem wie schwer Ihr Hund traumatisiert ist. Aber liebevolle Ausdauer zahlt sich immer aus, denn auch in Fällen, wo keine gänzliche Angstüberwindung stattgefunden hat, sind die Angstreaktionen deutlich geringer und der Hund sichtbar entspannter.
Anmerkung: I.d.R. gehen wir viel zu schnell auf und viel zu nah an das heran, was der Hund fürchtet. Grundsätzlich gilt: LIEBER ZU FRÜH ALS ZU SPÄT AUS DER SITUATION WIEDER HERAUS GEHEN! Entwickeln Sie ein Gespür für Ihren Hund, seine Angst und seine Körpersprache und beurteilen Sie unbedingt jede angstauslösende Situation neu! Finden Sie heraus, in welcher Geschwindigkeit Sie sich mit Ihrem Hund an den angstauslösenden Reiz annähern können und welche Distanz er benötigt, um sich noch sicher zu fühlen. Die sogenannte Individualdistanz ist abhängig von dem was den Hund ängstig, von seiner Tagesform bzw. seiner Befindlichkeit, von seinen Erfahrungswerten etc., d.h. Sie müssen die jeweilige Individualdistanz immer wieder durch beobachten Ihres Hundes neu einschätzen.
22. Woran erkennen Sie einen guten Hundetrainier?
1. Er nimmt sich ausreichend Zeit den
Hund kennenzulernen, denn jeder Hund ist individuell. Sein Charakter,
seine Erfahrungen, seine genetische Disposition.
Es kann KEIN Standardtraining geben,
vielmehr muss dieses auf den Hund, seine Lebensumstände, den Halter und
die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmt werden. Jeder Hund hat aufgrund
seiner Individualität eine eigene Lernweise, seine eigene Lernbegabung
und seine eigene Lernbereitschaft. Besondere Aufmerksamkeit gilt bei
Ängstlichkeit, Unsicherheit oder Scheue. Diese sind erfahrungsgemäß
ursächlich für die häufigsten Verhaltensprobleme -wie zum Beispiel
Aggression - verantwortlich. Wird z.B. Angst nicht als Ursache für das
Aggressionsverhalten erkannt, ist ein effektives Training unmöglich.
Stattdessen steigt die Aggressionsbereitschaft häufig kontinuierlich
an.
2. Er ist sicher in der Einschätzung des
hundischen Ausdrucksverhaltens. Dazu gehört die Körpersprache im
Allgemeinen (Neutralhaltung, Drohverhalten, Angst etc), Stressanzeichen,
Beschwichtigungssignale.
Wichtig ist auch hier: jeder Hund hat
seine ureigene Körpersprache. Allgemeingültige Aussagen sind eher
kritisch zu beurteilen. Ein gutes Gespür für die jeweilige
Befindlichkeit ist unentbehrlich.
3. Er arbeitet gewaltfrei und ohne jede Form der Einschüchterung.
Auf diesen Punkt möchte ich intensiver eingehen, damit Ihnen klar wird, was Gewalt, ob physisch oder psychisch, bewirkt.
Vertrauen ist die Grundvoraussetzung für
ein effektives Hundetraining. Ein Tier, das erfahren hat, dass Menschen
schnell laut, grob oder gar brutal werden, konzentriert sich
hauptsächlich auf Fluchtmöglichkeiten! Selbst bereits erlernstes
Verhalten ist für den Hund kaum noch abrufbar, wenn er uns als
unberechenbar eingestuft hat.
Ist das Vertrauen erschüttert, muss erst
daran gearbeitet werden, dieses wieder herzustellen. Es wird allerdings
nicht immer möglich sein.
Zum besseren Verständnis: Wie gut können
Sie Neues lernen oder bereits sicher Erlerntes fehlerfrei wiedergeben,
wenn Sie dazu von einem Menschen aufgefordert werden, der Sie bei einer
falschen Antwort schlagen wird?
Wie gut können Sie sich auf eine neue
Aufgabe konzentrieren, wenn Sie ständig davon ausgehen müssen, dass Sie
bei dem kleinsten Fehler rüde zurechtgewiesen werden?
Auch der Einsatz von Schepperdosen oder
anderen Utensilien, die eingesetzt werden, um den Hund zu erschrecken
ist absolut kontraproduktiv (und tierschutzrelevant).
Was haben Sie
gewonnen, wenn Ihr Hund zwar gelernt hat, das Eine oder andere aus Angst
zu unterlassen, dafür aber schreckhaft, unsicher oder gar neurotisch
geworden ist? Ein schreckhafter oder unsicherer Hund ist schwerer
einzuschätzen und sein Verhalten ist künftig mühevoller (in manchen
Situationen gar nicht mehr) zu lenken.
Stress – wodurch auch immer ausgelöst -
wird den Hund blockieren, Konzentration auf das Training ist wenig bis
gar nicht mehr möglich. Andauernder Stress wird den Hund mehr und mehr
verunsichern, ihn apathisch oder neurotisch werden lassen.
Auch der Leinenruck wird den Hund in
seinem Vertrauen in Sie erschüttern und seinen Stresspegel deutlich
erhöhen! (Leinenruck kann schnell zu Verletzungen führen und ist
schmerzhaft. Darüber hinaus ist er in vielen Fällen überhaupt erst der
Auslöser für spätere Problemen an der Leine, speziell bei
Hundebegegnungen).
Der Leinenruck ist also in keinster Weise geeignet,
den Hund am Toben oder Zerren an der Leine zu hindern und dass, obwohl
wir i.d.R. genau das damit erreichen möchten. Auch hierzu ein Beispiel:
Sie gehen mit Ihrem Freund Ihrer
Freundin spazieren und Sie treffen auf eine Person, die Sie regelrecht
auf die Palme bringt. ihr) Begleiter/ Begleiterin rammt Ihnen
unvermittelt den Ellenbogen in die Seite und faucht Sie an: „Halt jetzt
bloß die Klappe!“ Was schätzen Sie, wie geeignet ist diese Aktion, um
Sie zu beruhigen?
Fazit: Bezahlen Sie niemanden dafür,
Ihren Hund zu stressen, zu erschrecken oder gar Schmerzen zu bereiten.
Sie brauchen keine ausgefallenen Tipps Ihren Hund gewaltsam ins
Meideverhalten zu bringen, i.d.R. sind wir diesbezüglich (leider!) meist
kreativ genug!
Bleiben Sie kritisch bei Allem was Sie
hören, sehen oder lesen, ob im Fernsehen, Internet oder aus Bücher; ob
von Trainern oder selbsternannten Hundeprofis!
Und bedenken Sie, eine
Aussage wird nicht dadurch richtig, nur weil sie ständig wiederholt
wird!
Setzen Sie stattdessen Ihren gesunden
Verstand ein und fühlen Sie sich in Ihren Hund hinein (wie würde ich
mich an seiner Stelle fühlen und was müsste geschehen damit ich….)
Nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihrem
Hund.
Er hat gelernt, Sie nur durch Beobachtung einzuschätzen und
tatsächlich kennen Hunde ihre Menschen oft besser als umgekehrt.
Vermeiden Sie Interpretationen (mein Hund macht das, weil….). Sie sind selten richtig und nur in Ausnahmefällen zielführend.
Sein Sie für Ihren Hund der Trainer, der Sie selbst am weitesten gebracht hätte und bleiben Sie stets wohlwollend und fair.
23. Kalea
Kalea ist eine Hündin aus Rumänien. Als
sie in ihrer deutschen Pflegefamilie angekommen ist, hat sie erst einmal
nur unter dem Tisch gewohnt. Dies ist das erste ungewöhnliche an der
Geschichte von Kalea. Nicht, weil sie sich an dem vermeintlich
sichersten Ort verkrochen hat, sondern weil man sie unter den Tisch
gelassen hat. Sie wurde nicht darunter hervor gelockt, oder gar zur
Flucht genötigt. Sie durfte dort bleiben. Futter und Wasser wurden unter
dem Tisch gereicht.
Etwas Besseres hätte Kalea zu dieser Zeit
wahrscheinlich nicht finden können. Nichts wurde von ihr erwartet, es
wurde ihr einfach Zeit gegeben, das neue Leben zu beobachten und als
ungefährlich einzustufen. Sie brauchte Zeit, die Schrecken und Qualen
aus der Vergangenheit zumindest soweit zu überwinden, dass sie es wagen
konnte, den Schutz des Tisches und der Wände zu verlassen. Pflegestellen
mit so viel Einfühlungsvermögen möchte ich an dieser Stelle meinen
aufrichtigen Respekt aussprechen. Tatsächlich ist es oft so, dass diese
gequälten Seelen, erst einmal nichts anders brauchen und wünschen als
ein sicherer Ort und Menschen, die nichts von ihnen erwarten.
Nach dem Zwischenstopp unter dem Tisch zog Kalea endgültig in ihr
neues Zuhause ein. Die Menschen in ihrem neuen Leben gehen ebenfalls
sehr behutsam und einfühlsam mit ihr um. Auch hier wird nichts von ihr
erwartet, sie darf einfach sein und sich einleben.
Kalea ist eine
recht unsichere Hündin, wahrscheinlich hat sie, wie viele ihrer Art- und
Leidensgenossen kaum etwas von der Welt kennengelernt und vor allem
wenig Gutes. Und trotzdem hat sie sich tapfer bemüht, sich in das neue
Leben einzufinden. Die Menschen in ihrem Zuhause wurden schnell und
dankbar ins Herz geschlossen. Das Leben außerhalb dieser sicheren Wände
braucht noch Zeit. Der liebevolle Umgang und die vielen Rituale haben
ihr aber auch draußen schon gut geholfen.
Anfangs war gar nicht daran zu denken
mit Kalea Auto zu fahren. Sie wollte sich nicht einmal einem Auto
nähern. Aber mit viel Geduld, vielen kleinen Schritten und vor allem mit
einem Training ganz ohne Druck ist sie heute eine begeisterte
Mitfahrerin! Das hat zwar ein halbes Jahr gedauert, aber nun hat sie für
den Rest ihres Lebens keine Angst mehr vor dem Auto und kann überall
mitgenommen werden.
Ein weiteres Problem für Kalea ist die
Weite der Landschaft. Sobald sie die Enge der Straßen verlässt, wird sie
unsicherer. Die behutsamste und wahrscheinlich auch effektivste
Herangehensweise an dieses Problem war, dass Kalea selbst die
Geschwindigkeit vorgeben durfte, wie schnell und wie weit sie sich in
die beängstigende Weite(Feldmark) hinein wagen konnte. Wieder wurde
nichts von ihr erwartet. Sie war es schließlich, die mit der Angst zu
kämpfen hatte. Sie war es, die gelähmt vor Furcht war und daher konnte
auch nur sie die Geschwindigkeit vorgeben. Von Tag zu Tag wurde sie
mutiger und neugieriger auf die unbekannte Weite. Heute setzt sie sich
noch von Zeit zu Zeit einfach hin, wenn die Angst wieder hochsteigt.
Aber so wie die Leine am Brustgeschirr einklinkt wird, ist wieder alles
okay und sie kann des Weges gehen!
Das Kalea in weniger eines Jahres
so weit gekommen ist, ist einzig dem Umstand zu verdanken, dass ihre
Menschen ihre Angst weder ignoriert oder gar bestraft haben. Sie haben
Kaleas Verhalten richtig gedeutet und geben ihr noch heute in
beängstigenden Situationen Sicherheit.
Warum ich die Geschichte von Kalea
erzähle hat mehrere Gründe. Zum Einen möchte ich die Hundehalter
ermutigen, geduldig sich den Ängsten und Unsicherheiten der Hunde zu
stellen. Unsere Tiere können schließlich nichts dafür, dass sie keinen
guten Start ins Leben hatten. Liebe und Geduld zahlen sich letztlich
immer aus, für alle Beteiligten. Und ich möchte am Beispiel von Kalea
einmal mehr darauf hinweisen, dass wir die Ängste der Hunde auf keinen
Fall ignorieren dürfen. Wir müssen unbedingt sensibel für die Gefühle
unserer Schützlinge werden. Tatsächlich haben fast alle Hunde mehr oder
weniger Angstprobleme und oft keine guten Vorerfahrungen. Sei es, dass
sie Gewalt durch Menschen erfahren haben, oder dass sie Probleme in der
lauten und hektischen Welt der Menschen haben. Am Beispiel von Kalea
möchte ich aber noch etwas verdeutlichen, Unsicherheit, Angst und Furcht
haben nicht nur ein Gesicht! Manchmal deutet auch ein Hinsetzen darauf
hin, dass unser Hund Stress oder Angst hat.
Leider ist Kaleas Lebenslauf aber eine
Ausnahme: Nicht, was die traurigen Lebenserfahrungen angeht, sondern
weil sie Menschen gefunden hat, die so geduldig mit ihr umgehen und die
nie aufgehört haben an sie zu glauben. Wir haben oft bestimmte
Vorstellungen und Wünsche, die wir mit dem Halten eines Hundes
verbinden, die Hunde dagegen haben oft erst einmal nur Hilfe und Ruhe
nötig. Dazu kommt, dass wir oftmals nicht in der Lage sind, das gezeigte
Verhalten richtig einzuschätzen und dann noch die Falschen um Hilfe
fragen.
Bitte denken Sie immer daran, dass
Angstprobleme zu den häufigsten Verhaltensauffälligkeiten gehören, auch
dann, oder vielleicht besonders dann, wenn Aggressionsverhalten gezeigt
wird. Hunde brauchen keine „strenge Hand“ oder wie auch immer man das
nennen mag, sondern Menschen, die ihnen Selbstbewusstsein geben, damit
sie sich an unserer Seite und in dieser Welt wohlfühlen können.
Kalea hat das beste Zuhause gefunden, was ich mir für diese unglaublich hübsche und liebe Hündin denken kann.
24. Nehmen Sie Ihren Hund bitte nicht mit
wenn Sie zu Veranstaltungen gehen, auf denen es laut oder eng wird, der Hund lange in der Kälte/Wärme stehen muss oder die Veranstaltung ihm in anderer Weise nicht gut tut. Wenn Sie eine Veranstaltung besuchen wollen, hat Ihr Hund wahrscheinlich eh nichts davon. Ich sehe immer wieder Menschen, die ihren Hund durch dichte Menschenmengen zerren, ohne die ängstlichen Blicke und den Stress ihres Tieres zu bemerken. Oder Hunde, die neben ihren Menschen auf dem Weihnachtsmarkt frieren, während der Mensch sich mit Glühwein wärmt. Es gibt wahrlich Hundepelze, die so dicht sind, dass es dem Hund wenig ausmacht. Aber das ist die Ausnahme. Viele Hunderassen bilden zum Beispiel gar kein wärmendes Unterfell mehr. Aber auch ein Stadtbummel bei großer Wärme kann schnell zur Folter werden. ist.
Auch das Anbinden vor dem Geschäft oder Supermarkt ist für viele Hunde mit Stress oder Angst verbunden. Viele Passanten gehen zu dicht, zu schnell, zu laut etc. auf die Hunde zu oder an ihnen vorbei. Wenn dann noch ein Kind angelaufen kommt, dass nur streicheln möchte, kann ein Hund, möglicherweise gar nicht anders reagieren, als sich durch schnappen zu verteidigen. Solche Situationen sind häufig Auslöser für spätere Angstaggressionen, die nur schwer oder gar nicht mehr korrigierbar sind. Überdies fürchten sich viele Hunde bei Lärm wie Straßenmusik, Umzüge, Feuerwerk, Schießübungen usw.
Natürlich ist der Hund nicht gerne alleine, aber letztlich sollten wir bei solchen Entscheidungen immer gut abwägen. Schnell kann es passieren, dass eine Negativverknüpfung hergestellt wird, zum Beispiel, wenn im dichten Gedränge dem Hund versehentlich auf den Fuß getreten wird. So ein Ereignis kann das ganze spätere Leben belasten, weil der Hund Ängste gegenüber Passanten aufgebaut hat. Verantwortungsvoller Umgang setzt eben manchmal voraus, dass bestimmte Situationen vermieden werden. Daher meine dringende Bitte: Überlegen sie immer genau, ob Sie Ihren Hund mitnehmen, oder ob er nicht Zuhause besser aufgehoben ist.
25. Hunde nicht vermenschlichen? Oder doch?!!
Gefühle und emotional gesteuertes Verhalten entstehen im zentralen Nervensystem, das heißt Gefühle und Emotionen entstammen unserem Gehirn. Je nach Spezies unterscheiden sich die Gehirne in Größe und Gewicht. Auch die Arbeitsweisen können variieren. Die generelle Funktion der Gehirne jedoch ist bei allen Spezies gleich. Das liegt daran, dass sich das limbische System trotz fortschreitender Evolution kaum verändert hat. Das limbische System hat Einfluss auf das Gedächtnis, den Antrieb und vor allem auf die Steuerung der Gefühle. Mit anderen Worten: Hunde empfinden Freude, Angst, Eifersucht, Trauer, Wut, Einsamkeit, Verlust, Stress etc. etc. genau wie wir Menschen. Auch die sich daraus entwickelten Lösungsstrategien sind nahezu identisch. Für unseren Umgang mit Hunden (und allen anderen Säugetieren) ist das elementar! Wenn wir wissen, dass sie wie wir fühlen und aufgrund bestimmter Emotionen wie wir handeln, können wir uns in sie hineindenken.
Wenn Sie Ihren Hund z.B. in einer beängstigenden Situation beobachten, z.B. beim Zusammentreffen mit einem uneinschätzbaren, fremden Hund, brauchen Sie sich nur in ihn hinein fühlen. Ihr Hund braucht in dem Moment das Gleiche, was Sie brauchen würden, wenn Sie auf einen Fremden treffen, von dem Sie nicht wissen, ob er freundlich oder gefährlich ist: Zeit und eine sichere Distanz. Um etwas als ungefährlich einstufen zu können, braucht es Zeit und das Gefühl (z.B. durch Distanz) nicht in Gefahr zu sein. Erst über die Beobachtung des Fremden kann das Zusammentreffen in sicher oder gefährlich eingeordnet werden. Bedenken Sie: Wenn der Fremde (oder das Fremde) jedoch schon zu nah ist, können weder wir noch die Hunde die Situation als ungefährlich einschätzen.
Die permanente Aussage „Hunde darf man nicht vermenschlichen“ ist somit weder richtig noch hilfreich!!
Wie kam es dazu, dass wir die offensichtliche Ähnlichkeit der Tiere mit uns zeitlebens geleugnet haben? Die Antwort ist einfach: Die Tatsache, dass Menschen schon immer Tiere benutzt, ausgebeutet und gegessen haben, war nur möglich, in dem wir die Gefühle der Tiere und ihre Ähnlichkeit mit uns leugneten. Wie sollten wir damit leben, wenn uns klar wird, dass der kleine Hamster, den wir als Spielzeug für unser Kind kauften, tiefe Verzweiflung empfindet? Wie sollten wir Spaß daran haben, das Pferd als Sportgerät zu benutzen, wenn wir darüber nachdächten, wie wir uns an dessen Stelle fühlten? Wie sollten wir noch gut schlafen können, wenn uns klar würde, wie unglücklich, unverstanden, verängstigt und einsam viele Hunde sind? Und wie sollten wir damit klarkommen, wenn wir den Gedanken zuließen, dass all die Tiere, die wir in dunklen Ställen mästen ließen, ermorden ließen und am Ende in kleinen Stücken auf unseren Tellern hatten, gefühlvolle Wesen wie wir waren? Wir „mussten“ das Offensichtliche leugnen, damit wir unsere Überlegenheit derart ausnutzen konnten.Solche Erkenntnisse verdrängen wir nur allzu gerne, da sie unerträglich sind. Aber Verdrängung hat eine fatale Auswirkung: Sie lässt uns die gleiche Fehler immer und immer wieder machen.
Zurück zu den Hunden…Unsere Wahrnehmungen und unsere Überzeugungen in Bezug auf Hunde hat noch weit unsinnigere Ausmaße angenommen. So werden Hunde häufig als eine Spezies beschrieben, für die verhaltensbiologische Gesetzmäßigkeiten wie naturgegebene Überlegenheit- z.B. durch Größe und Wehrhaftigkeit (und vieles mehr) einfach nicht mehr gelten. Menschen glauben tatsächlich, dass sich kleine Hunde weit größeren Hunden gegenüber dominant fühlen können, weil ihr Verhalten (Bellen und angst-aggressives Agieren,) fehlinterpretiert wird. Wir hören, dass Hunde die einzigen Tiere auf diesem Planeten sind, deren Angst sich abbaut, wenn wir sie ignorieren. Mehr noch, dass es bei Hunden – und nur bei Hunden- eine sogenannte Angstbestätigung gibt. Doch eine verhaltensbiologische Angstbestätigung gibt es nicht. Solche Märchen und Mythen haben dazu geführt, dass wir kaum mehr in der Lage sind, dass Verhalten und die Emotionen unserer Hunde sicher zu bestimmen. Und es hat unsere Überzeugung genährt, dass Hunde- und Menschenverhalten nicht verglichen werden dürfen. Wie aber wollen wir den Hunden helfen, bestimmte Verhaltensweisen nicht mehr zu zeigen, wenn wir nicht einmal verstanden haben, warum sie gezeigt werden und welche Ziele damit verfolgt werden? Verstehen ist immer der Anfang.
Die Verhaltensbiologie (Ethologie) beschäftigt sich mit Verhaltensweisen von Mensch und Tier. Und vermutlich ist der Hund (neben dem Affen) das besterforschte Tier überhaupt. Die Parallelen zwischen Menschen und Hunden (Säugetiere im Allgemeinen) sind frappant.
Denken Sie daran, wenn Sie das nächste Mal Ihren Hund beobachten, der sich z.B. in der viel zu schnellen Annäherung an einen uneinschätzbaren, fremden Hund plötzlich laut und wild gebärdet. Das ist kein Zeichen von Überlegenheit, sondern von Unsicherheit und Angst. Und ein Hund kann die Überlegenheit eines erwachsenen Menschen genauso sicher einschätzen, wie Sie Ihre Unterlegenheit gegenüber eines weit größeren Tieres. So einfach ist das.
Vergessen Sie Ihre Unsicherheit in Bezug auf Ihren Hund und fühlen Sie sich in ihn hinein. Vermenschlichen Sie ihn ruhig in bestimmten Situationen und versuchen Sie zu verstehen, welche Gefühle das jeweilige Verhalten ausgelöst haben. So werden Sie sein Verhalten nicht nur besser verstehen lernen, sondern auch künftig besser einschätzen können.
26. Wie man einen Hund bricht
Wissen Sie, wie man früher Ochsen gefügig gemacht hat, damit sie sich ohne Probleme vor den Pflug spannen ließen? Man hat ihnen solange die Luft abgeschnürt, bis sie jeden Widerstand aufgegeben haben, bis sie gebrochen waren. Das nennt man erlernte Hilflosigkeit. Und so werden heute noch vielerorts Tiere gefügig gemacht, die für den Menschen arbeiten sollen, z.B. Elefanten und Büffel.
Das Abdrücken der Atmung funktioniert immer, Todesangst macht schnell gefügig. So wird auch in deutschen Hundeschulen der sogenannte Kehlgriff angewandt, der erst gelöst wird, wenn das Tier bereits in den Beinen einsackt. Es funktioniert, der Hund macht anschließend was sie wollen, er möchte ja am Leben bleiben.
Dieser Art der Gefügigmachung bedienen wir uns auch, wenn wir dem Hund ein Würgehalsband anlegen. Die Auswahl an solchen Starkzwangmitteln ist erschreckend und kaum jemand nimmt Anstoß daran. Mit und ohne Stacheln, die stumpf oder angespitzt sind oder mit und ohne Zugstopp. Bei den Würgern ohne Zugstopp zieht sich die Schlinge so eng um den Hals des Tieres, wie es der Hals zulässt. Die Verletzungen an Luft- und Speiseröhre sowie des Kehlkopfes sind enorm. Cesar Millan hat eine eigene Kollektion an Halsbändern, die auf Schmerzzuführung und Würgen abzielen. Dabei brauchte niemand ein Würgehalsband, auch ein normales Halsband kann die Fähigkeit zur Atmung schon empfindlich einschränken, sobald der Hund zieht. Und je schmaler das Halsband, desto größer die Verletzungsgefahr. Ich rate jedem, der ein Halsband (oder gar Würger) benutzt, es einmal an sich selbst auszuprobieren, danach bedarf es keiner weiteren Ausführung. Mehr zu diesem Thema finden Sie in meinen übrigen Texten.
Und weil Würgen so selbstverständlich als Erziehungsmaßnahme eingesetzt wird, haben offenbar viele auch kein Problem damit, einem Menschen dabei zuzusehen, wie er die Todesangst für seine Zwecke perfektioniert und damit noch richtig Geld verdient. Ganz im Gegenteil, der mexikanische Hundeflüsterer hat eine große Fangemeinde! Er verwendet dafür u.a. dünne Schlingen - die sich komplett zuziehen- und hebt damit die Hunde vom Boden ab. Er erhängt den Hund sozusagen. (Ähnliche Drahtschlingen verwenden die Hundefänger auf der ganzen Welt.) Auch Nierentritte und Faustschläge gehören zu seinen gewohnten Umgangsformen gegenüber Hunden. Sein ganzes Tun zielt einzig darauf ab, den Hund durch Angst und Schmerz gefügig zu machen. Bilder und Videos die diese Grausamkeiten dokumentieren sind fast vollständig aus dem Internet gelöscht. Warum wohl? Diese Brutalität hat absolut nichts mit Flüstern zu tun und schon gar nicht mit Magie. Gewalt und Einschüchterung sind uralte Rezepte, welche an Widerwärtigkeit kaum überboten werden können.
Sie sollten auch wissen: Ein Hund, dem das angetan wurde, wird danach sehr wahrscheinlich jedes Vertrauen in seine Menschen, vielleicht sogar in alle Menschen, verloren haben. Eine Zunahme der Angst und damit zusammenhängend auch eine Zunahme an Gewaltbereitschaft ist nach so einem "Spezialtraining" sehr wahrscheinlich.
Besonders dramatisch wird das Ganze, wenn man jetzt noch mal Mensch und Hund vergleicht. Ein Hund, der im Beisein seiner Menschen gequält und gewürgt wurde, wird trotzdem wieder zu seinem Menschen gehen. Der Hund wird trotz Vertrauensverlust, und trotz seiner daraus resultierenden Angst vor Menschen, die Nähe seines Halters suchen. Ein Mensch, dem das angetan wurde, wird sich von allen abwenden, die bei diesem Gewaltakt tatenlos zugesehen haben…
Ich bin der festen Überzeugung, dass Gewalt niemals zu einem guten Ende führt und dass es IMMER einen gewaltfreien Weg gibt, der allen Beteiligten ein gutes Leben und Miteinander ermöglicht.
27. Desensibilisierung Silvesterknallerei
Vorgehensweise:
Zu Beginn des Trainings spielen Sie bitte die Silvesterknallerei (z.B.Geräusche CD Don’t be afraid CD oder You Tube https://www.youtube.com/watch?v=r32gHN8GF2M) nur sehr kurz und sehr leise ab (je nach Verhalten des Hundes 5Sek – max.30 Sek). Wichtig ist dabei, dass der Hund dieses nicht als eine gestellte Situation erlebt. Fügen Sie diese Geräusche also ganz selbstverständlich in Ihr derzeitiges Tun mit ein. Werfen Sie eher beiläufig einen Blick auf den Hund, sobald er eine Reaktion zeigt bzw. sobald die Silvesterknallerei zu hören ist, damit Sie den Stresspegel einschätzen können. Aber tarnen Sie Ihre Beobachtung gut, sobald der Hund diese Situation als gestellt oder Training etc erkennt, hat sie nicht mehr die gleiche Wirkung. Die Reaktion Ihres Hundes (bleibt der Hund liegen, stehen oder sitzen, geht oder rennt er weg, jault, fiept oder bellt er…) ist entscheidend für den weiteren Aufbau des Trainings, für die Dauer und die Lautstärke der folgenden Geräuschkonfrontationen.
Das Wichtigste ist, dass der Reiz (Knallerei) nur sehr langsam gesteigert wird. Ein zu schnelles Vorgehen hat den gegenteiligen Effekt! In welcher Geschwindigkeit Sie den Reiz steigern können, wird Ihnen Ihr Hund anzeigen. Wichtig ist, dass Sie immer die Knallerei ausstellen BEVOR der Hund Stress hat.
Ein guter Indikator für das Befinden Ihres Hundes ist u.a. Futter. Versuchen Sie doch zeitgleich eine Gegenkonditionierung: Wenn Sie wissen, dass Sie gleich Geräuschtraining machen wollen, geben Sie Ihrem Hund vorher eine Schale oder einen Kong mit unglaublich leckerem Inhalt. Lassen Sie den Hund kurz vor Beginn der Knallerei anfangen zu fressen. Hört Ihr Hund bei Einsatz der Knallerei mit Fressen auf, schalten Sie sofort wieder aus (ohne hastig zu wirken oder Unruhe zu verbreiten) und machen künftig kleinere und leisere Schritte. Wenn der Hund weiter frisst ist das ein Zeichen, dass Sie die Geräusche noch ein BISSCHEN laufen lassen können. ABER Vorsicht, Stress baut sich schnell auf! Wenn Ihr Hund erst in seine Angst gefallen ist, fallen Sie im Training weit zurück! Wann immer wir versuchen, eine Angst abzubauen, müssen wir sehr sehr behutsam vorgehen. Gerade zu Beginn sind die Schritte winzig klein. Erst nach einer gewissen Gewöhnung werden die Schritte dann größer.
Nachdem der Hund schon liegen bleibt, verändern Sie das Training, stellen Sie das Abspielgerät mal in einen anderen Raum usw., aber weiterhin gilt eine behutsame Vorgehensweise. Um Ihrem Tier die Angst zu nehmen oder zumindest zu schmälern ist es unabdingbar, dass Sie lernen, sich in Ihren Hund hinein zu fühlen. Entwickeln Sie für die Stimmung Ihres Hundes ein Gefühl. Das ist gar nicht schwer, Sie müssen nur hinsehen (Blickkontakt, Atmenfrequenz, Körperhaltung, Muskelspannung etc.) Aber denken Sie daran, beim Geräuschtraining müssen Sie etwas tricksen, ein kurzer Blick ganz beiläufig muss reichen, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Alles andere würde der Hund sofort als eine gestellte Situation empfinden.
Wenn Sie es schaffen, dass Ihr Hund für die gesamte Dauer der Knallerei liegen bleibt, frisst oder sonst wie anzeigt, dass alles okay ist, spielen Sie weiterhin täglich bis zum 31. diese Knallerei im Hintergrund ab und machen Sie ihm diese Zeiten der Knallerei so angenehm wie möglich.
Dieses Training ist kein Garant für ein stressfreies Silvester, aber die beste Möglichkeit, die Knallerei so gut es geht zu verwinden. Lassen Sie aber bitte Ihren Hund Silvester auf keinen Fall alleine, sein Sie für ihn da. Reden Sie freundlich und ruhig mit ihm. Vielleicht bauen Sie ihm eine Höhle, in die er sich zurückziehen kann. Das Aufsuchen eines (vermeintlich) sicheren Ortes ist ganz natürlich und sollte auf keinen Fall verboten werden.
28. Wut, das hinderliche Gefühl
Wer kennt diese Wut nicht, wenn sich der Hund wieder einmal wie ein (scheinbar!) Irrer verhält und wir uns bis auf die Knochen blamiert fühlen? Oder die Wut, weil der Hund (scheinbar) ungehorsam, aufmüpfig oder was auch immer ist. Es gibt so viele Situationen, in denen wir mit diesem trügerischen und zerstörerischen Gefühl der Wut zu kämpfen haben.
Wut ist ein Zustand gesteigerter Erregtheit und wie jeder von uns weiß, keine günstige Basis, um klar zu sehen oder um richtige Entscheidungen zu treffen. Oft machen wir gerade in solchen Emotionslagen die wirklich gravierenden Fehler, die manchmal nur schwer, manchmal gar nicht mehr korrigiert werden können. Fehlinterpretationen und Fehlentscheidungen sind fast immer die Folge.
Wut gänzlich zu vermeiden wird wohl kaum gelingen, aber vielleicht können Sie die nachfolgenden Regeln beachten:
Wirken Sie erst auf Ihren Hund ein, wenn Sie wieder völlig zur Ruhe gekommen sind UND, wenn Sie verstanden haben, WARUM Ihr Hund z.B. aus der Haut gefahren ist. Seien Sie gewiss, dass es definitiv kein Pöbeln war, wenn Ihr Hund einen Menschen oder einen anderen Hund angebellt hat. Pöbeln ist ein rein menschliches Verhalten, dass nicht von Hunden gezeigt wird. Jedes Verhalten hat eine Ursache, diese gilt es zu erkennen. Häufig ist z.B. aufgebrachtes Verhalten eine angstmotiviere Aggression, d.h. der Hund versucht durch sein lautes und wildes Auftreten einen (überlegenen) Gegner einzuschüchtern, um einen Kampf zu vermeiden. Mehr dazu in weiteren Texten.
Vermeiden Sie jedes Lautwerden Ihrerseits, jeden Leinenruck und alle anderen Formen von Schmerzzuführungen bzw. Bestrafungen, denn all das ist einzig dazu geeignet, die Probleme in jeder Hinsicht zu verstärken.
Sollten Sie Ihren Hund Ihre Wut spüren lassen, dürfen Sie sicher sein, dass
• Ihr Vertrauensverhältnis massiv beschädigt wird, weil Ihr Hund ganz sicher Ihr Verhalten nicht verstehen kann und Sie für unberechenbar hält• das sich das eigentliche Problem verstärkt und von mal zu mal schwerer zu therapieren ist• Sie es wahrscheinlich bitter bereuen werden, wenn Sie erst einmal das Verhalten Ihres Hundes richtig verstanden haben.
Und bitte vergessen Sie auch nie, dass Sie einen Hund nur dann gut trainieren können, wenn er Ihnen vertraut. Jedes Misstrauen blockiert das Lernverhalten. Ein Teufelskreis, der nur schwer zu durchbrechen ist.
Das Zusammenleben mit Hunden ist leider mit vielen Missverständnissen verbunden, die wiederum viele Möglichkeiten bieten wütend zu werden. Ein typisches Beispiel für ein Missverständnis und der daraus resultierenden Wut ist, wenn der Hund sich in unserer Abwesenheit etwas „geklaut“ hat. So eine Situation spielt sich in etwa immer gleich ab: Wir kommen nach Hause, der Hund begrüßt uns freudig an der Tür, wir begrüßen den Hund ebenso freudig, wir gehen ins Wohnzimmer und die Reste von der Pizzaverpackung sind überall verstreut. Wir brüllen: „Was hast du gemacht?“ und der Hund geht in Deckung, läuft weg oder zeigt aktive oder passive Demut. Und genau dieses Verhalten bestärkt uns in der Annahme, der Hund wüsste genau, was er falsch gemacht hat. In Wirklichkeit aber zeigt der Hund dieses Verhalten lediglich als REAKTION auf unseren bedrohlichen Wutanfall. Ich versichere Ihnen, hätte Ihr Hund gewusst, dass er sich die Pizzareste in Ihrer Abwesenheit nicht nehmen darf, hätte er es nicht gemacht! Und nun überlegen Sie sich bitte mal, was so ein Wutausbruch mit Ihrem Hund macht: Eben noch gestreichelt und im nächsten Moment von seinem Menschen massiv bedroht, ohne zu wissen warum.
Unser Beziehung zu Hunden ist wahrlich nicht immer leicht und irgendwie – das müssen wir zugeben – passen menschliche und hündische Bedürfnisse nicht immer zusammen. Wut ist somit vorprogrammiert. Vielleicht aber können Sie sich ein Ritual überlegen, dass Ihnen hilft Ihre Wut schneller zu überwinden, damit es Ihnen und Ihrem Hund wieder binnen kurzem gut geht .
Denken Sie immer daran: Wut ist alles andere, als eine günstige Basis, um klar zu sehen oder um richtige Entscheidungen zu treffen! Oft machen wir gerade in solchen Emotionslagen die wirklich gravierenden Fehler, die manchmal nur schwer, manchmal gar nicht mehr korrigiert werden können.
29. Ein Tag aus dem Leben von Cora
• 6.20 Uhr der Wecker klingelt, Cora bleibt liegen ist aber aufmerksam
• 6.30 Uhr die Menschen stehen auf und gehen abwechselnd ins Bad und in die Küche
• 7.00 Uhr gemeinsames Frühstück, der Hund hat seinen Liegeplatz verlassen und liegt nun im Essbereich, die Blase ist voll, aber sie weiß, dass sie noch warten muss. Die Menschen haben sie an diesem frühen Tag noch nicht wahrgenommen
• 7.23 Uhr endlich geht es nach draußen und Cora kann sich lösen. Alles riecht so gut und aufregend, aber der Mensch hat keine Zeit und zerrt sie mit. Cora trifft auf den netten Hund aus der Nachbarschaft, für eine Begrüßung ist keine Zeit. Cora wird vorbei geführt, alle Versuche zur kurzen Kontaktaufnahme verärgern den Menschen
• 7.37 Uhr wieder Zuhause, Cora hatte sich weder genug bewegt noch Gelegenheit, die Welt da draußen zu erschnuppern.
• 7.39 Uhr der Futternapf wird gefüllt
• 7.55 Uhr die Menschen verlassen die Wohnung, Cora bleibt allein zurück. Cora lauscht den Schritten ihrer Menschen und hört anschließend den Wagen wegfahren. Cora läuft noch etwas durch die Wohnung, sie fiept leise. Bis der erste Mensch zurück kommt wird sie 24 mal ihren Liegeplatz gewechselt haben, viel vor sich hin geschaut haben, etwas gedöst haben und auf fast alle Geräusche geachtet haben. So wartet sie Stunde um Stunde. Die Leere schier unerträglich.
• 16.36 Uhr der Erste kommt nach Hause. Cora freut sich riesig und die Blase ist voll. Nach einem kurzen über den Kopf streicheln wird sie ignoriert. Ihr Mensch geht in die Küche und macht sich einen Kaffee. Der Blasendruck mittlerweile unerträglich. Cora stellt sich vor die Terrassentür, die daraufhin geöffnet wird. Cora darf in den kleinen Garten. Gierig saugt sie alle Gerüche vom Boden und aus der Luft auf. Draußen ist ihre Welt.
• 16.42 Uhr Cora wird wieder hereingerufen. Der Fernseher ist an. Cora geht zu ihrem Mensch und versucht Kontakt aufzunehmen. Der Mensch streichelt sie kurz und ignoriert sie gleich wieder. Cora bettelt um Aufmerksamkeit und stupst ihren Menschen wiederholt an, was ihn mürrisch macht. Cora wird befohlen sich hinzulegen. Wieder liegen und nichts tun. Aber der Ton in der Stimme war barsch, sie weiß, dass es besser ist zu gehorchen. Bis der nächste Mensch kommt ist ihre einzige Aufgabe hinter ihrem Menschen herzulaufen, aber sie bleibt auf Distanz
• 18.30 Uhr der zweite Mensch kommt Heim. Cora‘s Freude ist übergroß. Obwohl ihr mit 7 Jahren schon die Gelenke etwas weh tun springt sie in ihrer Freude ihren Menschen an. Sie wird gestreichelt und sie bekommt ein feines Leckerchen aus der Tüte. Hochmotiviert läuft sie nun hinter ihrem Lieblingsmensch her. Viel Aufmerksamkeit bekommt sie allerdings nicht.
• 19.06 Uhr es geht nach draußen. Cora‘s Freude ist kaum zu bremsen, sie zieht an der Leine, so viel gibt es nachzuholen, der Tag ist fast rum. Sie kennt die Runde und sie bemüht sich so viel wie möglich an Eindrücken aufzunehmen. Ihre Spaziergänge sind fast die einzige Zeit, in der sie sich nicht langweilt. Ihre Spaziergänge sind ihre Zeit. Und ihre Spaziergänge sind gemessen an den vielen Stunden sehr kurz. Ihre hohe Erwartungshaltung steht im krassen Gegensatz zu der Motivation ihres Menschen. Der möchte schnell nach Hause, da er lange gearbeitet hat.
• 19.49 Uhr wieder zu Hause. Es gibt wieder Futter. Die Menschen setzen sich aufs Sofa und sehen Fern. Cora liegt auf dem Teppich und schaut vor sich hin.
• 22.40 Uhr die Menschen gehen schlafen
Während Cora ihre Menschen immer wieder angesehen und beobachtet hat, auf einen kleinen Wink ihrer Menschen gewartet hat, der sie aus der Langeweile holt, wurde sie selbst wenig beachtet. Nicht, weil ihre Menschen sie nicht lieben oder wertschätzen, sondern weil Cora im Alltag nun mal „neben her laufen“ muss, da Mensch ja auch noch was anderes zu tun hat. So normal wie es ist, so tragisch ist es auch.
Mit diesem Text möchte ich daran erinnern, was wir in unserer hektischen Welt voller Terminkalender und enger Zeitfenster schnell einmal vergessen können: Unsere Hunde leiden unglaublich unter den vielen Stunden der absoluten Leere. Natürlich wird es sich nicht immer vermeiden lassen, dass wir sie sich selbst überlassen. Nicht jeder kann einen Zweithund aufnehmen und fast nie findet Arbeit zu Hause statt.
Doch unser Streben sollte immer dahin gehend sein, den Bedürfnissen unserer Hunde so gerecht wie möglich zu werden. Wir sollten auch die Aussage „ mein Hund kann locker 9 Std alleine bleiben“ kritisch sehen. Es stimmt: Ihr Hund kann alleine bleiben, aber locker kann er das nicht! Er bleibt alleine, weil er muss.
Wenn wir nur die 9 Std. Alleinsein während wir arbeiten hochrechnen, sind das schon 2.160 Stunden im Jahr. Wenn wir das auf 10 Jahre hochrechnen sind das 21.600 Std. der Leere! Das sind 900 Tage Lebenszeit in der Leben kaum stattgefunden hat… Und wie viele Stunden/Tage kommen noch dazu, in denen wir unterwegs waren?
Bitte überlegen Sie, wie Sie das Leben Ihres Hundes gestalten. Bitte bemühen Sie sich, den Bedürfnissen Ihres Hundes auf Gesellschaft, auf Interaktion, Bewegung und Zärtlichkeit so gut es geht nachzukommen. Bitte nehmen Sie Ihren Hund wahr, sprechen Sie mit ihm, spielen Sie mit ihm, raufen Sie mit ihm. Verstecken Sie Futter oder werfen es in den Garten. Verdammen Sie den Fressnapf und stopfen Sie das Futter stattdessen in irgendwelche Kauspielzeuge wie z.B. einen Kong Jede Kleinigkeit wird unendlich dankbar von unseren Tieren angenommen.
Unsere Hunde haben eine so viel kürzere Lebenszeit als wir und wir allein bestimmen, wie schön diese kurze Zeit ist.
30. Von Hundehaltern, sozialer Kompetenz und Führungsqualitäten…
Wenn es darum geht, den Unterschied zwischen Menschen und Tieren deutlich zu machen, führen wir u.a. immer das Argument unserer einzigartigen Fähigkeit zur Kommunikation an. Aber was taugt dieses Sprachvermögen im grauen Alltag? Wie oft verlaufen Begegnungen unter Hundehaltern unschön und unfair ab? Unser Wortschatz umfasst eine Spanne von ca. 2000 – 20.000 Wörtern, aber wir sind nicht zuverlässig in der Lage Auseinandersetzungen untereinander friedlich und effektiv zu lösen. Sozialkompetenz ist offensichtlich keine menschliche Stärke. Hunde dagegen sind wahre Meister im sozialen Miteinander, der Konfliktvermeidung und der Konfliktlösung. Leider haben sie nur selten die Möglichkeit dazu, weil wir Menschen meistens dazwischenfunken.
Wenn unsere Hunde an der Leine laut oder wild werden, weil WIR eine freundliche bzw. ruhige Begegnung mit anderen Hunde unmöglich gemacht haben, reden wir vom pöbeln, was es in keinster Weise trifft! Wenn wir nicht in der Lage sind uns mit einem anderen Halter freundlich auseinanderzusetzen liegt die Ursache dafür immer bei dem Anderen. Wie wir Menschen es auch drehen und wenden, Schuld sind immer die Anderen.
Dabei wäre alles so einfach, wir müssen nicht einmal dieselbe Muttersprache beherrschen, ein paar Handzeichen, etwas Ruhe und ein Lächeln wären vollkommen ausreichend, um Begegnungen perfekt zu managen. Ausgerechnet der Mensch, der immer im Zusammenhang mit den Hunden so verbissen auf seinen Führungsanspruch pocht, versagt hier nicht selten. Führungsqualitäten setzen Übersicht, Weitsicht, Kenntnis, Ruhe, kognitive Fähigkeiten, Einfühlungsvermögen und noch einiges mehr voraus. Wie viele können das von sich behaupten? Es hat den Anschein, dass die menschliche Kommunikation im Wesentlichen an Ignoranz, Unverständnis, Verbohrtheit, Vorurteilen und Unkenntnis scheitert.
Was könnten wir also im Umgang mit unseren Hunden, Haltern und ganz allgemein besser machen?
Hundebegegnungen: Wissen Sie eigentlich, was Ihr Hund braucht, damit er anderen Hunden angstfrei, stressfrei und ruhig begegnen KANN? Derjenige, der die Leine hält, muss die Voraussetzungen schaffen, dass eine ruhige Begegnung stattfinden kann. Der Hund kann es nämlich nicht, weil er angebunden und eingeschränkt ist. Ruhe, Zeit und Distanz sind in diesem Zusammenhang die Zauberworte.
Achten Sie im Zusammentreffen auf andere Hundehalter aber nicht nur gut auf Ihren Hund, sondern auch auf die Hunde und Menschen, die Ihnen entgegen kommen. Wird schon an der Leine gerissen? Ist der Hund schon in geduckter Haltung? und vieles mehr. Bleiben Sie ggf. frühzeitig stehen und reden Sie ruhig und freundlich mit Ihrem Hund. Das zeigt Führungsqualität! Versuchen Sie, wenn es die Situation erfordert, mit dem anderen Halter eine Lösung abzusprechen, wenn der Weg zu schmal ist, um eine ausreichende Distanz herzustellen. Wenn eine Absprache nicht mehr möglich ist, weil bereits zu laut gebellt wird, sind Sie es gewesen, der die Grenzen zu schnell unterschritten hat, d.h. beim nächsten Mal müssen Sie früher reagieren, bevor Ihr Hund dieses Verhalten zeigt. Im Grunde es die Lösung ganz einfach: Wenn wir aufhören unsere Hunde ungebremst und frontal in Begegnungen hinein zu führen und ihnen stattdessen Zeit und Ruhe geben, damit sie mit ihren Artgenossen kommunizieren und diese einzuschätzen können, schaffen wir die besten Voraussetzungen, damit künftige Zusammentreffen nicht im Fiasko enden.
Eines sollten Sie bei Hund-trifft-Hund-Begegnungen niemals unterschätzen: Viele Hunde haben wiederholt die traurigen Erfahrungen machen müssen, dass Hundebegegnungen schmerzhaft und gefährlich sind! Nicht weil die Hunde sich untereinander verletzen, sondern weil viele verzweifelte Halter einzig die Lösung in der Einschüchterung sehen, in Form von Schmerzimpulsen (Leinenruck etc) oder Lautstärke. Sie wissen ja Wahnsinn ist, wenn man immer wieder das gleiche macht und ein anderes Ergebnis erwartet, das hat schon Albert Einstein gut erkannt ;)Wir haben es in der Macht, diese Zusammentreffen derart zu gestalten, dass alle mit einem guten Gefühl durchs Leben gehen können. Wir müssen uns nur etwas über das Sozialverhalten der Hunde lernen, uns einen kleinen Überblick verschaffen, wie sie miteinander kommunizieren und wir haben bereits die Hälfte des Weges geschafft.
Ein großes und schwieriges Thema sind freilaufende Hunde. Es kommt immer wieder vor, dass man auf Hundehalter trifft, die das Anleinen oder das Bemühen des Anderen etwas Distanz herzustellen rigoros ignorieren und ihren Hund einfach laufen lassen. Ganz sicher hat sein Hund einen freundlichen Charakter und führt nichts Böses im Schilde. Doch darum geht es in solchen Situationen gar nicht. Denn nur, weil der eine Hund völlig unbekümmert ist, heißt das nicht, dass es auch der andere ist. Und da eine Begegnung immer mindestens aus zwei Individuen besteht, reicht die freundliche Gestimmtheit von einem Hund nicht aus, um eine freundschaftliche Kontaktaufnahme zu gewährleisten. Es gibt viele Gründe, warum es trotz bester Laune des einen Hundes zu Auseinandersetzungen kommen kann. Solche Konflikte gehen dann ausschließlich auf das Konto desjenigen, der nicht gewillt war, kurz die Leine anzulegen. Damit will ich auf keinen Fall sagen, dass Hundekontakte immer vermieden werden sollten! Ich möchte einzig, dass wir uns darüber im Klaren sind, dass wir es sind, die diese Zusammenkünfte inszenieren. Solange wir nichts über den oder die Anderen wissen, auf die wir gerade treffen, sollten wir es überlegt und langsam angehen lassen.
Die soziale Annäherung unter Hunden ist im besonderen Maße ritualisiert, doch leider lassen wir den Hunden nur wenig Spielraum, um entsprechend miteinander umgehen zu können. Die sogenannten Beschwichtigungsgesten (calming signals), die der Konfliktvermeidung dienen, werden z.B. nicht im Lauf gezeigt! Somit kann der Hund, auf den zugerannt wird auch nicht eindeutig erkennen, ob das Herannahen in freundlicher Absicht geschieht. Diese „jungen Wilden“ –wie ich sie gerne nenne – haben schlicht nichts anderes im Sinn als schnellst möglich Kontakt aufzunehmen oder gar eine kleine Spieleinheit anzuzetteln. Diese Kühnheit hat nichts mit Dummheit, Dominanz oder Ungehorsam zu tun. Diese Hunde tun es einfach, weil sie entweder davon ausgehen, dass andere Hunde genauso sorglos wie sie selbst durchs Leben gehen oder weil sie ihre Bedürfnisbefriedigung über die der anderen stellen. Wenn ich nun als Halter weiß, dass ich so einen kleinen Rowdy habe liegt es in meiner Verantwortung, die Begegnung entsprechend zu managen (Führungsqualität ). Der vielzitierte Satz „die machen das unter sich aus“, trifft leider nicht zu, da wir Menschen bereits im Vorfeld die Voraussetzungen dafür zunichte gemacht. Bitte lassen Sie das nicht die Hunde ausbaden! Es gibt so einfache wie wirkungsvolle Regeln unter Hundehaltern, die das Miteinander nicht nur freundlicher machen, sondern auch Verletzungen und Streit vorbeugen. Sie alle basieren auf Rücksicht.
Welche Gründe könnte es geben, dass Hunde beim Zusammentreffen mit Artgenossen Distanz oder Zeit brauchen?
Es gibt alte Hunde, die keinen Wert mehr auf Kontakte mit Ihresgleichen legen, schon gar nicht mit Hunden die rempeln oder anders grobmotorisch sind. Das gleiche gilt für verletzte/ operierte Hunde. Darüber hinaus gibt es viele Hunde, die insgesamt scheuer oder ängstlicher sind und einfach etwas mehr Zeit brauchen, um sich in der Gegenwart anderer sicher zu fühlen. Und natürlich gibt es Hunde, die schon einmal durch einen anderen Hund verletzt wurden, was Ängste und Unsicherheit zur Folge hat, insbesondere dann, wenn der Sicherheitsabstand zu schnell unterschritten wird. Zu guter letzt möchte ich noch einmal daran erinnern, dass viele Hunde beim Zusammentreffen mit Artgenossen wiederholt schlechte Erfahrungen mit dem anderen Ende der Leine gemacht haben (Leinenruck, anschreien, herunterdrücken etc) und aus diesem Grund gar nicht mehr in der Lage sind solche Situationen stressfrei zu erleben.Wir wissen nichts über den Menschen und den Hund, der uns da entgegenkommt, aber wir haben es in der Hand, diese Begegnung so angenehm und so profitabel wie möglich zu gestalten.
Angst vor HundenViele Menschen fühlen sich unwohl, wenn freilaufende Hunde auf sie zukommen. Nicht nur Radfahrer, Inlineskater, Jogger sind dankbar, wenn die Halter für eine kurze Zeit ihren Hund sichern, auch viele Spaziergänger atmen erleichtert auf. Ein minimaler Einsatz reicht, um anderen Menschen zu helfen. Aussagen wie „der tut nichts“ sind völlig unnütz, weil Angst nicht immer rational ist. Ein kurzer Moment der Rücksichtsnahme und alle können mit einem Lächeln aneinander vorbeigehen. Keine Stürze mit dem Fahrrad, keine Tränen und kein Herzrasen. Warum es dennoch einigen Haltern so schwer fällt, sich in andere hinein zu fühlen und ihnen etwas entgegenzukommen, wird mir immer ein Rätsel bleiben.
Hundekot/MarkierenRücksicht zeigt sich jedoch nicht nur in dem was wir tun, sondern auch indem was wir NICHT tun, z.B. die Hinterlassenschaften unserer Hunde zu entsorgen. Auch wenn ich selbst einen Hund habe, mag ich weder in einen solchen Haufen hineintreten, noch möchte ich solche auf meinem Grundstück. Leider kann diese Rücksichts- oder Gedankenlosigkeit der Halter, die den Kot nicht entsorgen, schreckliche Folgen für die Hunde haben. Denn die Wut der Hundehasser beruht u.a. auch genau darauf. Die Reaktion auf all die Haufen sind dann Giftköder oder Köder mit Rasierklingen. Leider sind sich Hundehasser nicht darüber im Klaren, dass die Hunde gar nicht anders konnten, als sich da zu erleichtern, wo der Mensch sie hingeführt hat. Stattdessen würde ich mir wünschen, alle würde solche „Haufenignoranten“ ansprechen und sie um Entsorgung bitten, doch das geschieht leider kaum. Auch hier zeigt sich einmal mehr, Menschen rächen sich nicht immer an den wahren Verantwortlichen, sondern an denen, an die sie sich herantrauen. Es ist ohne Frage weder schick noch praktisch, mit einem Kotbeutel herumzulaufen, aber es nicht zu tun ist rücksichtslos, ignorant und gefährlich für Hunde. Auch das Markieren von Zäunen, Häusern, Autos, Fahrrädern, Motorrädern etc. etc. etc. führt schnell zu Verärgerungen, achten Sie doch bitte darauf, dass das nicht passiert. Ihr Hund nimmt es Ihnen sicher nicht übel, wenn Sie ihn freundlich daran hindern.
KinderLiebe Eltern, bitte achten Sie darauf, dass Ihre Kinder lernen freundlich und unaufdringlich mit Hunden umzugehen. Hunde sind schnell verunsichert, wenn sich jemand rasant und/oder laut auf sie zubewegt, schließlich sind sie in der Regel angeleint und können nicht ausweichen. Auch möchten nicht alle Hunde von Kindern angefasst werden, wie auch umgekehrt nicht alle Kinder Kontakt mit Hunden haben möchten. Lassen Sie bitte Ihre Kinder auch nicht auf angebundene Hunde zulaufen oder solche anfassen, diese Hunde sind nicht selten mit dem Angebundensein überfordert und können mit Verteidigungsverhalten reagieren. Bitte tragen auch Sie dazu bei, dass Hunde stressfrei lernen können, dass von Kindern keine Gefahr ausgeht, auch wenn sich diese lauter und schneller bewegen als Erwachsene.
Bitte behalten Sie immer die Konsequenzen Ihres Tuns oder Nichtuns im Auge und verhalten Sie sich so, wie Sie wünschen, dass sich andere verhalten.
Wir selbst müssen die Veränderung sein, die wir in der Welt sehen wollen. (Gandhi)
31. Symbiose
Unsere Alltage sind oftmals so durchorganisiert, „zeitgemanaged“, dass wir für eine tiefe Beziehung zu einem so empfindsamen Wesen, wie einem Hund, gar keine Zeit haben. In diesem alltäglichen Gehetze, bemerken wir nicht einmal, wie oft wir dabei unsere Hunde stressen oder sie sich gar vor uns fürchten. Wenn uns erst bewusst würde, wie häufig sich unsere Hunde durch unsere Unachtsamkeit schon geängstigt haben, könnten wir ihnen kaum noch ins Gesicht sehen.
Aber wir bemerken in unserer ständigen Eile auch nicht, wie gut uns die Andersartigkeit unseres Hundes tun könnte. Wir stecken zu tief in unserem Sumpf aus Gewohnheiten und Erwartungshaltungen anderer, leiden unter der Oberflächlichkeit des Miteinanders und vergessen ganz, dass es jemanden gibt, dem wir einfach mehr Aufmerksamkeit schenken müssten, um uns von seiner Gelassenheit anstecken zu lassen.
Wenn wir eine Liste zusammenstellen würden, aus der hervorgeht, was alles anders sein müsste, was wir alles haben müssten, damit wir wirklich glücklich wären, was denken Sie wie lang wäre diese? Und wenn wir dann unsere Hunde befragten, was denken Sie, wie lang wäre diese Liste?
Die Menschen waren niemals so einsam, unzufrieden und traurig wie heute, wenn man Umfragen Glauben schenken mag. Und dabei gibt es fast nichts, was ihnen wirklich fehlt, materiell betrachtet. Und trotzdem kommen wir aus dieser Endlosschleife der Unzufriedenheit nicht mehr heraus. Doch die, von denen wir wirklich lernen könnten, nämlich unsere Hunde -und das meine ich absolut ernst- würden wir uns niemals als Beispiel nehmen.
Dabei dürfte keinem Hundehalter entgangen sein, wie unvermittelt und lebhaft sich sein Hund über einen halbverwesten Ball, einen Stock oder auch nur etwas gemeinsames Raufen mit seinem Menschen gefreut hat. Wenn doch der Hund ganz offensichtlich ein größeres Talent besitzt, um glücklich oder zufrieden zu sein, warum schauen wir es uns nicht einfach ein wenig von ihm ab?
Warum versuchen wir nicht einfach, unser Zusammenleben mit unserem Hund als eine einzigartige Symbiose zu sehen? Dann würden wir auch aufmerksamer, rücksichtsvoller und geduldiger mit ihm umgehen und unser Hund würde sich niemals mehr vor uns fürchten.
Wir sollten unseren Hunden viel viel mehr Zeit widmen, als wir es im Allgemeinen tun. Wenn wir endlich von unserem hohen Ross herunter kommen und wir unser albernes Machtverständnis überdenken, können wir eine Beziehung eingehen, die uns vielleicht das Glück schenkt, dass wir offensichtlich noch nicht gefunden haben.
Das Zusammenleben mit unseren Hunden könnte unser Leben geradezu revolutionieren, wir müssen es nur zulassen.
32. Von Sklaven und vom freien Willen
Keiner würde seinen Hund als Sklaven bezeichnen und trotzdem sind wir stets darauf bedacht, den freien Willen des Hundes im Keim zu ersticken. Unsere Angst, unsere Machtposition zu verlieren, hat schon etwas Verbissenes an sich. Unsere Kontrollsucht hat schon etwas Närrisches an sich, finden Sie nicht?
An dieser Stelle die immer gleiche Frage: Woher kommt unsere Verblendung? Meine immer gleiche Antwort lautet: Aus den „Fach“büchern, den Fernsehshows, von den „Fach“leuten, den Hundetrainern, den Videos und und und… Es ist müßig und uneffektiv, sich mit den immer gleichen Fragen zu beschäftigen, daher belasse ich es damit und widme mich der häufigen Frage: Darf ein Hund einen eigenen Willen haben? Die Antwort ist ganz einfach: Jedes Lebewesen ist von Natur aus mit einem eigenen Willen ausgestattet. Somit ist die Frage schon falsch gestellt, denn, wenn Sie der Meinung sind, dass das nicht sein dürfte, widersprechen Sie eindeutig der Natur aller Lebewesen. Der freie Wille gehört zu einem Lebewesen, wie sein Recht auf Leben überhaupt. Und da macht auch der Hund keine Ausnahme.Die Frage müsste also richtigerweise lauten: Wie viel freien Willen DARF ich meinem Hund erlauben? Meine Antwort ist ganz klar: So viel wie möglich!
Ich liebe meinen Hund, ich allein bin dafür verantwortlich, wie gut oder schlecht, das Leben meines Hundes ist. Ich habe kein Eigentum an meinem Hund sondern ich teile mein Leben mit ihm. Ich habe kein Recht, meinen Hund oder ein anderes Lebewesen, derart einzuschränken, dass es in seinem Bestreben nach dem bestmöglichen Leben, behindert wird.Natürlich habe auch ich ein Recht auf ein glückliches Leben. Und die Bedürfnisse von Menschen und Hunden decken sich nicht in jedem Fall. Es braucht daher Kompromisse, wie in jeder Partnerschaft.
Es braucht im Zusammenleben mit anderen immer Kompromisse und wir haben etwas falsch verstanden, wenn wir meinen, dass das Zusammenleben mit einem Hund starr unseren Regeln, unseren Wünschen und unseren Eigenarten unterworfen werden muss.
Unser Leben ist in vielerlei Sicht kompliziert und lässt uns mehr oder weniger Spielraum für eigene Interessen. Beruf, Verpflichtungen, Rituale und vieles mehr machen einen Großteil unseres Lebens aus und setzen unseren eigenen Entscheidungen und unserem freien Willen deutliche Grenzen. Innerhalb dieser Grenzen sollten wir alle aus dem Leben rausholen, was uns zu unserem Glück fehlt. Wir sollten dabei aber niemals vergessen, dass unser Glück nicht auf dem Unglück anderer aufbauen darf. Auch nicht auf dem Unglück unserer Hunde. Und genau, wie wir danach streben, ein gutes Leben zu führen, sollten wir anerkennen, dass Hunde (und alle anderen Lebewesen) exakt das gleiche Recht auf Glück haben. Ohne freien Willen ist Glück jedoch unmöglich.
In den meisten Fällen sind die Hunde viel zu oft alleine oder ihrer Langeweile ausgeliefert. Nicht immer können wir das verhindern. Doch wenn wir Zeit mit unserem Hund verbringen, sollten wir ihm auch immer mal wieder seinen freien Willen lassen, z.B. wo lang er gehen möchte, ob er ins Wasser möchte, ob er Kontakt mit anderen Hunden haben möchte, ob er sich im Gras wälzen möchte oder wie lange er an einer Stelle schnüffeln möchte. Das sind wirklich keine großen Entscheidungen, die wir unseren Hunden damit zubilligen und trotzdem ignorieren leider (und bestraften teilweise) viele Hundehalter selbst die aller kleinsten Anzeichen eines eigenen Willens…
Bitte ignorieren Sie die ständigen Mahnungen, dass Sie Ihren Hund immer klein halten müssen, damit er nicht dominant wird. Solche Aussagen sind falsch.Ich wiederhole mich in fast allen meinen Texte, weil ich es nicht oft genug schreiben kann: Ich habe in all den Jahren noch keinen einzigen Hund erlebt, der einem Erwachsenen gegenüber Dominanz gezeigt hätte. Nicht einer, nicht mal im Ansatz! Und nicht mal von Hunden, die es körperlich mit einem Erwachsenen hätten aufnehmen können.
33. Ist das Training das Richtige für meinen Hund?
Es gibt einen zuverlässigen Hinweis, ob das Training das Richtige für Ihren Hund ist – wenn es klappt. Das klingt simple, ist es im Grunde auch, trotzdem gibt es noch einiges dazu zu beachten.
Generell sollten Sie IMMER kritisch bleiben, bei allem, was man Ihnen zu Ihrem Hund, über Ihren Hund oder über Hunde im Allgemeinen sagt. Wenn Sie Tipps oder Anleitungen bekommen, die auf Schmerzzuführung, Einschüchterung oder Erschrecken abzielen, sollten Sie sie sofort wieder verwerfen, da daraus nur noch größere Probleme entstehen (Angst, Vertrauens- und Bindungsverlust, Nervosität, Unsicherheit, Schreckhaftigkeit, Misstrauen….). Alle anderen Empfehlungen verdienen es erst einmal, überdacht und vielleicht sogar umgesetzt zu werden.
Häufig machen wir allerdings den Fehler, die Übungen wieder abzubrechen, weil wir nicht schnell genug Erfolge sehen. Bitte denken Sie aber daran, dass ein über längere Zeit gezeigtes Verhalten nicht von heute auf morgen und manchmal nicht mal von einer Woche zur nächsten verändert werden bzw. aufgelöst werden kann. Achten Sie auf Kleinigkeiten, kleine Veränderungen, die Ihr Hund möglicherweise schon zeigt. Häufig hat sich das Verhalten ihres Hundes über die Jahre immer mehr und mehr gesteigert. So könnte schon ein NICHTSTEIGERN ein Hinweis sein, dass Sie richtig liegen.
Generell kann man sagen: Wenn Sie ein Verhalten korrigieren möchten, müssen Sie mit dem entgegengesetztem Verhalten reagieren (Feuer-Wasser-Prinzip). Beispiel: Ihr Hund fährt aus der Haut - Sie strahlen totale Ruhe und Freundlichkeit aus. (Natürlich bei gleichzeitigem Distanzaufbau zu dem, was den Hund in dieses Gefühlschaos gestürzt hat!!!). Angst braucht Sicherheit (keine Ignoranz!), Lustlosigkeit braucht Engagement und so weiter und so weiter.
Den absolut wichtigsten Hinweis, ob das Training für Ihren Hund das Richtige ist, liefert allerdings Ihr Hund selbst: Schauen Sie genau hin, beobachten Sie gut. Wenn Ihr Hund entsprechend Ihren Vorstellungen reagiert, sind Sie auf dem richtigen Weg. (Hilfestellung: Wenn Ihnen hinsehen nicht hilft oder Sie unsicher sind, ob Sie das, was Sie sehen, auch richtig einschätzen können, prüfen Sie z.B. den Herzschlag und/oder die Muskelspannung.)
Wenn Sie den richtigen Kurs eingeschlagen haben, brauchen Sie nur noch Geduld und Sie können das Maximum für und mit Ihrem Hund erreichen.
34. Fahrradanhänger für Hunde
Ein Fahrradanhänger für Hunde kann eine wahre Bereicherung sein, für Hund und Mensch. Nicht nur alte Hunde profitieren davon, auch unsichere Hunde können durchaus an einer Schutzhütte auf Rädern Gefallen finden. Die Möglichkeiten sind vielfältig, trotzdem sieht man solche Anhänger kaum. Der Grund dafür ist wahrscheinlich, dass viele Halter nach zwei drei Versuchen, mit dem Hund eine Tour zu drehen, aufgeben. Vielleicht weil der Hund lautstark seinen Stress raus bellt oder weil der Hund aufgrund seines hohen Stresslevels sich direkt seinen Weg nach draußen frei beißt. In den meisten Fällen reagieren Hunde so, wenn sie einfach in den Anhänger hinein gesteckt wurden, statt sich dem rollenden Käfig erst einmal vorsichtig nähern zu dürfen. Wenn Sie also Ihren Hund in einem Anhänger durch die Lande ziehen wollen, nehmen Sie sich bitte etwas Zeit, um Ihren Hund daran zu gewöhnen. Sollten Ihr Hund schon einmal Angst vor dem Anhänger entwickelt haben, wird die Gewöhnung schwieriger, aber nicht unmöglich.
Doch bevor ich die Gewöhnung an einen Fahrradanhänger erkläre, möchte ich noch einige Hinweise geben, die Sie bei der Wahl des Anhängers berücksichtigen sollten. Kaufen Sie den Fahrradanhänger groß genug, lieber zu groß, als zu klein, damit Ihr Hund sich darin drehen und hinlegen, vielleicht sogar darin stehen kann. Bei sehr großen Hunden kann das schwierig werden, hier muss vielleicht eine Spezialanfertigung in Erwägung gezogen werden. Achten Sie darauf, dass der Anhänger sowohl von vorne, als auch von hinten bestiegen werden kann, das ist besonders für ältere Hunde eine große Erleichterung. Manche Hunde lieben Cabrio fahren, ein Dach dass sich öffnen lässt ist daher eine tolle Sache. Nach meinen Erfahrungen sind die Qualitätsunterschiede nicht sehr groß, es muss also nicht unbedingt der Teuerste sein.
Wenn Sie den richtigen Anhänger gefunden haben stellen Sie sich diesen erst einmal ohne Räder und Deichsel in die Wohnung. Wenn Ihr Hund sowieso schon eine Höhle hat können Sie diese gegen den Anhänger austauschen, legen Sie auf jeden Fall eine weiche Decke oder ein weiches Kissen rein, dass sich das Liegen darin richtig gut anfühlt. Manchmal macht es Sinn beide Eingänge offen zu lassen, manchmal nicht, das müssen Sie individuell abstimmen. Aber lassen Sie den Hund auf jeden Fall ein- und aussteigen, wie er es gerne möchte. Drängen Sie Ihren Hund nicht hinein, aber legen sie häufig einen lecker gefüllten Kong in den Anhänger. Manchmal dauert es Stunden, manchmal Tage oder Wochen, dass sich der Hund darin gerne aufhält.
Wenn Ihr Hund darin gerne liegt stellen Sie den Anhänger in den Garten, beide Eingänge offen und lassen Sie Ihren Hund spielerisch hindurch laufen. Bauen Sie nun die Räder und die Deichsel an und lassen Sie Ihren Hund in seinen weichgepolsterten Anhänger hineinspringen. Geben Sie ihm einen unglaublich leckeren Kong (denken Sie daran, ein satter Hund hat wenig Interesse an einem Kong!). Warten Sie einen kleinen Moment bis Ihr Hund wirklich in dem Anhänger angekommen ist und ziehen Sie diesen ein paar Meter mit der Hand. Strahlen Sie dabei Ruhe und Selbstvertrauen aus und reden Sie freundlich mit Ihrem Hund. Vermeiden Sie unbedingt das übliche „feiiiiin“ oder sonstige Freudenrufe, diese pushen nur und motivieren ihren Hund möglicherweise zum Hinausspringen. Ihre Stimme sollte ruhig und leise sein. Solange sich Ihr Hund entspannt dem Kong widmet ist alles gut und Sie können ihn langsam hinter sich herziehen. Aber sehen Sie genau hin. Achten Sie auf seinen Blick und seine Körperspannung. Brechen Sie das ganze ab, wenn er auch nur kleinste Anzeichen von Unruhe zeigt. Fordern Sie ihn dann freudig auf hinauszuspringen und toben Sie eine Runde mit ihm, dann kann er den aufgebauten Stress gleich wieder abbauen. Beenden Sie das Training für den Tag und versuchen Sie es in genau den gleichen kleinen Schritten, die nächsten Tage weiter.
Wichtig: Je positiver die kleine Fahrt war, desto leichter haben Sie es in den nächsten Tagen!
Wenn Sie den Anhänger hinter dem Fahrrad haben, steigern Sie die Zeiten und das Training langsam, fahren Sie nicht gleich an eine vielbefahrene Straße. Gewöhnen Sie Ihren Hund langsam daran, dass er nun hinaus in die weite Welt gezogen wird.
Und fahren Sie einen großen Bogen um alles, was den Hund stressen könnte. Wenn er ängstlich oder aggressiv auf andere Hunde reagiert, fahren Sie einen sehr großen Bogen und machen Sie den Anhänger zu (wichtig, tun Sie das ruhig und freundlich!) bis Sie an dem Hund vorbei sind. Notfalls können Sie umdrehen. Bedenken Sie immer, die Fahrt muss positiv sein, sonst geht Ihr Hund wohlmöglich nicht mehr hinein. Und vergessen Sie auch niemals Ihren Hund im Anhänger am Brustgeschirr fest zu machen.
Es gibt keinen groben Zeitplan, an dem man sich orientieren kann. Jeder Hund hat seine eigene Geschwindigkeit, in der er neues lernen kann oder sich an beängstigende Situationen gewöhnen kann. Aus meiner Erfahrung allerdings kann ich sagen, dass häufig kleinere Schritte schneller ans Ziel führen.
35. Die Sprachbarriere in unserem Kopf
Haben Sie sich schon einmal mit einem Menschen unterhalten, obwohl sie gar nicht seine Sprache beherrschten? Das funktioniert! Okay, ohne die Sprache des Anderen zu beherrschen ist es nicht möglich, detailreiche Diskussionen oder ähnliches zu führen, aber Kommunikation generell ist möglich. Über Gestik, Mimik, Körpersprache und anderen Tricks (Geräusche, aufmalen, Pantomime oder was auch immer). Viele Informationen, die wir austauschen wollen, laufen auf der Gefühlsebene ab. Das heißt, je intensiver das Gefühl füreinander, desto erfolgreicher und desto einfacher ist die Kommunikation.
Natürlich kann es Missverständnisse geben, aber diese schleichen sich ebenso schnell und häufig ein, auch wenn die gleiche Sprache gesprochen wird. Einfach, weil Worte nicht für jeden die gleiche (gefühlsmäßige) Bedeutung haben.
Kommunikation ist so viel mehr, als das Teilen von Wörtern, das sollten wir uns immer wieder in Erinnerung rufen. Und wenn wir mit unserem Hund kommunizieren wollen oder müssen, sind wir oftmals schlicht und ergreifend zu kopflastig. Statt diverse Versuche zu starten, um die vielen Tipps abzuarbeiten, sollten wir unseren Kopf besser einmal leerbekommen und uns gefühlsmäßig ganz und gar auf unser Tier einlassen
36. Der Hundepelz an Ihrem Kragen
Meine Arbeit mit Hunden basiert auf meiner Liebe zu Hunden. Und ich widme sie den Hunden dieser Welt. Diese Liebe teile ich auch mit allen anderen Tieren auf dieser Welt, für die ich mich ebenso einsetze, um ihr Leiden zu verringern.
Bald schon wieder kommt die Zeit der Pelzkragen, Pelzbesätze, Pelzbommel. Eine schier unerträgliche Zeit für all diejenigen, die die Bilder dieser „Produktion“ im Kopf haben. Ich bin sicher, dass die Menschen das nicht wollten, wenn sie informiert wären. Doch diejenigen, die an diesem schrecklichen Verbrechen verdienen (das sind nicht nur diejenigen, die die Tiere so unglaublich quälen, sondern auch Modehäuser, Zwischenhändler, Werbebranchen und und und) leisten ganze Arbeit, die Wahrheit zu verschleiern und zu beschönigen. Dazu kommt, dass wir einfach manchmal gedankenlos etwas unterstützen, was wir – wenn wir darüber nachdächten – niemals wollten.
Nachfolgende finden Sie einen Text von der Organisation peta, die die Fakten zu dem Thema Pelz zusammengestellt haben. Die Bilder aus diesem Text habe ich bewusst weggelassen, weil sie fast unerträglich sind. Aber Bilder sagen mehr als tausend Worte, sollte Sie der Text nicht überzeugt haben, schauen Sie sich bitte die dazugehörigen Bilder an. Danach, davon bin ich fest überzeugt, wissen Sie auch, warum es mir so wichtig war, dieses Thema auf meiner Seite mit aufzunehmen.
10 Wahrheiten über Pelze
Wenn man einen Pelzmantel in einem Hochglanzmagazin oder im Schaufenster sieht, wird einem nicht immer gleich klar, dass Tiere dafür erschlagen, mit Elektroschocks getötet oder lebendig gehäutet wurden. Sind Sie bereit herauszufinden, was hinter den Kulissen im Namen der Mode passiert? Hier finden Sie zehn schockierende Wahrheiten über Pelz, die Sie beim nächsten Einkauf wahrscheinlich zweimal nachdenken lassen, ob Sie wirklich eine Tierleiche in Form von Pelzbesatz, als Mantel oder „Accessoire“ tragen möchten: Sogenannte Pelztiere durch anale und genitale Elektroschocks zu töten, ist eine grausame Tötungsmethode, die Pelzfarmer regelmäßig anwenden, um Schäden am Fell zu verhindern.
85 Prozent der Häute aus der Pelzindustrie stammen von Tieren, die auf Pelzfarmen gefangen gehalten werden. Dort verbringen sie ihr Leben in engen, dreckigen Drahtkäfigen und müssen täglich mit ansehen, wie ihre Artgenossen vor ihren Augen getötet und später oft lebendig gehäutet werden.
Etwa eine Milliarde Kaninchen werden jedes Jahr weltweit getötet, damit man ihr Fell zu Kleidung und Pelzbesätzen an unterschiedlichen Gegenständen verarbeiten kann. Mangels Tierschutzgesetzen gibt es keine Strafen für Personen, die Tiere auf Pelzfarmen in China misshandeln – China ist der weltweit größte Pelzexporteur, verarbeitet und fertigt damit 80 Prozent aller Pelzprodukte.Im Jahr 2011 wurden schätzungsweise 54 Millionen Nerze weltweit von der Pelzindustrie vergast und erschlagen. Trauriger Spitzenreiter ist unser Nachbar Dänemark mit 15 Millionen getöteten Tieren. (1)
In China werden mehr als 2 Millionen Katzen und hunderttausende Hunde erschlagen, erhängt und oft bei lebendigem Leib gehäutet, um ihre Felle verarbeiten zu können; viele Tiere lässt man ausbluten.
Nachdem ein Tier getötet wurde, behandelt man die Haut mit giftigen Chemikalien, wie Schwefelsäure, Ammoniumchlorid oder Bleiazetate, um ein Zersetzen oder Schimmeln zu verhindern. Der Kot der Nerze trägt zur Verschmutzung des Wasserkreislaufs bei. Gefährliche Bestandteile dieser Ausscheidungen sind Nitrate und Phosphate, welche bei unsachgemäßem Betrieb in die Natur gelangen und verheerende Schäden in Bächen und Flüssen anrichten. Auch in Deutschland wurden wegen Gewässerverschmutzungen Pelzfarmen mit Auflagen belegt oder gar verurteilt. Die Herstellung eines Mantels aus Tieren von Pelzfarmen benötigt 20-mal mehr Energie als die Produktion eines Kunstpelzes. Gesamtheitlich betrachtet fließen der Transport von Futtermitteln auf Farmen, die Müllverwertung, Elektrizität für Gebäude und Tötungsapparate, der Einsatz von Pestiziden, Impfstoffen und Antibiotika und der Abtransport von Kadavern in die mangelhafte Umweltbilanz von Echtpelz mit ein.
(2)Weltweit werden Jahr für Jahr Millionen von Waschbären, Kojoten, Wölfe, Rotluchse, Biber, Otter und andere so genannte Pelztiere durch aufgestellte Fallen für die Pelzbekleidungsindustrie getötet. Beim Waldspaziergang geraten auch häufig Hunde in die hinterhältigen Tötungsapparate.
(www.peta.de/pelzwahrheiten)
37. Die Frage nach dem Zweithund
sollten wir keinesfalls leichtfertig ab tun, aber auch auf keinem Fall zu skeptisch gegenüber stehen. Solche Vorhaben werfen immer ein paar Überlegungen, Vorbehalte und Unsicherheiten auf. Es ist gut, abzuwägen und die derzeitige Lebenssituation genau zu analysieren.
Und dennoch, wie so oft im Leben, können wir uns den Kopf bis tief in die Nacht zerbrechen, Hin-und Wieder wohl abwägen, zig Meinungen hören oder lesen und trotzdem muss uns klar sein, dass wir eine Entscheidung treffen, bei der es einiges gibt, dass man nicht planen kann. Eine Gleichung mit ein paar Unbekannten sozusagen. Aber das soll Sie unter gar keinen Umständen davon abhalten, diesen Gedanken weiter zu verfolgen.
Natürlich müssen die wichtigen Grundfaktoren, Zeit, Platz, Geld, genauestens hinterfragt werden. Allerdings habe ich noch nie einen Fall erlebt, wo die anschließenden Probleme daraus resultierten, dass die Grundvoraussetzungen nicht reiflich überlegt wurden.
Auch sehe ich generell kein Problem darin, zwei Hunde aneinander zu gewöhnen, was nicht heißen soll, dass dies immer völlig unkompliziert oder gar immer möglich ist. Aber es ist in den meisten Fällen weit aus unspektakulärer, als wir es uns ausgemalt hatten.
Vielleicht können Ihnen die nachfolgenden Fragen helfen, eine Antwort zu finden.
Die wahrscheinlich wichtigste Frage zu diesem Thema ist: Sind Sie bereit, sich auf einen Hund einzulassen, von dem Sie im Grunde nur wissen, wie er aussieht? (Auf die Charakterbeschreibungen von Züchtern, Tierheimmitarbeitern oder Vermittlungspersonen, dürfen wir uns aus vielerlei Gründen nicht verlassen.) Nehmen Sie sich bitte ausreichend Zeit, um diese essentielle Frage zu beantworten. Überlegen Sie gut, ob Sie die Geduld und die Nerven für einen weiteren Hund haben. Bedenken Sie, dass der oder die Neue Angstprobleme mitbringen könnte (z.B. Umgebungsängste, Angst vor dem Alleinsein und / oder gegenüber Fremdhunden oder fremden Menschen, die Liste ist lang). Ebenso könnte der Zuwachs in seiner Wildheit, seinem Temperament alles toppen, was Sie bis dato kannten. Möglicherweise muss der neue Hund auch noch vieles lernen, wie Stubenreinheit, Alleinsein, laufen an der Leine etc.)
Eine weitere Frage, die vielleicht merkwürdig anmutet: Haben Sie die Liebe für einen weiteren Hund? Diese Frage wird besonders dann aktuell, wenn die Entscheidung für einen Zweithund aus Liebe zu dem Ersten erwachsen ist. Als Spielpartner, als Gesellschafter oder als Ersatz für einen verlorenen Freund. Hunde sind sehr viel feinfühliger, als es uns oft bewusst ist. Ich halte es für ausgeschlossen, dass ein Hund ein großes Ungleichgewicht in der Zuneigung nicht spüren würde. Und hat nicht jedes Lebewesen ein Recht darauf, seiner selbst willen geliebt zu werden?
Und noch eine Frage, der Sie sich kritisch stellen sollten: Hoffen Sie, dass ein neuer Hund die Probleme Ihres jetzigen Hundes löst? Ohne Frage sind solche Konstellationen möglich, aber da Sie oftmals wenig bis gar nichts über das Wesen, den Charakter des neuen Hundes wissen, sind solche Versuche nicht zwingend erfolgreich. Sie sollten sich auch darüber bewusst sein, dass ein weiterer Hund, die bestehenden Probleme verschärfen kann, z. B. wenn Ihr erster Hund Probleme hat, auf Artgenossen zu treffen. Gezeigtes Stressverhalten, wie Bellen oder ähnliches, können sich auf den Zweiten übertragen und somit verstärken. Sie wissen ja, Stimmungen übertragen sich.
Generell kann man wohl sagen: Je detaillierter Ihre Vorstellungen und Ihre Erwartungen von dem Zweithund sind, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass sie enttäuscht werden.
Es ist immer gut, vorbereitet zu sein. Einen Plan B zu haben. Hundehalter mit Garten und Auto haben schon aufgrund dieser Umstände bessere Chancen, auf schwierige Umstände zu reagieren. Eine kleine Mietwohnung, irgendwo inmitten einer belebten Stadt, bietet dagegen schon weitaus weniger Möglichkeiten, auf Unvorhergesehenes adäquat zu reagieren.
Bitte wählen Sie als Plan B nicht selbstverständlicher weise die Rückgabe des Hundes! Wir holen uns ein fühlendes Wesen, das möglicherweise schon lange auf der Suche nach einem liebevollen Zuhause ist. Die Rückgabe, Weitergabe, Abgabe -wie auch immer- wird jetzt schon viel zu häufig und viel zu emotionslos praktiziert.
Auch wenn ich zum Thema Zweithund kritische Fragen gestellt habe, würde ich unter Berücksichtigung der oben genannten Fakten, immer dazu raten. Wenn Sie nun nach diesen Fragen für sich entschieden haben, dass ein Zweithund einziehen soll, ist noch die Frage offen, welcher Hund passen könnte.
Verzeihen Sie, wenn ich dabei nicht auf Rassevorlieben oder Aussehen eingehe, da mir diese nicht wirklich relevant erscheinen (auch hier wieder ein Verweis auf meine vorangegangen Texte, in denen ich dazu Stellung bezogen habe). Dennoch gibt es ein paar Überlegungen, die helfen können, ein freundliches Miteinander zu ermöglichen.Grob kann man sagen, dass es ratsam ist, einen Hund zu suchen, der vom Alter und von der Körpergröße gut zu Ihrem Hund passt. Ein alter Hund möchte nicht mehr groß toben, da ihm oft schon die Knochen und Gelenke weh tun, er braucht seine Ruhephasen. Ein junger Hund kann in seinem Bestreben sich zu bewegen und zu spielen schnell über das Ziel hinaus schießen und alle Abwehrsignale ignoreren. Alt und jung ist daher oft problematisch und frustrierend.
Ein großer Körperunterschied kann beim Spielen nicht nur deprimierend sein, sondern auch gefährlich. Es kommt nicht oft vor, dass der Größere den Kleineren versehentlich im wilden Spiel verletzt, aber es passiert immer mal wieder.
Brachyzephale Hunde (verkürzte Nasen wie Mops, Pekinese etc), die unter Atemproblemen leiden können mit einem übereifrigen Spielpartner überfordert sein. Die erschwerte Atmung nimmt bei Anstrengung zu und kann lebensbedrohlich werden.
ABER, es muss auf keinen Fall die gleiche Rasse sein oder ein Hund von demselben Züchter! (Bitte denken Sie auch über einen Hund aus dem Tierschutz nach).
Zu guter Letzt müssten Sie nun nur noch Ihren Hund fragen, aber wer würde bei einem neuen Freund schon nein sagen?! Selbst, wenn die Freundschaft nur schleppend in Gang kommt, oder vielleicht auch nicht die große Liebe wird, glaube ich, dass das Leben mit einem Artgenossen an seiner Seite einfach schöner ist.
38. Wie verhalte ich mich richtig im Umgang mit einem Hund, der mir droht?
Gleich vorweg, Drohgebärden, wie die auf dem Foto, sind kein Aggressionsverhalten sondern einzig Kommunikation. Ein Hund, der uns droht zeigt lediglich seine Grenzen auf. Es ist wichtig, dass wir dieses Verhalten verstehen, entsprechend darauf reagieren (Grenzen respektieren) und vor allem einem Hund nicht durch rüde Maßnahmen diese Form der Konfliktvermeidung abgewöhnen. Ein Hund, der bei jedem Knurren, jedem Anzeichen derartiger Signale mit Warnfunktion gemaßregelt wurde, wird möglicherweise dieses soziale Regulativ nicht mehr zeigen und aggressiv reagieren.
Solche Drohgebärden sind in verschiedenen Kontexten denkbar, meist in Situationen, die der Hund als Bedrohung erlebt, aber auch bei der Verteidigung des Nachwuchses, Rivalität oder dem drohenden Verlust einer kostbaren Ressource.
Die Drohmimik des gezeigten Hundes ist wahrscheinlich die Verteidigung einer Ressource. Dieses Drohverhalten wird defensiv gezeigt, d.h. der Hund will einzig seinen Anspruch geltend machen ist jedoch nicht an einer kämpferischen Handlung interessiert. Wahrscheinlich ist sein Körpergewicht deutlich auf die Hinterbeine verlagert, was im Ernstfall eher auf einen Rückzug hinweisen würde. Was jedoch nicht heißen muss, dass sein Verhalten nicht auch in die Offensive kippen kann. Ein weiteres Merkmal ist seine deutlich gezeigte Zungenspitze, die seine Drohung erkennbar abmildert. Solch ein Zungenblitzen nennt man licking intention und wird in verschiedenen Varianten gezeigt. Die Botschaft von licking intention ist Beschwichtigung. Solche Mischgefühle sind keine Besonderheit sondern genauso häufig anzutreffen, wie ungemischte Emotionslagen. Ein zusätzlich wichtiges Indiz, auf das wir immer achten sollten, sind die Mundwinkel. Auf dem gezeigten Bild sind diese zurückgezogen. Lefzenwinkel, die dagegen nach vorn gezogen werden, deuten offensives Drohverhalten an.
Ungeachtet, ob der Hund nun defensives oder offensives Drohverhalten zeigt, wir sollten in jedem Fall, wie oben bereits geschrieben, die Grenzen einhalten. Solange wir das tun, kommunizieren wir respektvoll miteinander. Überschreiten oder unterschreiten wir die Grenzen, wird sich der Konflikt verschärfen.
Zeigt ein Hund dieses Verhalten ohne eine erkennbare Verteidigung einer Ressource oder seines Nachwuchses, ist der Auslöser wahrscheinlich Angst. Angst ist leider sehr verbreitet bei Hunden, was nicht verwunderlich ist, wenn man sich einmal anschaut, wie oft sie Gewalt erfahren, in Form von Leinenrucken oder anderen körperlichen Strafen. Aber auch verbale Einschüchterungen führen dazu, dass der Hund mehr und mehr verunsichert und sich möglicherweise zu einem Angsthund entwickelt. Jedes Mal, wenn wir den Hund stimmlich grob zurechtstauchen, tun wir nichts anderes, als der Hund auf dem Foto: wir drohen. (Ein gut erzogener Hund ist häufig nichts anderes, als ein gut EINGESCHÜCHTERTER Hund!)
Sollte der Hund, der Ihnen gegenüber steht keine Ressource (Futter, Spielzeug, Ort etc) verteidigen können Sie ziemlich sicher sein, dass dieses Verhalten angstbedingt gezeigt wird. In diesem Fall drehen Sie sich leicht seitlich zum Hund, schauen Sie freundlich ohne zu fixieren und bauen Sie langsam Distanz auf indem Sie sich weg bewegen, seitlich oder rückwärts. Vermeiden Sie es, dem Hund den Rücken zuzuwenden und führen Sie keine hektischen Bewegungen aus, die Arme lassen Sie hängen. Leises freundliches Reden kann die Situation zusätzlich entspannen. Auch Demutsgesten wie Kopf leicht wegdrehen oder die Zungenspitze zeigen können dem Hund das Gefühl vermitteln, dass auch Sie den Konflikt beenden wollen.
Sollte der Hund ressourcenverteidigendes Verhalten zeigen gilt im Grundsatz das Gleiche: Wahren Sie Distanz oder bauen Sie sie auf und akzeptieren Sie die Grenze.
Es ist weder klug noch fair, auf solche Unstimmigkeiten mit der typischen Gewalt zu reagieren, nur weil wir Dank Mutter Natur der Überlegene in der Auseinandersetzung sind.Das führt lediglich dazu, dass die Kommunikation mehr und mehr in einem Sumpf von Missverständnissen und Unvermögen erstickt. Stattdessen sollten Sie freundlich und geduldig solche konfliktträchtigen Situationen trainieren. Das schafft Bindung und ist der sicherste Weg, derartige Schwierigkeiten in der Zukunft zu vermeiden.
39. Euthansie / Einschläferung
Diese Begriffe sind immer mit Schmerz und großer Unsicherheit verbunden. So eine Entscheidung treffen zu müssen liegt nicht in unserer Natur und hat das Gegenteil zur Folge, von dem, was jeder der liebt, sich wünscht. Und doch kann die Entscheidung zur Einschläferung das Ergebnis ehrlich empfundener Liebe sein.
Eine Entscheidung solchen Ausmaßes kann ich nicht leichter machen, so sehr ich es mir auch wünschte. Es gibt keinen Fragenkatalog, den wir einfach durchgehen müssen, um zu erkennen, ob und wann eine solche Entscheidung getroffen werden sollte. Wie sollte so eine allgemeingültige Liste mit Fragen auch formuliert sein, wenn wir die Einzigartigkeit jedes Individuums( und somit auch des Hundes) berücksichtigen? Die Fragen, die ich mir stellen werde sind: Überwiegt die Freude am Leben oder der Schmerz? Was sagt mir mein Hund? In seinem Blick, in seiner Bewegung, in seiner Anteilnahme am Geschehen? Und natürlich: Besteht berechtigte Hoffnung auf eine Verbesserung der Lebensumstände?
Auch ich muss mich langsam mit diesem Gedanken des Abschiednehmens befassen. Den Luxus der Verdrängung wird sich nur leisten, wer keinen Hinweis auf einen baldigen Abschied erkennen kann. Und so sehr mich dieser Gedanke bestürzt und in tiefe Traurigkeit versinken lässt, so schenkt er mir auch einen Funken Trost. Zu wissen, dass mein geliebter Hund nicht länger leiden muss, nicht qualvoll auf „die andere Seite“ wechselt, in meinem Arm, sanft hinübergleiten darf, ist eine Gnade, die ehrlicher nicht sein kann, wenn wir lieben.
Der Tag wird kommen, an dem ich es nicht mehr herausschieben, wegschieben kann. Eine Gewissheit ohne jeden Hauch eines Zweifels ist für mich unvorstellbar und dennoch wird es einen Punkt geben, an dem ich nach besten Wissen und Gewissen den Arzt benachrichtige.
Ich wünsche mir, dass es mir gelingt, meine tiefe Traurigkeit so gut wie möglich kontrollieren zu können. Ganz verbergen kann ich sie sicher nicht vor meinem geliebten Hund, der ein Leben lang meine Stimmung gut einschätzen konnte. Ich wünsche mir, dass der Hausbesuch des Arztes meinem geliebten Hund keinen weiteren Stress verursacht und der Tierarzt Ruhe uns Warmherzigkeit ausstrahlt. Ich wünsche mir, dass mein geliebter Hund, sanft in meinem Arm einschläft.…Bitte lieber Hundehalter, informieren Sie sich rechtzeitig und gut bei Ihrem Tierarzt. Stellen Sie Fragen zu dem Euthanasiemittel, dass zum Einsatz kommen soll, da Sie sicher Ihrem Tier einen qualvollen Tod ersparen wollen.
Bitte lesen Sie dazu:
http://www.ltk-hessen.de/fileadmin/www_ltk_hessen_de/altbestand/pdf/Euthanasie.pdf
"Es ist ein Weg ohne Rückkehr und nur wer informiert ist, ist auch angstfrei und kann mit gutem Gewissen und freiem Kopf entscheiden."
40. Angstreduktion durch Flooding?
Flooding ist der englische Begriff für eine Reizüberflutung. Bei der Methode des Floodings wird der Hund so lange mit einem stark negativen / meist angstauslösenden Reiz ausgesetzt bis keine Angstreaktionen mehr gezeigt werden. Die Ausweglosigkeit führt dazu, dass sich das Tier regelrecht aufgibt. Das Ausbleiben der anfänglich gezeigten Angstreaktionen wird fälschlicherweise oft als Entspannung und Überwindung der Angst angesehen.
Leider erfreut sich diese Therapieform in Hundetrainerkreisen größter Beliebtheit. Die Hunde werden mit ihren Ängsten in Extremform konfrontiert und die Folgen sind verheerend. Der größte Irrtum bei der positiven Bewertung dieser Methode liegt m.E. bei den Vergleichen zur menschlichen Angstbewältigung. Doch hier gibt es gravierende Unterschiede!
Flooding als Verhaltenstherapie wird bei menschlichen Angstpatienten ausschließlich angewandt, wenn der Patient sich dazu bereit erklärt und wenn keinerlei gesundheitlichen Probleme bestehen. Darüber hinaus wird dem Patient die genaue Vorgehensweise erklärt und der ständige Beistand eines qualifizierten Therapeuten zugesichert. D.h. der Patient weiß genau, worauf er sich einlässt und dass er zu keinem Zeitpunkt wirklich in Gefahr sein wird er wird. Die Heilungschance liegt bei 60 % (Dorsch).
Flooding beim Hund ist somit etwas ganz anderes. Der Hund wird NICHT aufgeklärt, dem Hund wird NICHT die Zusicherung gemacht, dass auf ihn aufgepasst wird und der Hund weiß NICHT, dass er im Grunde in SICHERHEIT ist. Der Hund wird REAL mit seiner Angst in höchster Intensität konfrontiert (ohne Fluchtmöglichkeit oder einer anderen Bewältigungsstrategie).
Die Belastung für Herz und Kreislauf sind wohl kaum auf andere Weise steigerbar. Auch körperliche Verletzungen, angebunden oder frei, sind nicht einschätzbar. Das Verhalten des Hundes ist in dieser lebensbedrohlich empfundenen Situation nicht mehr kontrollierbar. Was die absichtlich herbei geführte Todesangst für seelische und geistige Folgen hat, ist ebenso wenig überschaubar.
Da ein Hund seine Erfahrungen ganz individuell interpretiert und verknüpft ist auch die Gefahr einer weiteren Angstreizverknüpfung denkbar, was die Angsttherapie noch einmal erschwert oder gar unmöglich macht. Und nicht zuletzt der Vertrauensverlust zum Halter, der niemals ausgeschlossen werden kann und der nur sehr selten völlig umkehrbar ist.
Die Hauptvoraussetzung, dass Flooding überhaupt Erfolg zeigt, ist ein intaktes Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Therapeut (Walter 2004, Verhaltenswissenschaft). Dieses Vertrauensverhältnis zwischen Mensch und Arzt wird aufgebaut, indem sich ausreichend Zeit genommen wird, das Verfahren der Angstkonfrontation zu erläutern und offene Fragen zu beantworten. Der menschliche Patient versteht genau worum es geht und lässt sich ausschließlich darauf ein, wenn er seinem Therapeuten vertraut. Und der Mensch lässt sich nur darauf ein, weil er sich einen Erfolg davon verspricht.Diese Grundvoraussetzungen können bei einem Tier niemals erreicht werden, was somit laut aktueller Verhaltensbiologie einen Erfolg ausschließt.
Bitte liebe Hundehalter, bleiben Sie kritisch – Ihrem Hund zuliebe.